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Marvel's The Punisher - Die erste Staffel

Der große Höhepunkt ist vorbei - was soll nun noch kommen? Qualitativ war auch nach dem ersten Heldentreffen in "The Defenders" noch Luft nach oben, dementsprechend war sicherlich jede Menge möglich. Während man nach den "Avengers" gleich dem Ursprungshelden Iron Man sein drittes Abenteuer spendierte, im Grunde also mit dem Gewohnten weitermachte, bekommt in der Serienlandschaft ein neuer Held seine eigene Serie. Gut, ganz neu ist er nicht, der Punisher, bekam er doch schon der zweiten Staffel von "Daredevil" seine eigene, stark geschriebene Storyline. Diese wird nun mit Frank Castle als Protagonisten fortgesetzt und markiert dabei einen erneuten, ganz neuen Stil im Marvel-Franchise...

THE PUNISHER - STAFFEL 1


Nachdem er seinen Tod vorgetäuscht hat, fristet Frank Castle (Jon Bernthal) ein Leben in Einsamkeit. Er arbeitet und bleibt dabei so weit wie möglich unter dem Radar, ist seiner Mission jedoch treu geblieben. Auf der Suche nach den Männern, die für den Tod seiner Familie verantwortlich sind, hinterlässt er Chaos und Blut, wo er nur hingeht. Hilfe erzwingt er sich schließlich bei dem Hacker David Lieberman (Eben Moss-Bachrach) alias "Micro", der ebenfalls seinen Tod vortäuschen musste. Um ihn gefügig zu machen, bringt Castle dessen Familie mit ins Spiel und erschleicht sich somit schrittweise den Weg zu den Mördern seiner Familie. Unterdessen untersucht auch die Homeland-Agentin Dinah Madani (Amber Rose Revah) den Fall und stößt dabei auf ebenso beunruhigende wie aufrüttelnde Erkenntnisse...

Im Grunde hat "The Punisher" mit dem Bruder im Geiste namens "Daredevil" nur zwei Sachen gemein - beide Serien haben bereits frühere Verfilmungen ihres Protagonisten vorzuweisen (damals spielte Ben Affleck den blinden Rächer und Thomas Jane die Rolle des Frank Castle in weniger beachteten Kinoabenteuern) und der Brutalitätsfaktor ist für eine solche Marvel-Produktion ungemein hoch. Bezüglich letzterem sticht der Punisher sogar die erste Staffel rund um Matt Murdock aus... und wer weiß, mit was für groben Szenen diese dreizehn Folgen bereits spielten, der ahnt, wie hart es hier zur Sache geht. 
Darüber hinaus brechen die Verantwortlichen aber mit den allseits bekannten Elementen - der Rachefeldzug von Frank Castle besticht besonders dadurch, dass er herrlich anders ist als alles, was das Studio seit "Iron Man" im Kino- und TV-Bereich so hervorgebracht hat. Selbst "Sieben Leben"-Star Rosario Dawson, welche ansonsten die Serien durch ihre Präsenz zusammenhielt und als durchgehender Faktor auffiel, fehlt hier vollständig, einzig Deborah Ann Woll sorgt als einziges bekanntes Gesicht dafür, dass sich auch Kenner der anderen Serien heimisch fühlen können. Jedoch war ansonsten keine der Serien so comic-untypisch wie der Punisher: Er hat keine Superkräfte, kein Kostüm, keine superteuren Gadgets oder auch nur annähernd irgendetwas, was ihn mit Batman, Spider-Man und Co. verbinden könnte. Im Grunde fällt es sogar schwer zu glauben, dass diese Serie auf einem Marvel-Comic basiert, denn man verzichtet sogar auf überhöhte Manirismen, hält Geschichte und Inszenierung realistisch und sorgt dafür, dass man sich eher in einem harten und weitestgehend humorlosen Thriller denn einer Comic-Serie zu befinden glaubt. 
Dieser hat in sich dann ihre Höhen und Tiefen und dass "The Punisher" bislang als mit Abstand beste aller Marvel-Serien gilt, will ich so nicht vollständig unterschreiben - inbesondere "Jessica Jones" läuft dem guten Frank Castle hier meiner bescheidenen Meinung nach doch in Sachen Tempo, Unterhaltung und Story-Finesse noch deutlich den Rang ab. Dies bedeutet aber natürlich mitnichten, dass diese Serie in irgendeiner Form schwächelt - sie ist nur eben einfach nicht ganz so gut, wie ich mir das zu Beginn und nach einer unglaublich intensiven, meisterhaften ersten Folge erwartet habe. Was danach kam, war durchaus gut, es hat mich aber zu selten wirklich gepackt. 
Es gab grandiose Charaktermomente, allerdings auch einiges an Leerlauf. Da waren phänomenale Actionszenen, allerdings wirkten nicht alle der im Laufe der dreizehn Folgen eingestreuten Subplots zum Ende hin wirklich rund zu Ende gedacht. Die Bösewichter sind hassenswert, innerhalb ihrer Funktionen aber dennoch nicht ausreichend gut charakterisiert - auf der Seite der "Guten", wenn man sie denn so nennen will, finden sich dafür wesentlich interessantere Grauzonen. "Baby Driver"-Star Jon Bernthal ist dabei der Star der Geschichte und wie sich der Schauspieler dabei physisch durch die blutige Story kämpft und immer wieder ans Äußerste geht, das hat schon eine beeindruckende Qualität. Bis hin zu einem nicht gerade nervenzerfetzenden, dafür aber inszenatorisch sehr intensiven Finale langweilt man sich definitiv nie und wird mit einigen herausragenden Momenten belohnt, die Geschichte tappt aber auch in manch ein Klischee, welches diese Serie, die sonst stets so wunderbar anders und unkonventionell war, auch hätte umgehen können.

Fazit: Jammern auf hohem Niveau - "The Punisher" ist spannend, bietet interessantere Charaktere, starke Action und eine gar nicht mal so dumme, comic-untypische Geschichte. Ein beinharter Thriller für Erwachsene, dem am Ende der letzte Schliff fehlt, innerhalb des Marvel-Universums aber angenehm heraussticht.

Note: 3+




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