Diesmal dauerte es nur ein Jahr: Obwohl die Kritiker von "Hannibal" 2001 nicht annähernd so begeistert waren, wie es sich die Macher wohl erhofften, wurde 2002 der nächste Film aus der Geschichte des Kannibalen veröffentlicht, erneut beruhend auf einem Roman von Thomas Harris, filmisch jedoch als Prequel zu betrachten, der noch vor den Ereignissen aus "Das Schweigen der Lämmer" spielt. Und diesmal ist ihnen zum Glück endlich wieder ein guter Film gelungen, der zwar auch nicht mit dem Original mithalten kann, den zweiten Teil aber locker übertrifft...
ROTER DRACHE
FBI-Agent Will Graham (Edward Norton) gelingt es, den berüchtigten Kannibalen und Massenmörder Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) zu stellen und ihn hinter Gitter zu bringen. Graham verschwindet nach diesen Ereignissen in den vorzeitigen Ruhestand... zumindest bis sein ehemaliger Vorgesetzter Jack Crawford (Harvey Keitel) mit einem neuen Fall an ihn herantritt. Dieser beschäftigt sich mit dem Serienkiller "Zahnfee", der ganze Familien ermordet und noch immer auf freiem Fuß ist. Graham entschließt sich, bei der Suche zu helfen, muss sich dabei jedoch mit Lecter zusammentun, um in die Psyche des Killers einzudringen.
Nach "Hannibal" hatte eigentlich kaum jemand auf einen dritten Film dieses Franchises gewartet, umso überraschender war dann die positive Resonanz, die das Prequel "Roter Drache" nach sich zog, der zeitlich vor dem All-Time-Klassiker "Das Schweigen der Lämmer" spielt und somit manch eine bekannte Figur letztendlich genau in die Position bringt, die wir aus dem Original zu Beginn kennen. Der Film ist dabei aber weitaus weniger eine Geschichte über Hannibal Lecter als man erwarten dürfte, nimmt dieser hier doch nur eine recht überschaubar große Nebenrolle ein, der in der Haupthandlung kaum etwas zu suchen hat. Das ist auf der einen Seite natürlich schade, da man das Aushängeschild der Reihe gerne noch ein wenig prägnanter gesehen hätte, zum einen ist dies aber auch erfreulich, denn Anthony Hopkins spielt diese Figur nun noch weniger diabolisch als im Film davor, was ihr doch weiterhin Bedrohlichkeit und Gefahr kostet. Die wenigen Szenen mit Hopkins funktionieren so gerade aufgrund ihrer sparsamen Verteilung im Film, während die Thriller-Story nebenbei läuft und dabei den Hauptplot des Filmes einnimmt.
Darin jagt ein von Edward Norton gespielter FBI-Agent einen erbarmungslosen Serienkiller und muss sich dabei, so wie es auch Clarice Starling später tun wird, das ein oder andere Mal mit Hannibal Lecter zusammensetzen, der sich bereiterklärt, aus der Gefängniszelle heraus bei der Jagd zu helfen. Die Geschichte gerät dabei recht geradlinig, hält aber zwei Stunden lang ordentlich bei der Stange, ist streckenweise richtig spannend und hält auch immer wieder die ein oder andere überraschende Wendung parat, die man so wirklich nicht hat kommen sehen.
Der wahre Antagonist des Films ist der "Rote Drache", vom FBI auch die "Zahnfee" genannt und Ralph Fiennes verleiht diesem Killer tatsächlich ein üerzeugendes Gesicht. Etwas neues fügt er diesem altbekannten Charakter mit Zügen von Norman Bates aus "Psycho" zwar nicht hinzu, dafür darf Fiennes auch in ruhigeren Szenen seine Figur angemessen formen und in den gemeinsamen Momenten mit Emily Watson wahre Gefühle zeigen. Das ist auf gewisse Art und Weise recht formelhaft und vorhersehbar, dafür aber auch immer packend, ebenso wie die nicht gerade originelle, dafür aber gut inszenierte Spurensuche Will Grahams, der eben diesem Killer auf den Fersen ist. Edward Norton hat dabei ebenso wie Harvey Keitel sicherlich schon komplexere Rollen gespielt, dennoch geben sich die beiden neben weiteren großen Namen wie Philip Seymour Hoffman, "Lost"-Star Ken Leung und Mary-Louise Parker keine Blöße und tragen den Film mehr als solide.
An "Das Schweigen der Lämmer" reicht natürlich auch diese Fortsetzung bzw. dieses Prequel nicht heran, doch das war auch wohl nicht zu erwarten. Gute Thriller-Unterhaltung mit hohem Tempo und einer spannenden Geschichte wird dennoch geboten, auch wenn Hannibal-Fans ihren charmanten Killer bemerkenswert selten zu Gesicht bekommen werden.
Fazit: Spannender Thriller aus dem Hannibal-Universum, der das Rad nicht neu erfindet, dafür aber zwei Stunden lang bei der Stange hält. Solide gespielt und gut inszeniert ist "Roter Drache" sicherlich kein Meisterwerk, aber ein überraschend flotter Psycho-Thriller.
Note: 3+
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