Die diesjährige Oscarverleihung ging mit einem großen Schock zu Ende. Nachdem zuerst das wunderbare Musical "La La Land" als Hauptgewinner ausgerufen wurde, stellte sich wenige Minuten später heraus, dass der Preis "Moonlight" gebürte... weswegen die goldenen Statuten rasch die Besitzer wechseln mussten. Nun stand der Film von Barry Jenkins eigentlich schon recht früh als Gewinner dieses Abends fest und war nur wegen dem zuvor geschehenen Fauxpas wirklich eine solche Überraschung. Nach Sichtung des Werkes bin ich nun jedoch der Meinung, dass Damien Chazelles Musical die bessere Wahl gewesen wäre, um den Oscar für den besten Film zu verleihen.
MOONLIGHT
Der neunjährige Chiron (Alex R, Hibbert), von allen nur "Little" genannt, lebt in Miami bei seiner drogensüchtigen Mutter Paula (Naomie Harris). Als er eines Tages von einigen Jungs aus seiner Schule verfolgt wird und sich dabei in einem schlechten Viertel in einem leerstehenden Haus verschanzt, trifft er auf den Drogendealer Juan (Mahershala Ali). Dieser kümmert sich fortan zusammen mit seiner Frau Teresa (Janelle Monae) um Chiron und sorgt für ihn. Chiron findet langsam sich selbst, doch als er älter wird, muss er sich mit vielen Dingen herumschlagen, nicht zuletzt mit seiner eigenen Sexualität...
In jedem anderen Jahr hätte "Moonlight" den Oscar für den besten Film nicht gewonnen. So, das musste erstmal gesagt werden. Dies hätte allerdings weder an seiner Qualität noch an seinen noblen Absichten gelegen, denn an diesen ist nichts auszusetzen. Dennoch profitierte das sehr klein gestartete Werk sicherlich vom letztjährigen Oscar-Skandal, während welchem ausschließlich weiße Künstler nominiert wurden... dass die Academy nach diesem (unnötigen) Shitstorm reagieren würde, war klar und wie ginge das besser, als "Moonlight" auszuzeichnen? So kam es also auch und wir haben erneut einen waschechten Oscargewinner auf dem Tisch, der nicht wegen des Filmes an sich, sondern wegen der Thematik ausgezeichnet wurde, wie es ja schon mehrere Male passiert ist - zuletzt zum Beispiel bei "Spotlight" und auch bei "12 Years a Slave", bei welchem viele Jurymitglieder sogar zugaben, für den Film gestimmt zu haben, ohne in zu sehen, da das Thema so wichtig sei. Ob dies bei "Moonlight" ebenfalls geschehen ist, darf bezweifelt werden, dennoch stimmte da irgendetwas nicht so ganz.
"Moonlight" an sich ist jedoch ein guter Film geworden, wenn auch kein überragender. Er ist großartig gespielt, wunderschön gefilmt, hat einen tollen Soundtrack, wunderbare Dialoge und erzählt die bewegende und sehr leise erzählte Geschichte eines jungen Afroamerikaners, der mit seiner Familie, seiner Umgebung und sich selbst hadert. Das ist kein ganz leicher Tobak und sicherlich wollte man mit dem Werk einige Zeichen setzen... was mehr als gelungen ist. Gerade die erste Hälfte des Films, welche Chirons Kindheit und Jugend erzählt, ist großartig gelungen und hält mehr als nur eine erinnerungswürdige Szene bereit. Einfühlsam, dabei aber niemals pompös oder sich in den Vordergrund drängend wird diese kleine Geschichte erzählt, wobei man mit dem stillen Charakter ebenso mitfiebert wie auch leidet. Regisseur Barry Jenkins verzichtet auf unsensible Spannungsspitzen oder unauthentische Konflikte und filmt die Story wie aus dem echten Leben ab, was einen starken Sog entwickelt.
Leider lässt "Moonlight" in der zweiten Hälfte ziemlich stark nach. Hier schleichen sich tatsächlich einige deutliche Längen ein, der Film kommt nicht mehr richtig vom Fleck und verliert irgendwie sogar seine Hauptfigur bisweilen aus den Augen, zumindest auf eine Art und Weise. Irgendwie wird er uns fremd und auch die finale Szene, die mit einem konsequenten, aber dennoch unbefriedigenden Schluss in den Abspann überleitet, kann dies nicht wirklich auflösen. Man weiß zwar, wohin Jenkins und seine Mitstreiter uns hinführen wollen, leider zeigen sie uns aber nicht, was ihre wahre Intention ist, was die zweite Hälfte streckenweise etwas ziellos und leer aussehen lässt. Schlecht ist sie sicher nicht, sie ist nur schlechter, als sie hätte sein müssen.
Schauspielerisch glänzen die Darsteller dafür alle.Ob Mahershala Ali tatsächlich den Oscar als bester Nebendarsteller verdient hat, darüber lässt sich streiten, da seine Performance ohne Zweifel großartig, vielleicht aber (besonders bei der namhaften Konkurrenz) nicht ganz oscarwürdig ausgefallen ist. Neben ihm glänzen "Fluch der Karibik"-Star Naomie Harris, Janelle Monae und besonders Ashton Sanders, der Chiron in seinen Jugendjahren verkörpert und mit seiner nuancierten Performance für einige der intensivsten Szenen des Filmes verantwortlich zeigt.
Fazit: "Moonlight" ist nicht der beste Film des Jahres, wohl auch nicht das beste Drama. Es ist ein guter, einfühlsamer und wichtiger Film, der jedoch später an Fahrt verliert und trotz großartiger Darsteller und einer tollen Inszenierung nicht alle Erwartungen einlösen kann, die man sich von dieser Thematik erhofft hat.
Note: 3+
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