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Big Eyes

Letztes Jahr hat sich Kultregisseur Tim Burton mit seinem wunderbaren Fantasy-Märchen "Die Insel der besonderen Kinder" recht eindrucksvoll zurückgemeldet, zuvor hatten seine neuesten Werke über weite Strecken jedoch auch herzliche Fans verprellt. Neben den wirklich arg schwachen "Dark Shadows" und der von ihm produzierten "Alice im Wunderland"-Fortsetzung muss nun auch der 2015 erschienene "Big Eyes" hinzugezählt werden, den ich nun zum ersten Mal gesehen habe und trotz geringer Erwartungen sogar nochmals ein wenig enttäuscht wurde...

BIG EYES


1958: Margaret Keane (Amy Adams) ist Malerin und trifft mit ihrem kitschigen, gewöhnungsbedürftigen Stil, in welchem sie porträtierten Kindern unmenschlich große Augen verpasst, nicht jedermanns Geschmack. Als sie den Künstler Walter (Christoph Waltz) kennenlernt, sich Hals über Kopf in ihn verliebt und ihn bald darauf heiratet, erkennt dieser jedoch die Genialität in Margarets Talent. Spontan gibt er sich bei einer kleinen Ausstellung als Hersteller der Werke aus und erntet dabei rasch Ruhm, Beachtung und Geld. Margaret selbst fühlt sich von Walter, der nicht nur ihre Kunst, sondern auch ihre Freiheit stiehlt, schon bald bedrängt und sucht nach einem Ausweg aus dem Teufelskreis...

Nach seinen Blockbustern "Alice im Wunderland" und "Dark Shadows" nahm sich Tim Burton 2014 wieder einer kleineren Produktion an, die mit einem Budget von gerade einmal 10 Millionen Dollar für seine Verhältnisse so gut wie nichts kostete. Dass "Big Eyes" nicht funktioniert hat allerdings nichts mit dem Geld zu tun, denn der Film, der die wahre Geschichte der Künstlerin Margaret Keane erzählt, hat ganz andere Probleme. 
So konzentriert sich der im Fokus stehende Konflikt zwischen Margaret und ihrem Ehemann Walter "nur" auf altbekannte Formen, in denen ein wahrer Ehestreit ausbricht und sich die Frau schließlich, zu einer Zeit, in der dies tatsächlich niemals gang und gäbe war, gegen ihren Mann durchsetzen muss. Darüber hinaus bleibt der Streit über das Stehlen der eigenen Kunst hier bemerkenswert stark an der Oberfläche und man muss sich schon fragen, wieso genau die arme Dame dies tatsächlich jahrelang einfach so geschehen lässt. Der Film rast mit einem solch wilden Tempo über diese wichtige Frage hinweg, dass man nicht wirklich schlau daraus wird und da eben nur recht klischeehafte Argumente gefunden werden, mag man das Ganze irgendwie auch nicht so recht glauben. 
Dass diese ganze Geschichte in Tim Burtons erstaunlich einfallsloser Inszenierung zudem nicht ganz glaubhaft herüberkommt, liegt auch an der etwas zu extravaganten Besetzung. Amy Adams liefert als anfangs naive, später verschüchterte, noch später endlich aus ihrem Kreis des Selbstmitleids ausbrechende Ehefrau und Künstlerin noch eine starke Vorstellung ab, die sich vielleicht nicht ganz mit ihren anderen, meisterhaften Performances in Filmen wie "American Hustle" oder "Arrival" messen lassen kann, aber dennoch einiges an nuancierter Kraft aufweist. Ihr Konterpart Christoph Waltz hingegen hätte dringend stärker an die Leine gelegt werden müssen, denn wie Burton diesen hier schlichtweg maßlos durch den Film toben lässt, als würde er sich hier im neuesten "Fluch der Karibik"-Streifen als Part des Captain Jack Sparrow wiederfinden, das hat nicht nur eine unfreiwillige Komik, es wird im weiteren Verlauf gar arg anstrengend. Waltz, der sicherlich einer der besten Schauspieler unserer Zeit ist, ist hier einfach eklatant fehlbesetzt, chargiert bis weit über die Grenzen hinaus und wenn es schließlich zu einem vollkommen überzogenen Finale kommt, ist er nicht mehr zu halten und nervt nur noch... kaum zu glauben, dass man solche Worte einmal zu einer Darstellung des zweifachen Oscarpreisträgers sagen muss. 
In kleineren Rollen werden indes hochkarätige Nebendarsteller wie Terence Stamp, "Wolverine"-Star Danny Huston und Krysten Ritter verschenkt, die teils nur für wenige Momente auftauchen und dabei auch nicht viel zu tun haben. Insgesamt scheint sich Tim Burton hier einfach nicht sicher gewesen sein, was für einen Film er machen wollte: Einen schrillen Schlagabtausch oder doch ein tiefgründiges Drama über eine zurechtgewiesene, schließlich ihre Gerechtigkeit fordernde Frau. Burton versucht beides, erreicht indes bis auf einige Ansätze kaum etwas und lässt "Big Eyes" daher ziemlich böse scheitern.
Fazit: Wirrer Mix aus Drama und wildem Schauspiel mit einem fehlbesetzten Christoph Waltz. Burton kann sich nie entscheiden, in welcher Stimmung er seinen Film nun haben will und setzt sich zwischen alle Stühle, sodass der Zuschauer emotional niemals eingespannt werden kann.

Note: 4




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