Tennis als Mittelpunkt eines Kinofilms? Wie soll das denn gehen? Gut, nun bin ich sicherlich kein Fan dieser Sportart, da mich wahrlich nichts mit ihr verbindet, doch auch Kenner und Spieler müssten doch bereits arg daran zweifeln, ob ein solches Match für die Leinwände denn überhaupt spannend aufbereitet werden kann. Die Macher von "Little Miss Sunshine" haben sich dabei aber eben des bereits bekannten Kniffes bedient, ein Match auszusuchen, welches weniger durch die Sportart an sich als durch das Aufeinandertreffen zweier Ikonen in die Geschichte einging und den Kampf der Geschlechter thematisierte. Solche Stoffe gehen im Kino immer gut, weswegen ich mich, auch angespornt durch die glanzvolle Besetzung, bereits auf "Battle of the Sexes" freute...
BATTLE OF THE SEXES
Billie Jean King (Emma Stone) ist empört, als sie erfährt, dass weibliche Tennisspielerinnen, selbst die erfolgreichsten ihrer Zeit, im Schnitt achtmal weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Um ein Zeichen zu setzen, stellt sie ein eigenes Turnier auf die Beine, während welchen weibliche Spielerinnen gegeneinander antreten... und geht dabei in die direkte Sendekonkurrenz der Meisterschaften der Männer. Dies ruft auch den ehemaligen Wimbledon-Sieger Bobby Riggs (Steve Carell) auf den Plan, der überzeugt ist, dass Frauen, ganz gleich wie gut sie sind, von Männern im Sport immer geschlagen werden würden. Aufgeweckt und hoffend, den Frauensport und auch die Bewegung der Gleichberechtigung voranzubringen, lässt sich King auf ein Duell mit dem selbsternannten Schovinisten ein...
Gleichberechtigung ist auch heute noch ein Thema - traurig, wenn man es so sieht. Nun gingen auch große Hollywoodstars bereits auf die Straße und wetterten gegen die höhere Bezahlung der Männer. Im Kino ist die Thematik ebenfalls weiterhin beliebt und nimmt sich der einzelnen Höhepunkte der Frauenbewegung an, die insbesondere in den 70er-Jahren an Fahrt gewann. Jonathan Dayton und Valerie Faris, denen vor gut einer Dekade mit "Little Miss Sunshine" bereits ein aufsehenerrgenden Feel-Good-Movie gelang, nehmen sich nun der Geschichte um Tennisspielerin Billie Jean King an, die im Jahr 1973 den protzigen Männern zeigte, was eine Harke ist und damit in die Historie des Frauensports und auch der Frauenbewegung einging.
Passend dazu präsentiert sich "Battle of the Sexes" dann auch weniger als spannendes Sport-Match, sondern als sensibles Drama in einer vergangenen Zeit, in welcher Frauen müde belächelt oder sogar aus höheren Positionen vertrieben wurden. Der Film schafft es, die 70er durch seinen Look atmosphärisch wiederauferstehen zu lassen und liefert ein tiefschürfendes Bild der damaligen Zeit, wobei weniger der Tennissport als der Ruf nach Gleichberechtigung, fairer Bezahlung und Respekt gegenüber Frauen im Mittelpunkt steht. Zeitgleich handelt das Werk auch einen zweiten, mindestens ebenso wichtigen Handlungsstrang ab: Billie Jean King entdeckte während des großen Turnieres, welches sie in den Mittelpunkt der Medien stellte, ihre eigene Homosexualität, was gerade im Sportmilieu ein absolutes Tabu darstellte - eine Veröffentlichung ihrer geheimen Beziehung mit der Friseurin Marilyn Barnett (stark gespielt von "Birdman"-Star Andrea Riseborough) hätte King in der Öffentlichkeit denunziert.
Dieser Romanze und den neu entdeckten Gefühlen nähert sich der Film mit entwaffnender Tiefe und sehr viel leisem Gefühl, leider wird dieser Weg aber nicht sinnig zu Ende beschritten. Dem Regie-Duo lag offensichtlich viel daran, einen Film zu erschaffen, der die Zuschauer mit einem seligen Grinsen aus dem Kinosaal gehen lässt, der positive Gefühle schafft... was jedoch nicht immer zu der Geschichte passen möchte. So wirkt gerade diese Romanze später arg beschnitten, wenn schließlich doch das große Tennis-Match in den Mittelpunkt rücken und für ein "dramatisches" Finale sorgen soll. Es wirkt als würde man tiefgreifenden Konflikten, die zuvor nur angeschnitten, in den realen Begebenheiten aber wirklich vorgefallen sind, somit aus dem Weg gehen, wirkliche Wendungen werden nur noch rasch im Anschluss durch die üblichen, abschließenden Texttafeln gegeben. Hier sieht es so aus, als hätte man sich doch nicht so richtig viel getraut und würde sich dem Mainstream anbiedern - am Ende jubeln sie eben alle.
Schade ist dabei auch, dass gerade den Antagonisten wenig Raum zur Entfaltung geboten wird. Gerade die Figur des Bobby Riggs bleibt sträflich unterentwickelt - was ihn zu diesem Chauvinisten machte und wie er wirklich zu der historischen Entwicklung stand, wird hier nicht klar, stattdessen wird er, ebenso wie der von "Independence Day"-Star Bill Pullman gespielte Direktor des Tennisverbands, eben einfach als Feind der Bewegung angesehen, ohne dass man hier in wesentlich interessantere Grauzonen eintauchen würde. "Battle of the Sexes" wirkt daher doch etwas einseitig, macht es sich zu einfach, um Gefühle zu wecken, die man aber auch komplexer und nicht ganz so zuckrig hätte gestalten können. Ein guter Film ist es aber natürlich dennoch und eine mal wieder herausragende Emma Stone, die das historische Vorbild bis ins kleinste, körperliche Detail grandios zu kopieren scheint, ist das Eintrittsgeld im Grunde bereits alleine wert.
Fazit: Atmosphärisches Biopic über Billie Jean King, die der Frauenbewegung in den 70ern zu neuem Vormarsch verhalf. Angesichts der doch eher komplexeren, wahren Begebenheiten wirkt der Film bisweilen arg zuckrig und beschnitten, eine grandiose Emma Stone in der Hauptrolle kann nicht immer darüber hinwegtäuschen, dass man den wirklich scharfen Konflikten etwas mutlos aus dem Weg geht.
Note: 3
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