Direkt zum Hauptbereich

Unknown Identity

Wohl kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass es gerade Liam Neeson sein würde, der sich auf seine alten Tage doch noch zum Actionstar mausert. Der vormalige Charakterdarsteller, der nur in seltenen Fällen wirklich ins turbulentere Popcorn-Kino abtauchte (unter anderem für das miese "Star Wars"-Prequel "Eine dunkle Bedrohung"), bewies 2009 jedoch, dass er körperlich noch topfit ist und physisch einen bulligen, auch auf Raserei bedachten Action-Helden noch durchaus glaubhaft verkörpern kann. Mit seinem damaligen, genialen Thriller "96 Hours" hielt keines der nachfolgenden Werke, in welchen sich Neeson durch den halben Erdball prügelte, mit... was auch für den in Deutschland spielenden "Unknown Identity" gilt.

UNKNOWN IDENTITY


Dr. Martin Harris (Liam Neeson) ist gemeinsam mit seiner Frau Liz (January Jones) zu Besuch in Berlin, um dort an einer Vorlesung teilzunehmen. Auf dem Weg erleidet Harris einen schweren Autounfall, fällt in ein viertägiges Koma und hat anschließend mit Gedächtnislücken zu kämpfen. Als er anschließend entdecken muss, dass seine Frau ihn nicht zu kennen scheint und ein anderer unbekannter Mann (Aidan Quinn) sich an ihrer Seite als Martin Harris ausgibt, glaubt er schon fast, den Verstand zu verlieren. Seine Nachforschungen in Berlin ergeben jedoch, dass er keinesfalls verrückt ist... und jemand ein grauenvolles Spiel mit ihm treibt.

Natürlich freuen wir Deutschen uns, wenn Hollywood vorbeischaut und dabei das mediale Interesse auf unser Land legt... und somit zeigt, dass wir ein sehr gutes Filmnetz bieten. Nicht umsonst schauen die ganz Großen aus Amerika immer wieder mal vorbei, drehten zuletzt gar das Finale der "Tribute von Panem"-Filme in Berlin und nutzten für heutige Klassiker wie "Inglourious Basterds" die Filmstudios in Babelsberg. Ein Klassiker ist der ebenfalls dort und in der Stadt Berlin gedrehte (und auch dort spielende) Thriller "Unknown Identity" von Regisseur Jaume Collet-Serra nicht geworden, dafür fehlt es ihm dann doch an dem gewissen Etwas, denn nichts ist wirklich besonders an diesem Film. 
Man kann nicht sagen, dass er halbgar inszeniert wurde, versteht Collet-Serra doch sichtbar sein Handwerk, in Zeitn von Jason Bourne und dem neuen, düsteren James Bond wirken diese mitten in die ansonsten weitestgehend actionfreie Handlung eingeflochtenen Verfolgungsjagden zu Fuß und per Auto doch eher gewollt und bieten dann auch solide, aber keineswegs aufregende Filmkost. Zum Glück werden die Wackelkameras zu Hause gelassen, sodass wir dem Geschehen stets folgen können, wirklich viel spannender macht es die doch arg gewollt wirkenden Actionszenen aber auch nicht. 
Die Handlung an sich gerät dann weitestgehend spannend und folgt den noch immer funktionierenden Grundzügen des Thriller-Genres: Ein "normaler", netter Kerl in einer fremden Umgebung, dem ein Geheimnis vor den Latz geknallt wird, welches er so schnell wie möglich lösen muss und der dabei natürlich auch einige Feinde auf dem Spielbrett hat, die ihm an den Kragen wollen. Viel origineller wird es dabei nicht, die Auflösung des ganzen Spektakels, wenn auch ziemlich rund, ist gar relativer Mumpitz und sorgt am Ende für ein recht spannendes, aber auch ziemlich klischeebehaftetes Finale... natürlich gegen eine tickende Uhr, natürlich auch mit einem Liam Neeson, der plötzlich in voller Action-Manie loslegt. Das ist dann alles schon ziemlich eng auf das Publikum zugeschnitten, die sowohl Mr. Neeson erneut in Rage erleben als auch eine recht flotte Handlung sehen wollen und bietet dahingehend wenige Überraschungen, ein paar kleine Längen und ein recht wirkungsvoll in Szene gesetztes Berlin - was aber heutzutage eben auch nichts wirklich Neues mehr ist. 
Es tut niemandem weh, würde aber rasch wieder in Vergessenheit geraten und sogar als recht fade, weil viel zu simple und 08/15-artige Zeitverschwendung abgestempelt werden, wenn denn die Schauspieler ihre Sache nicht so überraschend gut machen würden. "Schindlers Liste"-Charakterkopf beherrscht hier erneut sowohl die leiseren, zweifelnden Momente seiner Figur als auch die actionbetonten Szenen, in denen er sich beachtlich schlägt. Neben ihm fallen auch "X-Men"-Star January Jones als kühle, undurchsichtige "Ehefrau" ebenso wie der deutsche Export Diane Kruger, die zu dieser Zeit auch international dank "Troja" bereits eine große Nummer war, positiv auf. Und während Frank Langella lange Zeit leider nur im Hintergrund herumstreunern darf, verdient sich der grandiose Bruno Ganz in seiner Rolle als kleiner, gewiefter Privatschnüffler gar eine stilvolle Extraerwähnung.
Fazit: Der Film bietet eine spannende Handlung und tatkräftige Darsteller, bleibt durch vorhersehbare Wendungen und eine recht krude Auflösung des Spektakels aber dennoch im deutlichen Mittelmaß stecken. Die Actionszenen bieten dabei nicht mehr als soliden Durchschnitt.

Note: 3-




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid