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Klischees im Kampf gegen Klischees: Filmkritik zu "Mona Lisas Lächeln"

Im Jahr 1953 beginnt die junge Kunstgeschichtslehrerin Katherine Watson (Julia Roberts) am angesehenen Mädchen-Elite-College Wellesley zu unterrichten. Zu einer Zeit, als Emanzipation noch ein Fremdwort war, leisten die dortigen Schülerinnen zwar Großes und könnten sich für die Zukunft allerlei berufliche Türen öffnen, wollen letztendlich aber doch nur auf das Ziel hinaus, einen netten Ehemann zu finden, Kinder zu bekommen und Hausfrauen zu werden. Katherine möchte gegen dieses ihrer Ansicht nach veraltete Frauenbild rebellieren und den Schülerinnen neue Möglichkeiten vor Augen führen, wobei sie sich sowohl in der Klasse als auch im Kollegium nicht nur Freunde macht. Es ist letztendlich die clevere Schülerin Giselle (Maggie Gyllenhaal), die Katherines Ansichten nur zu gerne annimmt... während die zickige Betty (Kirsten Dunst) sich gar gegen die neue Lehrerin auflehnt und dabei ihre Beziehungen spielen lässt.

Fans des großartigen Dramas "Der Club der toten Dichter" werden hier schon früh eine feministische Version des Klassikers sehen - hüben wie drüben sehen wir eine Lehrkraft, die ihrer Klasse die Augen zu öffnen versucht und dabei gegen ein verstaubtes System rebelliert. Das hat auch in dieser Form durchaus Zugkraft und der hauptsächliche Konflikt, der daraus besteht, diesen vom altmodischen Frauenbild vollkommen abhängigen Mädchen zumindest einen Fingerzeig zu bieten, weiß zu gefallen. Auf angenehm-progressive Art wird dabei nicht nur das (aus heutiger Sicht völlig unverständliche und bisweilen amüsante bis traurige) Frauenbild auseinandergenommen, sondern mit Katherine Watson auch eine starke Frauenfigur erschaffen, die allerdings keine Heilige ist. Es tut dem Film gut, dass auch Watson selbst ihre eigenen Probleme hat, hin und wieder Fehler zugeben muss und die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen hat, was alle anderen Charaktere deutlich niederer gestellt hätte. Stattdessen lernt auch die Lehrerin noch etwas fürs Leben und muss sogar verstehen, dass einige ihrer Schülerinnen diesem altmodischen Frauenbild nicht nur nacheifern, weil es von ihnen erwartet wird, sondern weil sie es tatsächlich wollen.
Das ist zwar ein schmaler Grat und man kann durchaus verstehen, dass ein Film wie dieser heutzutage so nicht mehr durchgewunken werden würde - Frauen in Hauptrollen, deren größte Angst darin besteht, ihren kecken Mann zu verlieren und nicht mehr tagein, tagaus in der Küche stehen zu können, sind heute als Filmfiguren verständlicherweise nicht mehr allzu beliebt. "Mona Lisas Lächeln" findet jedoch ein feines Ensemble aus Charakteren, die oberflächlichen Klischees nicht immer entrinnen können, aber dennoch alle ihre ganz eigenen Ansichten haben. So mag man anfangs noch mokieren, dass es mit den typischen Schul-Archetypen der Streberin, der Zicke und der nachdenklichen Single-Frau ein wenig übertrieben wird - sobald die zentralen Konflikte allerdings Feuer fangen, entlädt sich auch aus diesen durchaus viel Energie. Ein wenig mehr Schwung in der Inszenierung hätte dem Film allerdings gut getan, denn "Deine Juliet"-Regisseur Mike Newell hat sich für eine etwas biedere, teils zu rührselige Handschrift entschieden. Dabei fallen auch einige arg vorhersehbare, schematische Story-Abschnitte an und auf die kitschige Romanze mit dem schnieken Lehrer hätte man ebenfalls verzichten können. Obwohl zwei Stunden Laufzeit also ein wenig zu lang sind und nicht alle Konflikte ihren wirklichen Verve zeitgeistgemäß entfalten können, ist der Unterhaltungsfaktor groß... auch wenn hier und da zu arg nach Klischees gehechelt wird, die man bei solch einer Geschichte vermeiden sollte.
Julia Roberts ist dabei vielleicht nicht die ideale, aber dennoch eine gute Besetzung für die Rolle der progressiven Kunstlehrerin - die Szenen im Hörsaal, in welchem sie sich erst von der Klasse vorführen lässt, um den Spieß dann charmant umzudrehen, beherrscht der "Notting Hill"-Star mit einer soliden Performance nach Belieben. Es gibt allerdings eine Schauspielerin, die der eigentlichen Hauptdarstellerin hier mit einer spannenderen und intensiveren Darstellung deutlich den Rang abläuft. Entgegen den Erwartungen ist das weder Kirsten Dunst noch Julia Stiles (beide agieren innerhalb der eng geschnürten Kreise ihrer Rollen soweit gut), sondern Maggie Gyllenhaal. Als sexuell experimentierfreudige, junge Frau frisst sie der neuen Lehrerin erstmal aus der Hand, hat darüber hinaus aber auch noch andere Meinungen. Gyllenhaal's Giselle Levy ist weltoffen, nimmt die Hand nicht vor den Mund, weiß aber auch wann sie sich zurücknehmen muss - dabei entstehen zwischen ihr und ihren Kolleginnen einige sehr feine Wortgefechte und die Schauspielerin darf dabei ein breites Portfolio ihres darstellerischen Könnens abfragen. In einer etwas schrägen, so nicht unbedingt nötigen Nebenrolle agiert zudem "Into the Wild"-Star Marcia Gay Harden, die so dermaßen gestelzt einen überdeutlichen Frauentyp der 50er verkörpert, dass man unsicher sein darf, ob es sich dabei um eine Provokation oder gar schon eine eigene Parodie handelt - möglich wäre sogar beides auf einmal, wobei dann das humoristische Feingefühl leider fehlt.

Fazit: Dank eines gut aufspielenden Casts, aus welchem Maggie Gyllenhaal stark heraussticht, weiß diese angenehm-progressive Variante von "Der Club der toten Dichter" zu überzeugen. Ohne große Überraschungen, aber mit amüsanten Details und einigen schönen Dialogen ein kurzweiliger Film, dem seine etwas zu lauen Klischees gerade angesichts des Themas immer wieder ein Bein stellen.

Note: 3+



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