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Marvels Daredevil - Die zweite Staffel

So richtig scharf war ich nicht auf die zweite Staffel von "Daredevil": Die erste Season enttäuschte mich und nach der ersten Staffel von "Jessica Jones" war ich im Grunde bereits besseres gewohnt - ich ahnte bereits, mich auf einen Qualitätsabstieg gefasst zu machen müssen. Umso überraschter war ich dann, als ich nach dreizehn Folgen am Ende der Staffel angekommen war und ungemein gut unterhalten wurde. Anscheinend hat sich Marvels Serienuniversum nicht nur im Bereich der anderen Helden, sondern auch beim blinden Rächer besser eingetrudelt, denn diese dreizehn Episoden sind beinahe ebenso gut wie die Abenteuer der toughen Privatdetektivin...

DAREDEVIL - STAFFEL 2


Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio) sitzt endlich hinter Gittern und Matt Murdock (Charlie Cox) sorgt als blinder Rächer "Daredevil" für Recht und Ordnung in Hell's Kitchen - die Stadt scheint einen Helden wie ihn zu brauchen. Doch dann erscheint ein neuer Mann auf der Bildfläche, der die Selbstjustiz sein Eigen nennt: Der "Punisher" (Jon Bernthal) macht dabei Jagd auf Verbrecher und geht wesentlich brutaler und kaltblütiger vor als der Teufel selbst... was beide schließlich zu Feinden macht. Während Matts Freund Foggy Nelson (Elden Henson) gemeinsam mit Karen Paige (Deborah Ann Woll) weiterhin mit den Problemen ihrer Anwaltskanzlei beschäftigt ist, taucht schließlich auch eine alte Weggefährtin Matts auf und die Yakuza erheben sich erneut aus den Schatten...

Vielleicht haben sie aus den Fehlern der ersten Season gelernt oder man hat sich glücklicherweise die Qualitäten von Jessica Jones, der zweiten Heldenfigur in Marvels Netflix-Serienkader, mal genauer angeschaut... so würde sich erklären lassen, warum die zweite Staffel von "Daredevil" so viel besser ist als die erste. Die erste Season litt an einer sehr gedehnten Erzählweise, an zu schwach gezeichneten Figuren und einer zwar tiefen, aber dennoch zu lasch vorangehenden Geschichte, die eher wie ein überlanger Prolog denn eine wirkliche Superhelden-Story wirkte. 
Den lästigen Ballast der Figureneinführung, der Heldenfindung und des Aufbauens einer Welt, die für den Zuschauer ebenso glaubhaft wie anziehend wirkt, konnte man nun natürlich über Bord werfen und es scheint, als könne die Serie dadurch erst wirklich atmen. Die Figuren wirken wesentlich glaubhafter, trotz des weiterhin sehr düsteren Stils traut man sich auch einige humorvollere Elemente zu und verknüpft die Handlungsstränge dabei stets sehr clever mit der ersten Staffel als auch mit den anderen Serien dieses Universums, ohne dass dies die eigentliche Geschichte behindern würde. Die Hinweise auf Jessica Jones oder manch ein Gastauftritt eines bekannten Gesichts wirken weniger wie ein Fanservice als viel mehr wie die Hinweise zu einem größeren Etwas, welches sich über all diese Geschichten legt - ich bin bereits gespannt, wie all dies in der ersten Staffel von "The Defenders" zusammenlaufen wird. 
Bis dahin sehen wir aber erst einmal ein klares Einzelabenteuer von Daredevil - wobei die Begriffe "ein" und "Einzelabenteuer" kaum stimmen, denn erstens jagt der blinde Rächer diesmal gleich mehrere Feinde und hat etliche Baustellen teils gleichzeitig anzugehen, was die Geschichte wesentlich flotter, wendungsreicher und komplexer werden lässt; und zweitens wird der Held auch von einigen Figuren begleitet, die Comicfans sicher kennen. Dazu zählen der "Punisher", der grandios und intensiv von "The Walking Dead"-Star Jon Bernthal verkörpert wird, sowie einige weitere neue und auch alte Figuren, die hier erneut aufs Schlachtfeld treten - wie genau dies vonstatten geht und welche Personen dabei noch auftreten, soll hier aber natürlich noch nicht genau verraten werden. 
Ansonsten kann man sagen, dass die Macher in Sachen Storytelling ordentlich einen drauflegen, ihre Geschichte weiterentwickeln und dennoch dem Stil des ganzen Universums treu bleiben - es ist eine in sich weitestgehend abgeschlossene Handlung, die dennoch zu einem großen Ganzen gehört und dadurch enorm an Fahrt gewinnt. Neben einem deutlichen Plus an hervorragend choreographierten Actionszenen, die auch durch die neuen Figuren und durch manch ein neues Gadget für die Hauptfigur an Stil und Finesse gewinnen, nimmt man sich dennoch viel Zeit für die Charakterisierung der Figuren abseits der Kriegsschauplätze. 
Auch hier hat man sich gesteigert, manch ein romantischer Subplot wirkt dennoch etwas steif und auch die Rückkehr einiger alter Bekannter hätte durchaus mit etwas mehr Hirnschmalz etabliert werden können. Das sind jedoch nur einige Tropfen auf dem heißen Stein, denn darüber hinaus weiß "Daredevil" diesmal über dreizehn Folgen hinweg sowohl auf dramatischer, auf spannender als auch auf heroischer Ebene zu fesseln, verknüpft interessante Handlungsstränge, wartet mit einem starken Finale auf und macht seine Charaktere endlich menschlicher und nahbarer. Das ist weit mehr, als man erwarten durfte... und dabei sogar nur einen Hauch schwächer als die bereits unglaublich unterhaltsamen und packenden Abenteuer in der ersten Staffel von "Jessica Jones".

Fazit: Die Geschichte wird wesentlich flotter, komplexer und spannender fortgeführt, traut sich unkonventionelle Wendungen ebenso zu wie tief gezeichnete Figuren. Dank einer starken Inszenierung, tollen Skripten und einer insgesamt wesentlich packenderen Handlung weiß diese Staffel von "Daredevil" endlich zu überzeugen... und das beinahe voll und ganz!

Note: 2-




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