Eigentlich ist es verwunderlich, dass es ganze zehn Jahre dauerte, bis Hollywood mit einer Fortsetzung zu dem Ausnahme-Thriller "Das Schweigen der Lämmer" um die Ecke kam. Die Romanvorlagen gaben dieses Sequel schon länger her, der Erfolg des Originals sprach jede Menge dollargrüne Gründe und auch manch ein Fan hatte sicherlich Lust, Hannibal Lecter erneut bei einem Festmahl zuzusehen. Vielleicht hatte man dann vor den bereits erreichten Erfolgen doch genügend Respekt, um das Projekt eine Weile reifen zu lassen, bis man die wirkliche Jagd auf Doktor Lecter schließlich im Jahr 2001 dem Publikum präsentierte...
HANNIBAL
Nach einem katastrophal verlaufenden Einsatz verliert Clarice Starling (Julianne Moore) an Ansehen beim FBI. Als neue Hinweise auf den Verbleib Hannibal Lecters (Anthony Hopkins) auftauchen, der sich nach seiner mehrere Tote erfordernden Flucht vor einigen Jahren möglicherweise irgendwo in Europa aufhalten solle, wird Starling auf diesen Fall angesetzt, um so ihren Ruf mit einem prominenten Fall wieder reinzuwaschen. Doch Lecter selbst bekommt schnell Wind von der neuen Jagd auf ihn... und Starling und das FBI sind mittlerweile nicht mehr die einzigen, die den untergetauchten Serienkiller suchen.
Dass "Hannibal" auch nur annähernd die Qualität eines "Schweigen der Lämmer" erreichen würde, hat wohl niemand erwartet, denn das Original genießt einen Klassiker-Status, der schlicht kaum zu übertreffen ist. Dennoch hätte der zehn Jahre später erfolgende zweite Teil besser sein können, ja eigentlich sogar müssen, denn die Macher leisten sich einige Fehler, die man auch hätte vermeiden können.
Gerade die Charakterisierung der Hauptcharaktere, die im Original das entscheidende Salz in der Suppe war und aus "Das Schweigen der Lämmer" weit mehr machte als nur einen sehr spannenden Psycho-Thriller, hat hier erstaunlich wenig zu bieten. Clarice Starling, die nun von Julianne Moore gespielt wird, da Jodie Foster das Skript nicht zusagen wollte, fehlt es auf einmal schlichtweg an Substanz, sie ist nunmehr die toughe, fokussierte FBI-Ermittlerin, der es an mehr Tiefe mangelt. Denkt man an Fosters eindrückliche Performance zurück, die Starling als ebenso zerbrechliche wie innerlich brodelnde Persönlichkeit zeigte, so bietet Moore hier nur noch ein laues Lüftchen.
Zurückgekehrt ist jedoch Anthony Hopkins in der Rolle seines Lebens und er bietet Lecter erneut einiges an Feuer... die enorme Bedrohung dieser Kultfigur kann er jedoch nicht wieder zum Leben erwecken. Dies mag daran liegen, dass Lecter hier nun ein freier Mann ist, wo dessen Bedrohung im ersten Teil doch meistens dadurch zum Ausdruck kam, dass dieser enorm intelligente Mann sogar hinter einer unzerbrechlichen Glasscheibe noch gefährlich wirken konnte, allein durch seine Worte und seinen Blick.
Lecter wird hier jedoch zu einem blutrünstigen Monster degradiert, welchem der große Hopkins immer noch einiges an Charme verleiht, welches jedoch nur noch selten wirklich diabolisch wirkt und kaum mehr schaudern lässt. Regisseur Ridley Scott lässt Lecter gleich mehrfach morden und auch speisen, die Bedrohung des Charakters lässt angesichts dieser sehr detailliert aufgezeigten Splatter-Szenen (besonders während des Showdowns dürfte sich der ein oder andere zartbesaitete Magen gleich mehrfach umdrehen) jedoch erheblich nach. In Nebenrollen agieren unter anderem ein unkenntlicher Gary Oldman, ein verschwendeter Ray Liotta sowie der sehr solide, eine wichtige Rolle einnehmende Giancarlo Giannini, der tatsächlich ein wenig Schwung in die Sache bringt.
Die Story des Romans von Thomas Harris galt eigentlich als unverfilmbar und man merkt, dass die Drehbuchautoren tatsächlich damit zu kämpfen hatten, diesen Plot filmisch passend darzustellen: Die Story wirkt arg geradlinig, hat zwischendurch mit einigen Längen zu kämpfen und wird den Charakteren kaum gerecht. Entgegen steht die Regie eines Ridley Scott, dem die Produktion nie aus den Händen gleitet und der jegliche Szenerie atmosphärisch stark inszeniert... an dem großen Vorbild des Originals scheitert er jedoch erwartungsgemäß auch ziemlich deutlich, da sich manche Highlights nicht wiederholen lassen. Immerhin kann man Scott aber nicht vorwerfen, dass er dies versuchen würde: Er betreibt keinen Fanservice, sondern erzählt die Geschichte mit zahlreichen Neuerungen und einigen mutigen Wendungen weiet, baut streckenweise (auch dank des fabelhaften Soundtracks von Hans Zimmer) einiges an Spannung auf und kann recht gut bei der Stange halten. Dass die Handlung letztendlich zu altbacken herüberkommt, sehr plötzlich endet und die Figuren viel zu wenig beleuchtet, ist dabei kaum seine Schuld.
Fazit: "Hannibal" müht sich redlich, kann mit dem Original aber niemals mithalten. Trotz einer starken Regie und einigen hochspannenden Szenen fehlt es an Charaktertiefe und an einer wirklich mitreißenden Handlung, weswegen diese Fortsetzung im Mittelmaß steckenbleibt.
Note: 3-
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