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Ideen, die für zehn Filme reichen: Filmkritik zu "Being John Malkovich"

Trotz einer enormen Begabung hat es Craig Schwartz (John Cusack) nie geschafft, als Puppenspieler berühmt zu werden. Seine Frau Lotte (Cameron Diaz) wünscht sich daher, dass er sich endlich einen normalen Job sucht, weswegen Craig sich auf eine Position als Aktensortierer einer großen Firma bewirbt. Seine trainierten Finger verschaffen ihm den Posten, doch schon an seinem ersten Tag bemerktr Craig, dass nicht alles dort mit rechten Dingen zugeht und sich manch eine schräge Person in der Firma herumtreibt. Auftrieb gibt ihm seine Kollegin Maxine Lund (Catherine Keener), in die sich Craig beinahe sofort verliebt, die von ihm jedoch nur wenig hält. Eines Tages entdeckt Craig hinter einem Aktenschrank eine geheimnisvolle, kleine Tür... und als er diese betritt, kann er kaum glauben, was plötzlich mit ihm geschieht, steckt er doch auf einmal im Kopf des berühmten Schauspielers John Malkovich (John Malkovich).

Drehbuchautor Charlie Kaufman verbaut in diesem Film aus dem Jahr 1999 so viele skurille Ideen, dass sich damit mühelos zehn andere Filme füllen lassen würden. Dabei wird diese Abfolge von Einfällen jedoch nicht zu einer seltsamen Nummernrevue - das wahre Talent scheint darin zu ruhen, all diese Ideen auch wirksam ineinander strukturiert wirken zu lassen, sodass sie sogar eine Glaubwürdigkeit erfahren und nicht nur um ihrer selbst willen Teil des Plots sind. Besonders die erste Dreiviertelstunde, in welcher wir erst langsam in das verwilderte Leben von Craig Schwartz und schließlich in die Manirismen der seltsamen Firma mit den niedrigen Decken eingeführt werden, hat es dabei in sich - wahnsinnig detailliert, wunderbar schrullig und trotzdem nie auf den nächsten, großen Lacher aus und zudem ziemlich gut durchdacht ist das Ganze, auch wenn es reichlich schrägt bleibt. Die Figuren wirken, gerade auch wegen ihrer seltsamen Spleens, durchaus glaubhaft und die Konflikte, die sie später miteinander austragen werden, bekommen dadurch echtes Feuer.
Das bleibt allerdings nicht durchweg so - sobald sich "Being John Malkovich" ungefähr ab der Halbzeit eher darauf ausruht, eine ziemlich skurille Liebesgeschichte mit allerlei sexuellem Inhalt zu erzählen, verliert der Film extrem an Fahrt... und hat mich letztendlich sogar ein Stückweit verloren. Dem seltsamen Liebesdreieck (oder sogar Viereck), wo es weniger um echte Liebe als um wildes Verlangen zu gehen scheint, hatte für mich keine knackige Fallhöhe mehr und war dann irgendwann doch zu obskur, um wirklich bei der Stange zu halten. Das letzte Drittel hat hingegen noch ein paar sehr feine, wenn auch ziemlich wilde Ideen, die auch auf emotionaler Ebene treffen, weiß dann aber nicht mehr ganz so zu erstaunen wie die erste halbe Stunde, in welcher der Wahnsinn langsam, dafür aber umso treffsicherer einfließt. Einige wunderbare Lacher lassen sich in dieser Flut aus Ideen natürlich auch finden und der Eintritt in das Leben des John Malkovich ist dabei für einige herrliche Gags gut. Auch diese fließen dabei weitestgehend natürlich ein, werden nicht endlos ausgespielt, sondern als einzigartige Kette von Ereignissen präsentiert, die man so schlucken muss und dann auch wirklich schätzen kann.
Schauspielerisch ist es vor allem beeindruckend, wie sehr alle vier Hauptdarsteller*innen dabei vollkommen entgegen ihren eigentlichen Manirismen agieren. Ganz besonders stark fällt dies bei John Cusack und Cameron Diaz auf, die sich nicht nur unter einer hervorragenden Hairstyling-und-MakeUp-Schicht verbergen, sondern darüber hinaus auch ihren skurillen Charakteren richtig viel Herz und Leben einflößen können. Auch "Into the Wild"-Star Catherine Keener liefert eine bravouröse Leistung, auch wenn ich mit ihrem Charakter, der doch etwas zu arg als kühle Femme Fatale inszeniert war, nicht durchgehend etwas anzufangen wusste. Und dann wäre natürlich noch John Malkovich selbst zu erwähnen, dem es gelingt, nicht nur sich selbst zu karikieren, sondern dies auch noch so glaubwürdig und ohne stupide Comedy-Elemente zu tun, dass man wirklich glaubt, es hier mit der realen Hollywood-Ikone zu tun zu haben. Zudem darf er sich rühmen, die witzigste und grandioseste Szene des ganzen Films ganz für sich zu haben - und das auch in zigfacher Ausführung. Ich habe vielleicht seit Wochen nicht mehr so gelacht wie in der Szene, in der Malkovich so richtig freidrehen und dem Wahnsinn des Plots seinen ganzen Boden geben darf.

Fazit: Nach der ersten Hälfte verliert sich "Being John Malkovich" leider zu sehr in einer ausgefranst erzählten Lovestory und büßt erheblich an Schwung ein. Die brillante Ideenvielfalt, der perfekte Cast und die herrliche, skurille Atmosphäre, die viel Herz und Humor offenbart, haben mich dennoch fast durchgehend gefesselt.

Note: 3+



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