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Kap der Angst

Im Jahr 2007 gewann Martin Scorsese endlich seinen ersten Regie-Oscar für den herausragenden Gangster-Thriller "Departed - Unter Feinden"... zu spät, wie viele Filmfans meinten. Und außerdem auch nicht ganz zurecht, ist der Film doch in Fankreisen umstritten und gerade dass ein Meister wie Scorsese, der etliche Klassiker zu verantworten hatte, nun ausgerechnet mit einem Remake (also nicht mit einer eigenen Idee) den Oscar abräumt, stieß vielen sauer auf. Doch tatsächlich war "Departed" nicht die erste Neuverfilmung in seiner Karriere: 1991 brachte er den Psycho-Thriller "Kap der Angst" heraus, der als einer der Klassiker des Genres gilt... und auch der beruht bereits auf einem Original aus dem Jahr 1962.

KAP DER ANGST


Nach vierzehn Jahren kommt der Sexualstraftäter Max Cady (Robert De Niro) wieder auf freien Fuß. Dort nimmt er Kontakt zu seinem ehemaligen Strafverteidiger Sam Bowden (Nick Nolte) auf - ihm gibt er die Schuld an seiner langen Haftstrafe, da er meint, Bowden hätte manch einen Formfehler begangen. Sein ehemaliger Anwalt besteht jedoch darauf, dass er Cady sogar einen Gefallen getan und dieser gar lebenslänglich hinter Gittern hätte wandern können... Argumente, die Cady nicht kümmern. Er beschließt, sich an Bowden und seiner Familie zu rächen und beginnt ein perfides, ausgeklügeltes Komplott, um ihren Willen zu brechen.

Eigentlich ist es ein eher untypischer Film für Regie-Virtuose Martin Scorsese, der sich ja sonst weitestgehend dem Gangster-Milieu verschrieben hatte... und dadurch einige Klassiker erschuf, die für ewig einen wertvollen Platz in der Filmgeschichte haben werden. Straftäter und gewissermaßen Gangster gibt es zwar auch in "Kap der Angst", aber diesmal geht es nicht um die Mafia, nicht um den Kampf gegen die korrupte Polizei oder um Maulwürfe und Geschäfte. Diesmal ist es ein reinrassiger Psycho-Thriller, der bisweilen sogar Anleihen beim Horrorfilm nimmt. Und das fühlt sich über 128 Minuten manchmal gar ein wenig seltsam an, einfach, weil man so etwas von Scorsese nicht gewohnt ist, weil man vielleicht etwas anderes erwartet hat.
Ein guter Film ist es dennoch, auch wenn ich die jubelnden Kritiker nicht vollkommen unterstützen will, denn einige Sachen haben mich nachhaltig gestört. So zum Beispiel ein überlanges und klischeebelastetes Finale, wenn Pistolen ihren Besitzer wechseln und Faustkämpfe ausgetragen werden, wobei der psychopathisch-dramatische Unterton der zuvor langsam und atmosphärisch anlaufenden Geschichte untergeht. Generell verschreibt sich Scorsese manch einem Klischee des Genres etwas zu harsch, lässt seinen Max Cady eher wie einen unsterblichen Michael Myers aus dem "Halloween"-Franchise wie einen durchgeknallten und dennoch intelligenten Psychopathen dastehen. Hier verliert "Kap der Angst" gerade im späteren Verlauf enorm an Glaubwürdigkeit und da die Handlung, die manch ein Loch aufweist und es sich mit einigen Nebenhandlungen zu einfach macht, dies nicht immer kompensieren kann, wird man nicht durchgehend gepackt.
Wesentlich spannender als die Jagd nach einem stets überlegenen Gegner ist dabei das psychische Duell, welches die Charaktere austragen. "Gangster Squad"-Star Nick Nolte gibt dabei den Gegenpart und somit eigentlich den Sympathisanten, der gegen das Böse ins Feld zieht... interessanterweise besitzt sein Sam Bowden aber beinahe ebenso viele Fehler wie sein Gegenspieler und muss sich zurecht bei seiner Familie rechtfertigen. Hier geht Scorsese über den reinen Psycho-Thriller hinaus und entwirft ein spannendes Bild einer nur äußerlich perfekten, innerlich aber zerrütteten Familie. Am klarsten wird dieses durch die pubertäre Tochter, die eine besondere Beziehung zu Cady eingeht: Juliette Lewis und Robert De Niro haben einige ungemein intensive Szenen, wurden dafür beide für einen Oscar nominiert, reißen in ihren gemeinsamen Momenten den ganzen Film an sich.
Diese Momente sind es dann auch, die den Film im Grunde besser machen würden als die Genre-Konkurrenz, leider schafft Scorsese aber auch den Spagatsprung nicht vollständig. Zu oft rutscht er in ausgelutschte Muster des typischen Horrorfilms ab und nimmt den darüber hinaus so gut geschriebenen Charakteren viel von ihrer Intensität, wenn manche als schluderige Opfer, andere als unkaputtbare Helden und Bösewichte herhalten müssen. Irgendetwas stimmte in dieser Mischung nicht, weswegen ich zwei Stunden lang gut unterhalten wurde, aber mich auch das Gefühl nicht losließ, dass das anders irgendwie besser funktioniert hätte.

Fazit: Virtuos inszenierter Thriller, weitestgehend gut bis phänomenal gespielt und mit einigen herrlich intensiven Szenen. Leider rutscht Scorsese bisweilen in einige tumbe, überzeichnete Genre-Klischees und untergräbt so die eigentlich charakteristisch tief angehauchte Familiengeschichte.

Note: 3+





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