Direkt zum Hauptbereich

Marvel's Jessica Jones - Die zweite Staffel

Als Höhepunkt nach fünf Staffeln kamen die "Defenders", bestehend aus Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und der Iron Fist, in einer achtfolgigen Mini-Serie zusammen. Die Qualität war angesichts der enormen Vorarbeit ernüchternd, trotzdem hält Marvel an dem Erfolgskonzept, dass auch bei den Kinofilmen bereits wie eine Bombe einschlug, weiterhin fest. Die zweite Staffel von "Jessica Jones" ist dabei die erste eines der alteingesessenen Helden, bei denen die Ereignisse des großen Klassentreffens abgeklungen sind und gerade darauf war ich gespannt - wie reagiert eine Jones, nachdem sie nicht mehr alleine, sondern an der Seite von anderen Helden in die Bresche gesprungen ist? Die Antwort: Gar nicht so anders, denn trotz etwas nachgelassener Euphorie ist die gute Jessica Jones tatsächlich noch immer die Alte...

JESSICA JONES - STAFFEL 2


Jessica Jones (Krysten Ritter) hängt sich wieder voll rein in ihren Job als Privatdetektivin und da sie als Heldin nun ein bekanntes Gesicht trägt, kann sie sich vor potenziellen Aufträgen kaum mehr retten. Durch einen ihrer Klienten kommt sie auch einem neuen Fall auf die Spur - einer Organisation namens IGH, die auch mit Jessica selbst in Verbindung steht, bekam sie durch deren illegale Operationen doch erst ihre Kräfte. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Trish (Rachael Taylor), die darin eine neue Story für ihre Show wittert, folgt sie der Spur und kommt dabei schon bald einem schrecklichen Geheimnis ihrer Vergangenheit auf die Schliche...

Sie trinkt noch immer Whiskey, kann keinen Menschen leiden und auf ihrer Stirn steht im Grunde ein großes "Fuck You" - Jessica Jones ist noch immer der wunderbar-sympathische Anti-Typ Frau, die wir während der ersten Staffel so ins Herz geschlossen haben und Krysten Ritter gibt diese auch weiterhin mit einer solch entwaffnenden Kratzbürstigkeit und herrlich ironischen Dialogen, dass mein Herz für sie unter allen Marvel-Serienhelden weiterhin am höchsten schlägt. Wiederkehren tun auch beinahe alle bekannten Figuren aus der Vorgängerstaffel, sodass es sich wirklich anfühlt, als würde man nach Hause kommen... und den bekannten Charakteren bei einem neuen spannenden Fall zusehen.
Und spannend ist er wirklich, wobei er die Intensität besonders daraus bezieht, dass weder die Figuren noch die Zuschauer über lange Zeit eine wirkliche Ahnung, wo all die Brotkrumen denn nun hinführen. Dass es etwas mit Jessicas Vergangenheit zu tun hat, wird schon in der ersten Folge klar, darüber hinaus haben die Autoren sich jedoch eine clevere Ideen einfallen lassen, um der Vorhersehbarkeit aus dem Weg zu gehen und einen wendungsreichen, dabei aber sicherlich nicht dummdreisten Plot zu zaubern. Dabei wechseln sich dringliche Plots des Krimis mit einigen sehr schön geschriebenen, privaten Scherereien, neue Charaktere fügen sich nahtlos ein und erschaffen ein rundes Bild und sorgen auch für manch eine humoristische Einlage, wenn sich Jessica neben der Suche nach ihrer Vergangenheit eben auch mit engstirnigen Nachbarn, lächerlichen Kunden, Freunden und Mitarbeitern herumschlagen muss.
Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto düsterer wird sie jedoch - es fehlt ihr an der Dringlichkeit und der enormen Intensität der Vorgängerstaffel, da es über sehr lange Strecken eben auch an einem greifbaren Bösewicht mangelt und da auch über mehrere Folgen hinweg kein wahres Ziel zu erkennen ist. Die Ziele und Beweggründe der einzelnen Figuren verschieben sich ständig, was zwar die Spannung erhöht, jedoch auch dafür sorgt, dass man selten wirklich weiß, was die einzelnen Handlungsträger wirklich wollen. Dies resultiert darin, dass munter Seiten gewechselt werden, einige Figuren völlig out of character handeln (Trish, gespielt von "Transformers"-Star Rachael Taylor, ist dafür ein gutes Beispiel) und sich die Geschichte manchmal etwas mühseliger und wirrer gibt als sie es eigentlich ist. Das sorgt für kleinere Längen im Mittelteil und leider auch für zwei ziemlich schwache Finalepisoden, die damit zu schuften haben, all die verschiedenen Haupt- und Subplots aufzuräumen.
Dramaturgisch strauchelt die Show dabei mehrere Male, stürzt aber nie, was an den noch immer enorm sympathischen Charakteren, ihren neu entdeckten Seiten und einigen sehr interessanten Konflikten liegt. Dass Jones insgesamt ein wenig an Humor und Schlagfertigkeit einbüßt, liegt daran, dass sich die Autoren nun eher der finsteren Seite ihrer Vergangenheit widmen, ihre Seele gar entblättern und etliche unangenehme Fragen beantworten - das macht diese Staffel weitaus schwermütiger, allerdings ist es interessant zu sehen, wohin die Reise geht. Und noch einmal dasselbe, weil es in Staffel 1 so gut funktioniert hat, hätte ja nun auch niemanden zufrieden gestellt. Deswegen sollten wir uns dennoch freuen: Jessica Jones zeigt zwar minimale Verschließerscheinungen, macht aber weiterhin einen guten Job, weswegen ich mich schon auf ihren dritten Fall freue.

Fazit: Die zweite Staffel erreicht nicht ganz das Niveau der ersten, zu unentschlossen und verworren entwickelt sich der im Kern sonst recht einfache Plot. Trotzdem ist Krysten Ritter als Anti-Heldin weiterhin ein Genuss und der Wink hin zum düsteren Krimi steht der Serie sehr gut.

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...