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Corona-Opfer wird zum Streaming-Aushängeschild: Filmkritik zu "Greyhound - Schlacht im Atlantik"

Während des Zweiten Weltkrieges hat Commander Ernest Krause (Tom Hanks) das Kommando über den Navy-Zerstörer "Greyhound", welcher einen großen Konvoi über den Atlantik führen und die mit wichtigen Lebensmitteln beladenen Schiffe vor deutschen U-Booten beschützen soll. Krause, der mit seiner ersten Überfahrt die Chance wittert, sich einen Namen im Krieg zu machen, wird schon während dieser ersten Überfahrt mit vielen Gefahren konfrontiert, als deutsche U-Boote ihre Wege kreuzen. Die gesamte Besatzung der "Greyhound" muss an einem Strang ziehen, um lebend aus dieser Sache herauszukommen und den Atlantik letztendlich überqueren zu können... und Krause muss versuchen, das Kommando so zu halten, dass möglichst niemand im Feuergefecht zu Schaden kommt.

Eigentlich hätte der prominent besetzte Kriegs-Thriller "Greyhound" im Mai 2020 in die Kinos kommen und dort möglichst viel Geld einspielen sollen - doch wie wir alle wissen, war die Welt zu diesem Zeitpunkt eine gänzlich andere geworden. Als eines von vielen großen, filmischen Opfern erwies sich das Werk von von Regisseur Aaron Schneider, der letztendlich zum Streamingdienst Apple TV+ abgeschoben wurde, nachdem dieser knackige 70 Millionen Dollar für die Verwertungsrechte angeboten hatte. Bis heute kann der Streamingdienst, der nur wenige, dafür aber stets prestigeträchtige Originals bietet, nicht mit dem enormen Portfolio der Konkurrenz rund um Netflix und Disney mithalten, was sich sobald wohl auch nicht ändern wird. Doch mit diesem Film bewiesen sie, dass die wenigen Blockbuster, die sie bereithalten, auch einen Qualitätsstandard haben werden... auch wenn "Greyhound" letztendlich nur eingekauft und nicht direkt von Apple produziert wurde.
Als perfekt durchgetakteter und realistischer Kriegsfilm macht "Greyhound" nämlich alles richtig und fängt besonders die beengte Atmosphäre an Bord eines Kriegsschiffes bemerkenswert gut ein. Durch ein starkes Setting und eine freie Kamera, die dem Publikum nur selten mehr als das präsentiert, was die armen Soldaten an Bord wissen, entsteht ein "Mittendrin"-Gefühl, wie es nur wenige Filme können. Wir scheinen uns an Seite der jungen Männer zu befinden, während Wellen auf den großen Kahn einschlagen, das Sonar blinkt und Befehle gebrüllt oder auch nur leise ausgesprochen werden. Niemals hektisch, aber mit zwangsläufig hohem Tempo braust die Geschichte voran und interessiert sich dabei weder für Charakterzeichnungen oder überraschende Abzweigungen - stattdessen steht die Bebilderung einer knallharten, oft auch durch taktische Überlegungen durchzeichnete Schlacht im Mittelpunkt. Und das funktioniert dank der starken Inszenierung und der durchweg gut aufgelegten Besetzung ziemlich gut. 
Tom Hanks beherrscht das Treiben mit der von ihm gewohnten Kraft - die kurzen Dialogfetzen, die er dabei mit den ihm unterstellten Soldaten austauscht, zehren von einem feinen Gespür für Realismus, wobei sich Befehle mit Namensverwechslern und den Bitten um warme Kleidung abwechseln. Doch auch er kann nicht verhindern, dass "Greyhound" mit der Zeit an Faszination einbüßt. Obwohl der Film beim beginnenden Rollen des Abspanns gerade einmal 82 Minuten alt ist, verliert sich die Spannung aufgrund einer fehlenden Handlung und alsbald hat man sich auch an den krachend inszenierten Seeschlachten abgesehen. Die Atmosphäre bleibt dicht, doch viel mehr kommt danach nicht, was aber auch offensichtlich nicht das Ziel des Films war. "Greyhound" will nicht mehr sein als ein Eintauchen in eine Welt, die wir so hoffentlich nicht mehr erleben müssen... und das ist etwas, was zu Beginn noch wahnsinnig packend und später zwangsläufig wie eine Gewohnheit wirkt. Rein inszenatorisch also ein echtes Brett, doch wer mit Kriegsfilmen sowieso dann schon hadert, wenn sie richtige Figuren und Geschichten mitbringen, dürfte sich hier nicht wirklich abgeholt fühlen.

Fazit: Inszenatorisch dicht und mit einer harten Spur von Realismus sowie einem bockstarken Tom Hanks weiß "Greyhound" vor allem in der ersten Hälfte zu packen, bevor die typischen Muster des Genres doch etwas zu repetitiv werden.

Note: 3



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