So richtig von den Socken gehauen hat mich Steven Soderberghs Filmografie bislang noch nicht. Manche seiner Werke waren ärgerliche Fehlschläge, der Rest schluderte irgendwie zwischen nett und ganz gut hin und her. Ich mochte "Logan Lucky" irgendwie, die "Ocean's"-Reihe hatte auch ihre Momente (mal abwarten, ob der neue, diesmal mit weiblichen Hauptfiguren ausgestattete Ableger im Sommer da mal einen draufsetzt)... aber es ist nichts dabei gewesen, was mich wirklich tangiert hat. Dass Soderbergh sich nun an einem kleinen Psycho-Thriller versuchte, klang jedoch mehr als interessant - ein ziemlich neuer Schritt für den einstigen Heist-Regisseur, warum dem also keine Chance geben? Ich saß also mal wieder direkt am Starttag im Kino...
UNSANE
Seit zwei Jahren wird die Büroangestellte Sawyer Valentini (Claire Foy) von einem Stalker belästigt. Obwohl sie mittlerweile in eine neue Stadt gezogen ist, glaubt sie David Strine (Joshua Leonard) noch immer überall zu sehen und geht daher zu einer Therapeutin. Als sie im Anschluss an die Sitzung einen Vertrag über weitere Gespräche unterschreibt, wird sie urplötzlich gegen ihren Willen in das Krankenhaus eingewiesen. Sawyer wehrt sich, stößt jedoch bei den Pflegern und auch bei der Polizei auf taube Ohren. Als sie schließlich auch noch ihren Stalker unter dem Personal zu erkennen glaubt, dreht sie vollkommen durch...
Eine ganz besondere inszenatorische Idee seitens Soderbergh war es, den gesamten Film ausschließlich mit einem IPhone zu drehen. Von der Bildqualität war er, trotz selbst benannter Probleme beim Dreh, dann so sehr überzeugt, dass er den Film auch gleich in die Kinos bringen wollte und nicht wie geplant direkt einen Stopp bei einem Streaming-Dienst zur breiten Veröffentlichung einlegte. Wenn man diese Fußnote nicht kennt, wird man sie während der Sichtung von "Unsane" allerdings auch nicht bemerken, denn die Qualität ist gleichbleibend gut und das Flimmern oder manch eine kleine Unschärfe könnte man angesichts der Thematik dann auch als gewolltes Stilmittel abhaken. Mit Hilfe dieses Wagnisses traute sich Soderbergh dann auch einige ziemlich unkonventionelle Aufnahmen zu, griff auf Rollstühle zurück, um die Erschütterungen zu vermeiden und vertraute auf lange Aufnahmen von Gesichtern. Das entwickelt tatsächlich einen gewissen Sog und hat einen ganz eigenen Stil, der frisch und unverbraucht ist.
Aber trotzdem, ein Film steht und fällt auch mit einer guten Geschichte und was das angeht ist Soderberghs Vita ja nun wahrlich keine unbefleckte. Aber hier hat er sich offenbar gefangen und einen ziemlich heftigen und spannenden Psycho-Thriller erschaffen, über den man womöglich auch noch lange nachdenken wird. In der ersten Hälfte macht Soderbergh noch ein trickreiches Rätsel daraus, ob sich Sawyer all diese Manirismen nur einbildet oder ob sie tatsächlich der Realität entsprechen. Ob das alles tatsächlich geschieht oder nur dem Wahnsinn der jungen Dame geschuldet ist. Und ob es diesen Stalker, von dem sie die ganze Zeit erzählt und dessen Existenz ihr nicht jeder abkaufen möchte, denn wirklich gibt.
Antworten auf diese Fragen gibt es dann, auch wenn sie nicht sofort laut ausgesprochen werden, schon recht früh und damit ändert sich dann auch der Ton des Films. Ohne zu viel verraten zu wollen, wird das Tempo schlagartig höher und es kommt auch zu einigen recht rabiaten Szenen inklusive eines adrenalintreibenden Showdowns. Zuvor hat Soderbergh glücklicherweise viel Zeit aufgewendet, um die Charaktere zu festigen, wobei sowohl die eingesperrten Patienten als auch das gar nicht so einseitige Personal des Krankenhauses schön geschrieben werden. Das Geheimnis, welches es zu lüften gilt, ist somit auch für den Zuschauer über längere Zeit eines und es macht Spaß, daran mitzurätseln.
In der Hauptrolle agiert Claire Foy dabei ebenfalls sehr überzeugend und gerät nicht in Gefahr, angesichts der Psycho-Thematik zu sehr zu überziehen... im Gegenteil, sie wirkt durchgehend glaubwürdig und für den Zuschauer sympathisch. Leider treten im weiteren Verlauf der Handlung doch einige Lücken auf, die den Showdown in seiner Kraft etwas trüben und einige Fragezeichen bleiben am Ende leider auch. Das führt dann dazu, dass "Unsane" nicht ganz rund in die Zielgeraden einläuft, zuvor hat man angesichts der Inszenierung und der ungemein spannenden, auf Effekthascherei verzichtenden Geschichte aber enorm unterhaltsame und teilweise auch ziemlich nervenzehrende anderthalb Stunden erlebt.
Fazit: Spannender, auf blödsinnige Effekthascherei verzichtender Psycho-Thriller, der ein interessantes Geheimnis aufbaut und sich nicht in Fallstricken verzettelt. Spannend und teilweise äußerst rabiat bis zum Schluss, auch wenn da manch eine kleine Plotlücke bleibt.
Note: 2-
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