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Im Schatten der Vorbilder: Filmkritik zu "Billionaire Boys Club" (2018)

Beverly Hills in den 80er Jahren: Joe Hunt (Ansel Elgort) ist zwar mit einer hohen Intelligenz gesegnet, konnte beruflich bislang jedoch noch nicht wirklich Fuß fassen. Dies ändert sich, als er zufällig seinen ehemaligen Highschool-Kollegen Dean Karny (Taron Egerton) wiedertrifft - dieser überredet Joe, in ein Investitionsgeschäft als Partner einzusteigen und dabei, auch dank Joes Kenntnissen diverser Märkte, viel Geld zu verdienen. Nach einem holprigen Start, bei dem die beiden sich nur anhand einiger Lügen noch aus einem Schlamassel herauslavieren können, fallen sie sogar dem großspurig auftretenden Geschäftsmann Ron Levin (Kevin Spacey) auf, der sich entschließt, in die Ideen der beiden jungen Männer soweit zu investieren, dass sie gar eine eigene Firma hochziehen kann. Die Moneten fließen, der Champagner ebenfalls... doch schon bald droht für Joe und Dean auch wieder der Fall, der sie weit mehr als nur das schwerverdiente Geld kosten könnte.

"Billionaire Boys Club" war ein harter Flop, obwohl bis rund ein halbes Jahr vor dem Kinostart nichts danach aussah. Nachdem Ende des Jahres 2017 jedoch etliche Vorwürfe gegen Kevin Spacey, der in dem eigentlich sogar für die Award-Season aufgestellten Film eine der Hauptrollen spielt, ans Licht gekommen waren, schien es unmöglich, diesen noch genauso erfolgreich aufzustellen. Stattdessen wurde der Film unrühmlich an ein Streamingangebot verscherbelt und zeitgleich in die Kinos gebracht, wo er am Starttag ein desaströses, gerade einmal dreistelliges Ergebnis einbrachte. Aufgrund von Spaceys Dillemmata ging dieses Werk, welches ansonsten vielleicht wirklich die Chance auf einen mehr als soliden, finanziellen Erfolg gehabt hätte, mit Ach und Krach unter. Es ist schwer auszumalen, ob vielleicht mehr drin gewesen wäre, wenn man den Film nicht gleich in die Tonne gehauen, sondern einfach an dem generellen Plan festgehalten hätte - allerdings galt Spacey zu dieser Zeit verständlicherweise als pures Kassengift, weswegen man wohl nicht noch weitere Risiken eingehen wollte. Was von "Billionaire Boys Club" letztendlich aber qualitativ übrigbleibt, ist ein Film, der sich deutlich an großen Vorbildern wie "The Social Network" oder "The Wolf of Wall Street" anbiedert, dabei aber höchstens einen Platz in deren Schatten einnehmen kann.
Das liegt vordergründig an den wahnsinnig schwammig geschriebenen Charakteren, die eher wie leere Hüllen denn wirkliche Menschen durch den Plot stolzieren. So tritt schon nach fünf Minuten die erste Verwirrung bezüglich des Charakters Dean auf, denn warum der so hinterher ist, seinen alten Kumpel Joe mit in seine Geschäfte zu holen, obwohl dieser zu Beginn auch gleich scheitert, wird nicht so richtig klar - Dean scheint solcherlei Risiken gar nicht nötig zu haben, wenn man den dicken Briefumschlag voller Dollarnoten betrachtet, den er aus einem kurzen Gespräch mitnimmt. Die Beziehung der beiden alten Freunde funktioniert somit auf einer reinen Behauptungsebene und damit hören die Fehler noch nicht auf. Die Methoden, mit denen Dean und Joe später neue Mitarbeiter und Kunden an Land ziehen, sind in höchstem Maße undurchsichtig, weswegen ein Verständnis des Publikums schwerfällt. Auch richtig sympathisch wirken die beiden nicht... und erst recht nicht, wenn sie später den üblichen Niedergang eines rasant aufgestiegenen Multimillionärs hinnehmen müssen. Etwas mehr Zeit erhält dafür die Beziehung, die zwischen Joe und der Künstlerin Sydney aufkeimt, doch auch hier nehmen die Autoren aufgrund abgeschmackter Wendungen und Konflikte immer wieder den Wind aus den zuvor aufgezogenen Segeln.
Auch der Inszenierung von Regisseur James Cox fehlt es an einschneidenden Ideen, obwohl die reichlich kruden Situationen, in welche die Protagonisten in der zweiten Hälfte des Films hineinstolpern, wie gemacht wären für ein paar richtig originelle Momente. Immerhin ist der Look, der die 80er diesmal nicht ganz so schillernd und überzeichnet wiederbelebt, sehr annehmbar geworden und auch das Tempo bleibt dank des flotten Schnitts durchweg hoch. Und wem das nicht reicht, der dürfte sich spätestens an den durchweg ausgezeichneten Leistungen des Casts sattsehen können. Man mag über Spaceys Taten hinter der Kamera sicherlich denken, was man will, aber vor der Kamera ist er stets ein echter Haudrauf gewesen - der "House of Cards"-Star reißt dabei jede Szene mit solch einer Extravaganz an sich, dass es eine wahre Freude ist. Dabei zeigt er sogar seinem "Baby Driver"-Co-Star Ansel Elgort die lange Nase, der rollentypisch etwas blasser bleibt. Für ein paar knackige Momente sorgt zudem Taron Egerton, einer der wichtigsten Nachwuchsstars in Hollywood, der als aufgeregter Dean für Humor, aber auch für emotionale Eckpfeiler sorgt. Als einzig erinnerunsgwürdige Frauenfigur im Ensemble stiehlt sich auch Emma Roberts gut heraus, obwohl die seltsame Inszenierung sie bisweilen in seltsame Szenen hineinwirft - so zum Beispiel in ein laszives Weihnachtsbaumschmücken in Hotpants, was ziemlich weird und fehl am Platze wirkt.

Fazit: Der kollossale Flop, der einen kräftigen Punkt an das (momentane) Karriereende von Kevin Spacey setzte, will viel, bleibt dabei aber immer wieder hinter seinen Möglichkeiten zurück. Das liegt vor allem an den schwach geschriebenen Figuren, die dafür aber durchweg von spielfreudigen Stars innerhalb einer eher müden Inszenierung dargestellt werden.

Note: 3-



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