Direkt zum Hauptbereich

Die Frau in Gold (2015)

Während des Dritten Reichs entwendeten die Nazis überall auf der Welt Kunstwerke - bis heute sind viele von ihnen nicht in den rechtmäßigen Besitz zurückgekehrt. Dies war nur einer der vielen, grausamen Schritte, in denen Adolf Hitler versuchte, nicht nur die Menschen, sondern auch deren Kultur zu zerstören... und man kann nicht sagen, dass es ihm bis heute nicht gelungen sei, wo doch noch immer einzelne Kläger vor Gericht darum streiten, wem nun was gehört. Eine dieser Einzelgeschichten wurde 2015 auch fürs Kino aufgelegt. In "Die Frau in Gold" spielt Helen Mirren Maria Altmann, die darauf pocht, ein Gemälde zurück in den Besitz ihrer Familie zu bringen...

DIE FRAU IN GOLD


Nach dem Tod ihrer Schwester erhält die in Kalifornien lebende und während des Dritten Reichs aus Österreich geflohene Jüdin Maria Altmann (Helen Mirren) mehrere alte Briefe in dem Nachlass. Darin ist auch von einem Gemälde ihrer gemeinsamen Tante Adele Bloch-Bauer die Rede - die "Frau in Gold", die damals von den Nazis aus dem Besitz der Familie entwendet wurde und bis heute in einem Museum in Wien ausgestellt wird. Maria verlangt, dass das Kunststück in den Besitz ihrer Familie zurückgegeben wird, wo es rechtmäßig hingehört und holt sich daher den jungen Anwalt Randol Schoenberg (Ryan Reynolds), einen Freund der Familie, an ihrer Seite. Gemeinsam wollen sie nach Wien reisen und schier Unmögliches verlangen... gehört die "Frau in Gold" doch mittlerweile zu einem von Wiens höchsten künstlerischen Gütern.

Als "die Mona Lisa Wiens" wird das Gemälde geschrieben, um welches es sich hier 100 Minuten lang dreht und man kann das Land Österreich zumindest insoweit verstehen, dass sie eines ihrer edelsten Güter, welches markant für die Stadt steht, nicht einfach hergeben wollen. Regisseur Simon Curtis musste sich ohnehin einiges einfallen lassen und die Geschichte gerade auch im Hinblick auf eine Erweiterung des Publikums straffen und einige Dinge abändern, was sicherlich manch einem sauer aufstoßen wird. So wird gerade die in der Realität wesentlich bedeutendere Funktion des Publizisten Hubertus Czernin (gespielt vom deutschen Daniel Brühl, der hier erneut eine starke Performance auf internationalem Terrain darbietet) verringert - viele seiner Taten werden hier Ryan Reynolds Anwalt gutgeschrieben und auch bezüglich der Vorgeschichte Maria Altmanns, die in bewegenden Rückblenden dokumentiert wird, gibt es einige Lücken. 
Wer sich mit der wahren Historie aber nicht auskennt oder sich erst nach dem Film über diese informiert, der wird spannende und durchaus unterhaltsame 100 Minuten erleben. Simon Curtis inszeniert ein wenig nach Handbuch und kann sich auch nicht jedem Klischee verweigern, dennoch trifft er damit immer wieder gekonnt ins Schwarze. Mit hohem Tempo, teils süffisant-amüsanten Dialogen und einem guten Gefühl fürs Pacing kommt er hier passend über die Runden, stellt Drama und leisen Humor nebeneinander und erreicht dabei Taktgefühl. Obwohl er sich einige Freiheiten nimmt (dies an einigen Stellen zur besseren Verständlichkeit auch musste), beschmutzt er das Andenken von Altmann und Schoenberg nicht und gibt ihnen ein passendes Plädoyer. 
Beide können sich zudem glücklich schätzen, von zwei Darstellern verkörpert zu werden, die wie die Faust aufs Auge passen und zudem auch prächtig miteinander harmonieren. Sicher, Helen Mirren spielt sich hier nicht erneut in Oscar-Laune, aber ihr zuzusehen ist ohnehin immer ein Genuss und wenn sie Mr. Reynolds kratzbürstig zusammengefaltet, grinst man sich schon ins Fäustchen. Der agiert hier dann über weite Strecken eher zurückhaltend, beinahe gehemmt, hat später aber auch seine besonderen Momente. 
Und da ein Großteil der Geschichte nicht nur um die Wiener Historie kreist, sondern auch in der österreichischen Stadt spielt, bekommen wir auch das ein oder andere bekannte Gesicht aus unseren Landen zu sehen, da Curtis sich bemühte, die Personen auch nach der Nationalität zu casten. Den Löwenanteil stemmt natürlich Daniel Brühl, der sich zuvor durch seinen Auftritt im Sportler-Drama "Rush" internationale Sporen verdiente und dadurch mehrheitlich Bekanntheit erlangte. In weiteren Rollen sind zudem Antje Traue, Tom Schilling und der mehrheitlich durch deutsche Komödien bekannte Justus von Dohnanyi zu sehen... und dessen Auftritt fällt dann gar nicht mal so klein aus, wobei er sich in seiner zweiten Hollywood-Rolle nach "Monuments Men" wirklich gut schlägt.

Fazit: Dass man die wahre Geschichte immer wieder straffen und sogar verändern musste, wird nicht jedem passen. Trotzdem kann man sich an dem herrlichen Zusammenspiel von Mirren und Reynolds kaum sattsehen und bekommt auch noch einige herzerwärmende Momente in einer etwas vorhersehbaren, aber dennoch aufbauenden Geschichte geboten.

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...