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Ein vergessener Krieg: Filmkritik zu "Devotion" (2022)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sehen sich die ausgebildeten Kampfpiloten einer großen Leere gegenüber - so auch Lieutenant Tom Hudner (Glen Powell), der sich nach dem Angriff auf Pearl Harbor ausbilden ließ, um seinem Land zu dienen, jedoch erst nach Kriegsende bereit war, in einen Flieger zu steigen. Anfang des Jahres 1950 wechselt Hudner zum Fighter Squadron 32, wo er mit Jesse Brown (Jonathan Majors) auf das einzige afroamerikanische Mitglied der Einheit trifft. Beide werden rasch Freunde, doch muss sich Brown dennoch weiterhin gegen rassistische Angriffe auf seine Person zur Wehr setzen. Als das Geschwader schließlich Informationen über den Ausbruch eines Krieges zwischen Nord- und Südkorea erhält, werden ihre Fähigkeiten als Flieger wieder gebraucht. Dabei versuchen sie nicht nur, unschuldige Menschen, sondern auch sich gegenseitig zu schützen... und vollbringen schließlich Taten, die sie zu Helden machen sollen.

Jonathan Majors ist ein Name, der in den letzten Monaten wohl jedem Kinofan mehrfach begegnet ist. In den nächsten Jahren wird Majors, da er in den kommenden Marvel-Produktionen als großer, neuer Gegenspieler namens Kang auftreten wird (quasi der neue Thanos), sicherlich endgültig zum gefeierten Hollywood-Star. Zeit also, um mal nachzusehen, was der für mich bis dahin noch völlig unbeschriebene Majors eigentlich zuvor so gemacht hat... und dabei stieß ich auf das Kriegsdrama "Devotion", welches im Jahr 2022 ins Portfolio von Netflix aufgenommen wurde. Und Majors zeigt hier sogleich, warum er sich die ganz großen Spitzenparts in den großen Filmen erarbeiten konnte. In dem Gesicht des Schauspielers spielt sich in jedem Moment so unfassbar viel ab, dass man glatt glaubt, in seine Seele starren zu können. Mit einer einnehmenden Ausstrahlung und einer beeindruckenden Physis überstrahlt Majors seine Kollegen mühelos - "The Dark Knight Rises"-Star Glen Powell bleibt im direkten Vergleich sogar ziemlich blass.
Das mag aber auch daran liegen, dass das Drehbuch allen anderen Charakteren, abgesehen von Majors' Jesse Brown, allenfalls die nötigsten Strukturen mitgibt, um irgendwie wie eine Figur zu wirken. Das persönliche Drama, welches Brown durchleben muss, ist der klare Fokus, während Tom Hudner als sein Flügelmann agiert - loyal, mutig und treu. Der Rest der Figuren wird in einseitigen Nebensträngen abgefertigt und erhält im Grunde keine Chance auf irgendeine tiefergehende Charakterisierung, die über ihre militärische Position hinausgeht. Das fällt auch bei den Feinden auf, denn diese werden hier nur noch als gesichtslose Masse dargestellt. Trotzdem entstehen immer wieder einige feine Szenen, die auch auf menschlicher Ebene überzeugen: Gerade die aufkeimende und sich schließlich festigende Freundschaft zwischen Brown und Hudner ist sehr solide geschrieben und gewinnt durch das Spiel der beiden Hauptdarsteller, die sich passend die Bälle zuwerfen. Ein bisschen langweilig ist das aber auch, da die ganze Geschichte doch recht bieder inszeniert wird und über weite Strecken mit den üblichen Phrasen um sich wirft - Heldentum, Loyalität, Amerika und so weiter. Das hat man in intensiveren Werken schon besser und stringenter gesehen und führt hier bei einer recht langen Laufzeit von 140 Minuten auch zu manch einem Hänger.
Der Kampf gegen den Rassismus, immer noch ein allgegenwärtiges Thema, wird hier jedoch sehr gut aufgezeigt. Zwar spürt man, dass man dem Publikum nicht zu viele dieser düsteren Momente zugestehen wollte, doch Browns Kampf, sich innerhalb seiner weißen Kollegen erst recht behaupten zu müssen, wird intensiv dargestellt. Als intensiv lassen sich auch die Flugszenen beschreiben, die auf einer visuellen Ebene definitiv das Prunkstück des Films darstellen. Ich habe "Top Gun: Maverick" bislang noch nicht gesehen und bezweifle auch, dass "Devotion" bezüglich der Kraft dieser Szenen an den großen Blockbuster herankommt. Doch spektakulär und rasant gefilmt sind die Szenen trotzdem und verkommen, anders als bei anderen Blockbustern des Genres, nicht zu einem reinen Effekt- und Schnittgewitter. Insgesamt ist "Devotion" also vielleicht ab und an etwas zu handzahm erzählt und leidet darunter, dass sich andere Kriegsfilme diesen Themen schon besser und intensiver gewidmet haben. In Erinnerung bleiben kann der Streifen aber dennoch, da er zumindest alles auf einem mindestens soliden Niveau abliefert, was ein Film wie dieser haben muss.

Fazit: Jonathan Majors ist besonders brillant, die spektakulären Flugszenen sind es auch. Ansonsten befindet sich dieser darüber hinaus nicht sonderlich herausragende Film im soliden Mittelmaß - er ist manchmal zu brav, manchmal zu langatmig, aber im Grunde durchweg spannend genug, um dranzubleiben. Da hat Netflix schon deutlich Schlechteres abgeliefert.

Note: 3



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