Was ist diese Serie denn nun? Aus dem Blickwinkel betrachtet, dass man die aus den Romanen und klassischen Filmen bekannten Figuren mit einem Mal in unsere heutige Zeit verfrachtete, liegt der Begriff "Reboot" nah - ein Druck auf den Reset-Knopf, alles auf Anfang. Da man hier jedoch auch die Geschichte eines jungen Hannibal Lecters erzählt und gerade in dieser zweiten Staffel auch damit beginnt, Figuren in genau die Stellungen zu bringen, in welchen wir sie auch in den Folgefilmen "Das Schweigen der Lämmer" und "Hannibal" sehen werden, neigt man sich doch eher dem Prequel zu. Letzten Endes ist diese Serie wohl eine originelle Vermischung aus beiden Welten... die mit der zweiten Season aber weiterhin nur sporadisch an Fahrt gewinnen möchte.
Fazit: Staffel 2 merzt einige Fehler aus, macht dafür aber auch Neue. Die Geschichte an sich wird packend erzählt, suhlt sich aber zumeist in düsteren Traumfantasien und übertönt dabei die interessantere, psychologische Komponente. Spannende Unterhaltung wird, trotz einiger Längen, dennoch über weiteste Strecken geboten.
HANNIBAL - STAFFEL 2
Will Graham (Hugh Dancy) wird nicht mehr ernstgenommen. Das FBI wendet sich von ihm ab, nachdem erdrückende Beweise gefunden worden, die ihn als brutalen Nachahmungstäter kennzeichnen. Graham landet in einem Hochsicherheitsgefängnis für geistig verwirrte Serienkiller, möchte aber dennoch nicht aufgeben und die Unschuld beweisen, von der er selbst nicht einmal mehr durchgehend überzeugt ist. Überzeugt ist er nur, dass auch Hannibal Lecter (Mads Mikkelsen) ein Mörder und der von allen gesuchte "Chesapeake Ripper" ist. Sein ehemaliger Vorgesetzter Jack Crawford (Laurence Fishburne) möchte ihm diesbezüglich jedoch keinen Glauben schenken und ermittelt in die falsche Richtung, was Graham schließlich zwingt, selbst zur Tat zu schreiten...
Die zweite Staffel von "Hannibal" merzt einige Fehler der Vorgänger-Season aus. So verabschiedet man sich diesmal zum Glück weitestgehend von dem doch eher faden "Fall-der-Woche"-Prinzip, was zuvor noch für einige Tempohemmungen sorgte und uns nur Crime-Storys bescherte, die eh zu wenig Zeit hatten, um wirklich spannend zu werden - den weitaus interessanteren, psychischen Beziehungen zwischen den Hauptfiguren wird nun also ebenfalls mehr Zeit eingeräumt. So richtig haben die Macher diese aber auch nicht immer zu schätzen gewusst und verlassen sich auch dieses Mal sehr stark auf die düster bebilderten, emotionalen und psychisch angeknacksten Abgründe rund um Will Graham - was erneut ziemlich gewollt wirkt.
Man wirft dem Zuschauer arg morbide und blutige, ziemlich kranke Bilder vor die Augen, scheint sich selbst immer wieder toppen zu wollen mit noch ausgefalleneren Todesszenen und dem Zurschaustellen von übel zugerichteten, menschlichen Körpern. Dies ist visuell sicherlich stark in Szene gesetzt, es wird aber auch so enorm mit dem Holzhammer erzählt, dass der Zuschauer stets weiß, dass er nun gefälligst schockiert werden soll - dementsprechend aber weniger Reaktionen zeigt. "Hannibal" verbleibt auch hier, untermalt mit lauter Musik und ganz viel Gedärm, eine sehr laut erzählte Serie, die dabei die eigentlich sehr interessanten menschlichen Abgründe immer wieder unangenehm übertönt. Besonders zum Staffelbeginn suhlt man sich schlichtweg in den Gothic-Bildern innerhalb von Grahams Gedanken und lässt die Geschichte tatsächlich eher seicht nebenherlaufen - Style over Substance eben.
Zum Glück segelt diese Staffel pünktlich zum Mittelteil aber plötzlich in durchaus bessere Gewässer und spielt seine mittlerweile endlich etablierten Hauptfiguren gegeneinander aus. Es ist zwar nicht immer von Vorteil, dass der Zuschauer zumeist viel mehr weiß als die Protagonisten (abgesehen von Hannibal natürlich, der sich eh nie richtig in die Karten schauen lässt, auch wenn er manchmal so tut), dennoch erreichen die Macher hier immer wieder ein gehöriges Maß an Spannung, opfern auch mal etablierte Figuren, wenn es der Geschichte dienlich ist und schaffen eine psychische Intensität, die sich durchaus sehen lassen kann - dabei agiert sogar der zuvor doch deutlich überforderte "Shopaholic"-Star Hugh Dancy endlich mit mehr Schaum und darf menschlicher, nachvollziehbarer wirken.
Dieses Tempo halten die Macher dann nicht durchgehend, sorgen gegen Ende noch mit einigen sehr cleveren, storymäßig aber eben nicht sonderlich erquickenden Anspielungen auf die Originalfilme ebenso für Aha-Momente wie für einige Längen. Gerade hier wiederholen sich die ewigen Monologe der von "Casino Royale"-Star Mads Mikkelsen erneut stark gespielten Titelfigur und sorgen dafür, dass die Geschichte nicht mehr allzu kurzweilig daherkommt, sondern arge Komplexität fordert... dem aber eine weniger originelle Handlung gegenübersteht. Die finale Folge sorgt immerhin noch einmal für ordentliche Spannung und die ein oder andere so tatsächlich nicht erwartete Wendung - man spielt mit den Erwartungen des Zuschauers und gibt der Staffel sogar ein ziemlich konsequentes Ende. Wie man hier mit der finalen, dritten Staffel weitermachen wird, wird interessant zu sehen sein, denn die Zeichen scheinen sich zu verdichten, dass man nun einige neue Wege gehen wird. Diese braucht die Serie aber auch, um in den letzten dreizehn Folgen noch wirklich packen zu können.
Fazit: Staffel 2 merzt einige Fehler aus, macht dafür aber auch Neue. Die Geschichte an sich wird packend erzählt, suhlt sich aber zumeist in düsteren Traumfantasien und übertönt dabei die interessantere, psychologische Komponente. Spannende Unterhaltung wird, trotz einiger Längen, dennoch über weiteste Strecken geboten.
Note: 3
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