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Definitiv nicht der beste Monsterfilm: Filmkritik zu "The Host"

Im Jahr 2006 entdecken überraschte Passanten an der Flusspromenade in Seoul eine merkwürdige Kreatur, die erst unter einer Brücke hängt und anschließend durchs Wasser schwimmt. Kurz darauf greift das Tier die Menschen an Land an - mehrere Todesopfer sind zu beklagen, unter denen sich scheinbar auch das junge Mädchen Hyun-seo (Ko Ah-sung) befindet. Ihr Vater Kang-doo (Song Kang-ho), der den Angriff des Monsters knapp überlebte, erhält kurz darauf einen Anruf seiner Tochter - diese behauptet, dass die Kreatur sie in die Kanalisation verschleppt hätte. Da die Polizei das Überleben des Mädchens nicht wahrhaben will, macht sich der Vater gemeinsam mit dem Rest seiner Familie auf, seine Tochter zu retten... und bringt dabei auch den Staat gegen sich auf, die in ihm, aufgrund seiner Begegnung mit dem Tier, eine Gefahr sehen.

Im Jahr 2006 mauserte sich "The Host" in Südkorea nicht nur zu einem absoluten Überraschungserfolg, mit dem so kaum jemand gerechnet hatte... sondern wuchs auch zum besucherstärksten Film des Landes heran. Auch die Kritiker zeigten sich begeistert und sprachen vom besten Monsterfilm seit Jahren, wobei vor allem der krude Genre-Mix aus Komödie, Familiendrama und horrorartigem Creature-Feature Anklang fand. Für uns widerspricht dies natürlich den üblichen Sehgewohnheiten - "The Host" ist ebenso wenig der amerikanische "Godzilla" oder ein neuer "King Kong" wie der neue "Fast & Furious"-Streifen der nächste Oscarrenner sein wird. Die Regieentscheidungen unterscheiden sich gründlich von dem, was wir vom US-Kino gewohnt sind und auch rein dramaturgisch liegen dazwischen Welten, was an und für sich nichts Schlechtes sein muss. Der seltsame Mix, der bewegende Szenen und Slapstick-Momente ganz nah beieinander rücken lässt und der zugleich angsteinflößend als auch wahnsinnig lächerlich ist, hat zumindest seine Momente, die sehr kreativ wirken.
Kreativ ist beispielsweise das Design des Monsters, welches schon früh in seiner ganzen Pracht gezeigt wird. Allerdings lässt sich auch nicht leugnen, dass die Spezialeffekte nicht nur die letzten Jahre nicht sonderlich gut überstanden haben... sondern dass auch unübersehbar ist, dass diese nicht mit einem Budget erstellt wurden, die dem eines großen Hollywood-Blockbusters entspricht. Das ist an sich auch nicht wild, untermauert einen gewissen Trash-Faktor jedoch unfreiwillig. Rein atmosphärisch hat Regisseur Bong Joon-ho, der Jahre später mit seinem Meisterwerk "Parasite" sogar Oscargeschichte schreiben sollte, die Inszenierung seines monströsen Antagonisten aber gut im Griff. Besonders dessen erster Lauf über die Promenade, welcher das illustre Treiben am Wasser schlagartig unterbricht, bringt eine extrem schneidende Atmosphäre mit sich. Als Monsterfilm hat "The Host" prinzipiell zu weniger solcher Momente zu bieten, sondern verliert sich stattdessen in recht plumper US-Kritik und reichlich schalem, wenn auch überraschend sentimental vorgetragenem Familiendrama. Diese Genre-Hopserei ist zwar nicht ohne Reiz und sorgt auch für Überraschungen, plustert den Film aber auch soweit auf, dass er mit seinen zwei Stunden deutlich zu lange dauert und immer wieder extrem an Schwung verliert.
Auch mit den Figuren wurde ich niemals warm. Es mag daran liegen, dass sie allesamt so hart an der Grenze zum Slapstick geschrieben wurden, obwohl ihre rein menschlichen Konflikte durchaus greifbar sind. Die teils extrem zähe Dramaturgie, die mich nie hat wissen lassen, ob ich die Nummer nun sehr ernst nehmen oder mich doch darüber kaputtlachen soll, hat mich erst verwirrt und schließlich ziemlich weit von diesem Film weggeschoben. Das lässt sich eigentlich auch nicht nur durch die Sehgewohnheiten erklären: Immerhin hat mir Joon-ho's Parasite vor drei Jahren ausnehmend gut gefallen und auch dieser wartete bereits mit einer sehr eigensinnigen Dramaturgie und einer Inszenierung auf, die man sich so von einem US-Film nur schwer vorstellen konnte. Vielleicht hat mir der Mix also einfach nicht zugesagt: Für einen Monsterfilm ist "The Host" mit seinen teils absurden Wendungen und seiner mauen Blutarmut schlichtweg zu trashig, während er als Komödie zu gefühlsduselig und als Drama zu schräg daherkommt. Das sind alles Attribute, die durchaus so zusammen funktionieren können, doch hier tun sie es nicht - dafür ist das Drehbuch dann doch zu plump und viel zu oft nur auf den nächsten Lacher aus.

Fazit: "The Host" ist nicht nur visuell schlecht gealtert, sondern verliert in seinem kruden Mix aus Monsterfilm, Drama und Slapstick-Comedy auch jedes Maß. Die Dramaturgie leidet unter dem entsetzlich langsamen Pacing erheblich und kann keinem der jeweiligen Tonfälle gerecht werden.

Note: 4-



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