Nachdem Grace Kelly aus dem Filmgeschäft ausgestiegen war, suchte Super-Regisseur Alfred Hitchcock händeringend nach einem neuen weiblichen Star... und fand diesen schließlich in dem ehemaligen Model Tippi Hedren. Er entdeckte sie in einer Werbung und nahm sie unter Vetrag, was für Hedren eine Weltkarriere bedeutete, die 1963 mit dem Horror-Thriller "Die Vögel" ihren Lauf nahm, einer der bis heute bekanntesten Filme aus Hitchcocks Filmografie, auch wenn er streng genommen nicht zu seinen besten gehört.
DIE VÖGEL
In einem Zoofachhandel lernt die junge Melanie Daniels (Tippi Hedren) den charmanten Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) kennen und reist ihm kurzerhand in seine Heimat nach Bodega Bay nach, wo sie auch seine kleine Schwester Cathy (Veronica Cartwright) und seine Mutter Lydia (Jessica Tandy) kennenlernt... die von Melanie allerdings nicht sehr begeistert ist. Kurz darauf mehren sich seltsam aggressive Vogelattacken in dem kleinen Ort, von denen auch Melanie nicht verschont bleibt. Als sie rätseln, was dies bedeuten könnte, ist es jedoch bereits zu spät...
Alfred Hitchcock war ein Meister darin, Spannung perfekt aufzubauen, was er in seinen vielen Werken immer wieder aufs Neueste bewiesen hat... bei "Die Vögel" übertreibt er es damit bisweilen jedoch ein wenig. Natürlich müssen die Figuren in der ersten Hälfte ein geführt werden, damit sie nicht bloß zu blutleeren Individuen verkommen, die einem fremd bleiben und Hitchcock nimmt sich dafür auch genügend Zeit, letztendlich sogar zu viel. Zwar fühlen wir uns mit den Figuren somit schon bald verbunden und folgen ihnen nachher gerne durch die tödliche Vogelhatz, fiebern gar mit ihnen mit und sind sogar bewegt, wenn mal einer von ihnen sein Leben lassen muss.
Dennoch hätten die Figuren etwas interessanter gestaltet werden können. Die Konflikte und zwischenmenschlichen Hürden wirken ab und zu arg soapig, ziehen sich in der ersten Hälfte recht deutlich und gewinnen zu wenig an Fahrt. Gerade der doch eher halbgaren, langsam aufkeimenden Annäherung zwischen Melanie und Mitch wird sehr viel Zeit gewidmet, ohne dass dabei viel herumkommen würde und man bewegt sich mehr als einmal hart am Rande des Kitsches vorbei. Dies ist sicherlich auch dem Zeitgeist geschuldet, gerade aus heutiger Sicht wirkt "Die Vögel" während seiner langen Einführungsphase aber doch ein wenig schwerfällig.
Immerhin nutzt Hitchcock diese erste Stunde aber auch dafür, um clever erste Brotkrumen auf den nachfolgenden Horror zu streuen. Dies tut er eher beiläufig, was unglaublich gut wirkt und den Suspense langsam aber sicher in immer höhere Gegenden steuert. Sobald er die titelgebenden Tiere dann schließlich von der Leine lässt, erreicht der Regisseur auch immer neue Level der Spannung und die damals tricktechnisch neue Maßstäbe setzenden Angriffe der Vögel wissen auch heute noch zu überzeugen... auch wenn Tippi Hedrens Schauspiel ab und an doch etwas fad wirkt. In den besten Szenen lässt Hitchcock seine Vögel nur langsam aus dem Bau kriechen, lässt sie sich auf Bäumen und Klettergerüsten verschanzen, um ein leises Bild der Bedrohung zu inszenieren, was auch heute noch ängstigt und für eine gewisse Gänsehaut sorgt.
Auch das offene Ende wird zu Diskussionen anregen und es ist dem Regisseur hoch anzurechnen, dass er keine offensichtliche Antwort auf das plötzliche Aggressionsverhalten der Tiere gibt. Er streut Hinweise in verschiedenste Richtungen und überlässt es schließlich dem Zuschauer, seine passende Antwort zu finden... wobei eine interessanter ist als die andere. Letztendlich ist "Die Vögel" nicht in allen Belangen gut gealtert, was ihn hinter Hitchcocks Meisterwerk "Psycho" doch deutlicher als erwartet zurückstecken lässt. Dass der Regisseur das Suspense-Kino mit diesem Film aber revolutionierte und auch heute noch für Gesprächsstoff unter Filmfreunden sorgt, das ist niemals von der Hand zu weisen.
Fazit: Spannender Tierhorror mit einigen grandios inszenierten Suspense-Szenen, die auch heute noch Gänsehaut verursachen. Die Einführung der Charaktere gerät dabei in der ersten Hälfte aber doch zu beliebig und zu behäbig.
Note: 3+
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