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Full Metal Jacket

Stanley Kubrick ist eine Legende: Der 1999 verstorbene Regisseur lieferte in seiner langen Karriere vergleichweise wenige Filme ab, doch jeder von ihnen wurde ein unvergesslicher Klassiker... Klassiker, mit denen jüngere Generationen heute nur noch wenig anfangen können. Dazu muss auch ich mich zählen, denn Kubrick macht es einem tatsächlich niemals einfach, was mal sehr gut funktioniert, mal aber auch den Unterhaltungswert ordentlich kippt, wie im vollkommen wirren und meiner Meinung nach ziellosen "2001 - Odyssee im Weltraum". Auch "Full Metal Jacket" gilt als eines von Kubricks Meisterwerken und diesen habe ich nun endlich, nachdem ich es mir schon lange vorgenommen habe, zum ersten Mal gesehen...

FULL METAL JACKET


Auf Parris Island ist Private Joker (Matthew Modine) nur einer von vielen jungem Soldaten, die sich zum Marine ausbilden lassen. Unter dem Kommando des knallharten Gunnery Sergeant Hartman (R. Lee Ermy) warten harte Zeiten auf Joker und seine Kameraden, in denen ihnen das Leben im Krieg erst wirklich bewusst wird... und auch, was dies für die Seele eines Menschen bedeutet. Als Joker später tatsächlich in den Einsatz muss und als Kriegsberichterstatter nach Vietnam geschickt wird, erlebt er den Krieg und all seine Grausamkeiten am eigenen Leib. Er wird Zeuge, wie aus Menschen grausame Killermaschinen werden und muss sich selbst entscheiden, wie er selbst reagieren möchte...

Stanley Kubrick gilt als vielleicht der Kultregisseur der Filmgeschichte, mich persönlich konnte er jedoch bislang nur selten abholen. Da bin ich sicherlich keine Seltenheit, denn Kubricks Werke sind durchgehend sehr schwer zu greifen und einen Zugang zu finden, ist nicht immer einfach. Bezeichnend dafür ist vielleicht, dass mir sein letztes Werk, "Eyes Wide Shut", bis heute noch immer mit Abstand am besten gefällt, dieser jedoch von Fans und Kritikern eher abgestraft wurde, während ich als Meisterwerke gekennzeichnete Filme wie "2001", "Uhrwerk Orange" und auch "Shining" weniger mochte. Sie hatten alle ihre grandiosen Momente, als Gesamtprodukt ließen sie mich aber oft kalt oder übertrumpften schlicht und einfach meinen Verstand. Ein ähnliches Problem hatte ich nun auch mit dem 1987 erschienenen "Full Metal Jacket". 
Eines kann man dem Film aber sicherlich nicht anlasten und das ist seine Bildsprache. Kubrick war ein Visionör und dementsprechend forderte er Team und Schauspieler, ließ Szenen immer und immer wieder neu drehen, auch mal fünfzig mal oder weit öfter. Kein Wunder, dass jedes seiner Bilder perfekt durchkomponiert ist und einen jeder Schnitt tief hineinzieht, beinahe wie Magie. Die Bilder sprechen stets eine eigene Sprache in Kubricks Werken, sind mal unglaublich schön, mal auch traurig oder schlichtweg intensiv. Nein, die Bilder und die Kunst, die sie ausführen, sind auch kein Problem in "Full Metal Jacket", ich hatte eher Schwierigkeiten mit Kubricks doch recht eigensinniger Erzählweise, die mich auch hier immer wieder den Halt verlieren ließ. 
Der erste Teil des Films, welcher auf Parris Island im Ausbildungslager der neuen Soldaten spielt, ist sicherlich ein Meisterstück der Kinokunst. Ohne es genauer zu kommentieren zeigt Kubrick hier, wie Menschen schon kaputtgemacht werden, bevor sie überhaupt das Schlachtfeld betreten und mit Lee Ermy und Vincent D'Onofrio als grandiose Gegenspieler entsteht ein intensiver Zug, der uns den perfekt geschriebenen Dialogen und den erschütternden Bilder gerne folgen lässt, auch wenn sich schwarzer Humor gerne mal mit erschütternden und unter die Haut gehenden Momenten abwechselt. Leider verliert "Full Metal Jacket" diesen Ton in seiner merklich beliebigeren zweiten Hälfte, in welcher es dann wirklich aufs Schlachtfeld geht, Kugeln sirren und der Krieg in seiner ganzen, grausamen Form zu sehen ist. 
Sicherlich findet Kubrick auch hier eindrucksvolle Bilder und schraubt in einem stark inszenierten Showdown, in welcher ein nicht sichtbarer Heckenschütze in einem Gebäude eine ganze Gruppe aufs Korn nimmt, auch die Spannung in ungeahnte Höhen. Dennoch wird hier rein gar nichts Neues erzählt und auf wesentlich kältere Weise zeigt uns der Film hier, was wesentlich bessere und emotional greifbarere Geschichten wie "Apocalypse Now" oder auch der zehn Jahre später erschienene "Der Soldat James Ryan" wesentlich stärker aufzeigen konnten. Der Film verlor mich schließlich, da auch die Charaktere irgendwann hinter Maschinengewehren und Helmen verschwinden, da die Geschichte, die ohnehin dünn ist, den Figuren keine Konsequenz zu dem zugesteht, was sie zwischenzeitlich erleben. Eine wirkliche Entwicklung findet nicht statt, sodass man als Zuschauer zwar immer wieder gepackt wird, emotional jedoch nicht mitfiebert.
Fazit: Kubrick entwirft besonders in der ersten Hälfte fantastische Bilder und zeigt uns den Krieg in seiner grausamsten Form. Später verliert der Regisseur jedoch an Fahrt, da er sich zu wenig für seine Figuren interessiert und auch nichts wirklich Neues zu erzählen hat, so intensiv es auch gemacht ist.

Note: 3-





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