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Sterben für Anfänger

Beerdigungen sind, genau wie Hochzeiten, stets ein Ort für Dramen. Wenn Familien und Freunde aufeinandertreffen, kommen alte Streitereien ans Licht... und das, obwohl man an diesem Tag eigentlich an einen geliebten Menschen gedenken sollte, der das Leben verlassen hat. Kein Wunder also, dass Beerdigungen gerade in Filmen gerne als Ausgangssituation für grobes Chaos herangezogen werden, denn selten lassen sich so viele illustre Charaktere an einem Ort versammeln wie während eines solchen Ereignisses. Auch die britische Komödie "Sterben für Anfänger" bedient sich dieses Kniffes, wobei alberne Übertreibung und feinsinniger Humor eng beieinanderstehen...

STERBEN FÜR ANFÄNGER


Daniel (Matthew Macfadyen) möchte eigentlich nur die Beerdigung seines Vaters hinter sich bringen, doch ahnt er noch nicht, dass dies der längste und anstrengendste Tag seines Lebens werden soll. Dass die Särge vertauscht werden, ist dabei nur der Anfang, denn als die Familie zusammenkommt, scheint jeder noch ein wenig mehr Drama mitzubringen. Der selbstbewusste Justin (Ewen Bremner) schmeißt sich an seine alte Flamme Martha (Daisy Donovan), die Nichte des Verstorbenen heran. Diese ist jedoch längst mit ihrem Freund Simon (Alan Tudyk) verlobt, der versehentlich ein Halluzinogen schluckt... eines, welches Marthas Bruder Troy (Kris Marshall) eigentlich an einen Kunden verkaufen sollte. Und damit fangen die Probleme erst an.

Britische Komödien stehen normalerweise für einen speziellen Humor, mit dem nicht jeder etwas anfangen kann. Oftmals beziehen diese sich auf ein Aufeinandertreffen von verschiedenen Figuren, wobei mehrere Dramen zusammengebracht werden... genau das tut auch "Sterben für Anfänger". Und mit der Einführung der Charaktere, die alle ihr eigenes Päckchen zu tragen haben und im weiteren Verlauf dieser anderthalb Stunden vor so manches Problem gestellt werden, geht das auch wirklich gut los. Alleine der erste "Gag", wenn Daniel den Sargträger fragen muss, wer denn der Mann ist, der da in seinem Wohnzimmer liegt, ist absolut herrlich - nuanciert, nicht überzogen und deswegen zum Umwerfen komisch. 
Auch im weiteren Verlauf landet der Film immer wieder Treffer, die besonders deswegen landen, da die Figuren, wenn auch aus dem Klischee stammend, so herrlich miteinander harmonieren. In kleinen Schritten schaukelt sich die Beerdigung, die mit der Zeit völlig aus den Fugen gerät, immer höher, bis es in ein reinstes Chaos ausartet - so weit, so bekannt. Da man sich aber dem typischen Hollywood-Klischee, in welchem alles irgendwann doch wieder in Schmalz enden muss, wobei sie sich alle freudig in den Armen liegen, umgangen wird, bleibt der Spaß über längere Zeit hoch... bis man es doch ein wenig übertreibt. Eine Geschichte rund um den schüchternen Simon, der statt einer Beruhigungstablette versehentlich ein Halluzinogen einnimmt, ist dabei doch arg albern geraten und steht den wesentlich flotteren Beziehunsgeschichten der einzelnen Charaktere auf enorm slapsticklastige Art im Weg. 
Da genau dieser Plot enorm viel Raum einnimmt und sich später sogar auf andere Figuren ausweitet, wird "Sterben für Anfänger" schließlich immer lauter, ungehemmter und wilder... und leider auch unlustiger. Regisseur Frank Oz, der unter anderem Yoda in den "Star Wars"-Filmen spielte, kann leider nicht gänzlich auf enorm albernen Humor verzichten, rutscht sogar in den Fäkalhumor ab, was den ansonsten so sympathisch geschriebenen Figuren nicht unbedingt gut tut. Kleine Dramen weiten sich in grausame Taten aus, was überzogen ist, im Rahmen einer Komödie funktioniert, aber auch ein gewisses Nervpotenzial ans Tageslicht bringt. 
Schade, dass man sich hier nicht allein auf die stark aufspielenden Darsteller verlassen hat, die alleine durch ihr urkomisches Zusammenspiel die besten Gags verbuchen (so zum Beispiel "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage, der in einem herrlichen Subplot das ganze Leben des Verstorbenen auf den Kopf stellt), sondern dies auch durch Furz- und Drogenwitzchen "aufwerten" muss. So entsteht nämlich der Eindruck einer wesentlich mainstreamigeren, lauteren, zweiten Hälfte, die sicherlich auch noch ihre Momente hat, wenn einige Charaktere dem Schrecken ins Gesicht sehen müssen... aber eben auch einer, die mit dem wesentlich griffigeren und witzigeren Einstieg nicht mithalten kann. Das klingt nun allgemein etwas enttäuschter als ich eigentlich bin, denn meinen Spaß habe ich mit dem Film durchaus gehabt. Man hätte nur noch mehr daraus machen können, hätte man sich nicht so ungemein wild herausgezogen.

Fazit: Der Film baut, da man im weiteren Verlauf immer obskurer und durchgeknallter werden will, leider ab. Zuvor und auch später hat er jedoch durchaus seine Momente und lebt zudem von einer wunderbar miteinander harmonierenden, britischen Besetzung.

Note: 3




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