In meiner Kritik zur zweiten Staffel der Thriller-Serie "Hannibal" stellte ich bereits die Frage, ob das Ganze denn nun ein Prequel, welches die Weichen für die früher produzierten, aber später spielenden Filme stellt, oder ein Reboot, welches alles Bekannte einfach auf "Reset" setzt, sein soll - und kam zu keiner schlüssigen Antwort. Die dritte und letzte Staffel zeigt uns nun sehr deutlich, dass es sich ganz klar um ein Reboot handelt, werden nun die Plots aus "Hannibal" und "Roter Drache" in einen Topf geworfen, kräftig durchgerührt und anschließend auf den Zuschauer losgelassen, der sich angesichts solcher bereits gut bekannten Geschichten furchtbar langweilt...
HANNIBAL - STAFFEL 3
Nach dem Massaker in seinem Haus und nachdem ganz Amerika nach ihm sucht, setzt sich Hannibal Lecter (Mads Mikkelsen) gemeinsam mit seiner Psychologin Dr. Bedelia Du Maurier (Gillian Anderson) erst nach Paris und schließlich nach Florenz ab, um dort ein neues Leben zu beginnen. Doch auch in Europa kann Hannibal einfach nicht aus seiner Haut und schon bald erschüttert auch Italien unter den grausamen Morden des heißhungrigen Kannibalen. Die dortige Polizei kommt ihm immer näher und Maurier glaubt bereits, dass ihr neues Leben verloren ist. Unterdessen machen sich auch einige überlebende Opfer Hannibals aus Amerika auf, um den grausamen Killer in Europa aufzuspüren und ihn endlich dingfest zu machen...
Wer genau diese überlebenden Opfer sind, das möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten, denn mit genau dieser Erwartungshaltung spielt die finale Staffel von "Hannibal" über die ersten Folgen hinweg extrem. Es war im Grunde klar, dass die Macher doch nicht den Mut haben würden, einfach alle Hauptfiguren außer Hannibal selbst nach dem Showdown der zweiten Season, während welchem Will, Abigail, Jack und Alana allesamt augenscheinlich ums Leben kamen, aus der Serie zu streichen - wer genau nun aber noch weiterleben darf, das sollte man selbst herausfinden. An dieser Stelle möchte ich zudem auch davon abraten, den unten verlinkten Trailer zu schauen, denn dieser spoilert bereits, wer das Duell mit Hannibal überlebt hat - Anschauen also auf eigene Gefahr! Dass Staffel 3 aus diesem Ausgang ein Geheimnis macht, ist jedoch noch das cleverste, was sie überhaupt zu erzählen hat, denn darüber hinaus bleibt wenig, was man am großen Finale, welches sich so groß gar nicht anfühlt, noch gut finden kann.
Negativ fällt der immer größere Hang zum skurillen Ekel-Horror auf: Wirkte bereits die erste Staffel enorm bemüht darin, die verschiedenen Tatorte zu blutig und aufsehenerregend wie möglich zu inszenieren, so steigert man sich in dieser Staffel nicht nur in Sachen visuellem Gore, sondern auch mit einigen widerlichen Nebenfiguren, die Antagonisten abgeben sollen. Dies dürfte jedoch nicht verwundern, wird in dieser Staffel nicht nur die Handlung des Romans "Roter Drache" abgedeckt, sondern auch die der eigentlichen Fortsetzung "Hannibal" - und der gleichnamige Film aus dem Jahr 2001 stieß bei mir mit seinem stets bemühten Mega-Gore und den trashig angehauchten Subplots ebenfalls nicht auf sonderlich viel Gegenliebe.
Dieser Plot ist jedoch noch nicht der Tiefpunkt der Staffel und gar der ganzen Serie, denn obwohl dieser mit deutlich gezähmtem Tempo und unnötigem Ekel-Horror doch eher abstößt und streckenweise gar unfreiwillig komisch wirkt anstatt wirklich zu fesseln, gewinnt er dennoch gegen das, was uns in der zweiten Hälfte der Staffel geboten wird. Mittendrin schließt man die zuvor begonnene Handlung im Grunde ab und sorgt mit einem herben Zeit- und Ortwechsel für einen gänzlich neuen Plot, den Fans der Filme bereits aus dem mehrfach gelobten Prequel "Roter Drache" kennen. Diese Neuorientierung fällt anfangs schwer, gibt jedoch Hoffnung auf ein solides, psychologisch angehauchtes Finale der Serie... jedoch nicht für lange Zeit. Schon bald wird klar, dass die Macher hier, ohne nennenswerte Neuerungen in der Handlung zu bieten, einfach nur noch den altbekannten Plot des Filmes mit Ralph Fiennes und Anthony Hopkins aufwärmen und ihn den Zuschauern, als Neuinterpretation getarnt, quasi noch einmal als Mix aus Reboot und Remake präsentieren. Da wir diese Geschichte jedoch bereits kennen und sie uns zudem in Serienform deutlich gestreckt vorgelegt wird und sich dabei enorm in die Länge zieht, bevor man zu einem überhasteten Ende kommt, hat man hier tatsächlich nur noch sehr wenig Spaß... seit der fünften Staffel von "Homeland" musste ich mich letzten Endes nicht mehr so brutal durch eine Serie kämpfen wie in den letzten sechs Folgen von "Hannibal".
Dies liegt auch an der mit Füßen getretenen Logik, die im Grunde alle zwei Folgen eine neue Figur von den Toten zurückgeholt wird. Sicher kann man nie sein, ob ein Liebling nun wirklich das Zeitliche gesegnet hat und in den meisten Fällen holt man sie eben einfach zurück - ganz gleich, ob ihnen zuvor mehrfach die Kehle zerschnitten oder sogar der Schädel weggepustet wurde. Für eine Serie, die sich auf die Fahne schreibt, intensive, erwachsene und psychologisch clevere Unterhaltung zu bieten, sind diese trashig-bescheuerten Wendungen ein Armutszeugnis. Ohne die mal wieder wunderbare Darstellung von Mads Mikkelsen, der alle seine Kollegen ohne viel Mühe an die Wand spielt und sogar "Star Trek"-Alien Zachary Quinto und "Der Hobbit"-Star Richard Armitage vor Neid verblassen lässt, wäre diese Show die vergeudete Zeit wohl wirklich nicht einmal mehr ansatzweise wert.
Fazit: Ganz schwache Finalstaffel, welche die altbekannten Plots aus "Roter Drache" und "Hannibal" in Serienform neu erzählt - auf weitaus gestrecktere und langatmigere Weise, wobei man sich nun gar nur noch auf simplem Ekel-Horror und bescheuerten Wendungen ausruht als auf der leisen, intensiven Thriller-Atmosphäre.
Note: 4
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