Direkt zum Hauptbereich

Durchwachsener Abschluss der vierten MCU-Phase: Filmkritik zu "Black Panther: Wakanda Forever"

Nach dem Tod des Königs T'Challa (Chadwick Boseman) befindet sich Wakanda in einer Situation der Trauer und der Umstrukturierung wieder. Ohne den Schutz des "Black Panther" scheint das Königreich angreifbar zu werden und mehrere Staaten lechzen nach einem Teil des potenziell gefährlichen Vibranium-Vorrates. In diesen Zeiten taucht mit Namor (Tenoch Huerta) der Anführer des bislang unbekannten Wasservolkes der Talocan auf und droht Wakanda mit Krieg, sollten sie eine bestimmte Person aus ihren Kreisen nicht ausliefern. Königin Ramonda (Angela Bassett) versucht die Fronten zu beschwichtigen, doch scheint ein Konflikt unvermeidlich. Dabei müssen auch Okoye (Danai Gurira) und T'Challas Schwester Shuri (Letitia Wright) eine Seite wählen...

An vorderster Front hatte das "Black Panther"-Sequel, welches zudem auch den Abschluss der extrem durchwachsenen, vierten Phase des Marvel Cinematic Universe darstellen sollte, erst einmal mit einer sehr realen Tragödie zu kämpfen. Man merkt "Wakanda Forever" an, dass es ursprünglich ganz auf Chadwick Boseman zugeschnitten war und dessen plötzlicher Tod für einiges an Umstrukturierung sorgte. So lässt sich nicht nur die Laufzeit von schier wahnwitzigen 162 Minuten erklären (womit der Film der längste MCU-Streifen nach dem dreistündigen "Endgame" ist), sondern auch, dass er so viel Stoff aufzubereiten hat. Dabei muss nicht nur der Abschied des ehemaligen Hauptdarstellers würdig vollzogen, sondern auch ein/e Nachfolger*in aufgestellt werden sowie einiges an Handlungsballast auf verschiedene Figuren abgewalzt werden, die zuvor eher Nebencharaktere waren. Und als wäre das nicht schon genug, hat "Wakanda Forever" dann auch noch seine eigene Geschichte zu erzählen, die von vornherein geplant war. Es ist im Grunde klar, dass der Film dabei ziemlich aus dem Tritt gerät: Die ersten achtzig Minuten sind dabei bemerkenswert unfokussiert und zeichnen sich durch eine viel zu vollgestopfte Erzählung aus, die unschlüssig zwischen den verschiedenen Geplänkeln und Handlungsorten hin- und herspringt, ohne diese wirklich verbinden zu können.
Es stellt sich die Frage, ob es das plötzliche Unvermögen des sonst so starken Regisseurs Ryan Coogler ist oder doch der extreme Schnitt, der letztendlich in den Marvel Studios vorgenommen wurde (ich glaube eher an letzteres), aber "Wakanda Forever" fühlt sich wahnsinnig undynamisch an. Uninspiriert werden verschiedene Szenen aneinandergereiht, der Schnitt ist stellenweise eine echte Qual und lässt jede kleine Emotion sogleich verpuffen, wenn diese sich nur anbahnen will. Noch dazu fehlt es dem Soundtrack an echten Highlights, die visuellen Effekte wirken bisweilen arg künstlich und es dauert sehr lange, bis die Inszenierung wirklich mal mehr zeigen darf als (sehr) hübsche Kostüme. Später, wenn der Plot sich einigermaßen fokussieren kann und die Charaktere endlich an Ort und Stelle stehen, wird der Film spürbar besser, kann sich aber weiterhin nicht entscheidend absetzen, da die Handlung doch zu stiefmütterlich und vorhersehbar bleibt. Positiv ist hingegen der Fokus auf den starken Frauen Wakandas anzumerken, die ihren Teil dazu beitragen, das MCU (noch) diverser zu machen, was hier angenehm ehrlich und nicht zu forciert herüberkommt - anders als bei der Serie "She-Hulk" also. Angela Bassett agiert als Königin dabei so stark, dass es sogar für eine Oscarnominierung und einen Golden Globe reichte, während Letitia Wright, Lupita N'yongo und "The Walking Dead"-Star Danai Gurira zumindest gut genug sind, um diesen Teil des Franchise locker auf ihren Schultern lasten zu können. Mit der aufgeweckten Dominique Thorne gibt es zudem noch einen interessanten Neuzugang, der hier jedoch noch nicht zu arg gefordert wird und wohl erst später im MCU so richtig zum Einsatz kommt.
Rein optisch gerät "Wakanda Forever" ansprechend, aber auch nicht umwerfend. Die drei zentralen Actionszenen sind schick gemacht und besonders eine Schlacht auf dem offenen Meer hält dabei durchaus einige richtig feine Bilder bereit. Die Effekte können ihre Künstlichkeit jedoch viel zu oft nicht verbergen und die Dynamik in diesen Szenen mag auch nicht recht funktionieren - es ist ein bisschen so, als wüsste Marvel zwar noch, wie man optisch gute Actionszenen produziert, aber nicht mehr, wie man sie auch mit Leben, Dringlichkeit und richtiger Luft füllt. Und auch der neue Bösewicht überzeugt nicht so recht, auch wenn man sich innerhalb der Handlung geradezu richtig ins Zeug legt, um diesen möglichst ambivalent und nachvollziehbar zu zeichnen. Das gelingt zwar, doch so richtig bedrohlich wirkt Namor mit seinen unfreiwillig komischen Knöchel-Flügelchen hier nicht. So lassen sich zwar in den Zwang eines Krieges zwischen zwei Nationen, die nicht kämpfen wollen, es aber durchaus müssen, aktuelle Züge hineinlesen, welche die teils recht trocken und flickenhaft erzählte Geschichte aber nicht zwingend aufregender machen. Nimmt man zudem hinzu, dass es dem Film auch an Herz mangelt, da er viel zu schnell von Szene zu Szene springen muss, und auch der typische Marvel-Humor diesmal kaum zu spüren ist, ist das ein recht kühles Abenteuer. Und somit keines, welches die vierte MCU-Phase noch wirklich ansprechend abschließen kann.

Fazit: "Wakanda Forever" hat schwer damit zu ringen, all seine Handlungsstränge und Figuren unter einen Deckel zu bekommen und muss in seiner sprunghaften Inszenierung einen argen Flickenteppich erzeugen. Das wirkt nicht wirklich dynamisch, oftmals zu forciert und ist (trotz aller Schauwerte) nur noch ein mittelmäßiges MCU-Werk. Die Flaute hält also noch weiter an.

Note: 3-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se