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Was man durch Träume erreichen kann: Filmkritik zu Netflix' "True Spirit"

Von Kindesbeinen hegte die sechzehnjährige Jessica Watson (Teagan Croft) den Traum, als jüngster Mensch der Welt völlig allein und non-stop, also ohne Unterbrechungen oder Hilfestellungen, die ganze Welt zu umsegeln. Mit hartem Training, viel gespartem Geld und einem eisenharten Willen sollte sich die Ermöglichung dieses ungewöhnlichen Traumes bald bewahrheiten - trotz vieler Unkenrufe, die sogar auf die Verantwortungslosigkeit ihrer Eltern Roger (Josh Lawson) und Julie (Anna Paquin) sowie ihrem Mentor und Lehrer Ben Bryant (Cliff Curtis) stürzten, wagt Jessica im Oktober 2009 das Abenteuer. Die Tage auf hoher See sind dabei sowohl von vollster Schönheit gezeichnet als auch von einer gefährlichen Erbarmungslosigkeit geprägt. Schon bald sind es nicht nur Wetterkapriolen, die sie gefährden... sondern auch die schneidende Einsamkeit auf den Tiefen der endlosen See.

Es ist eine wahre und dabei für eine Verfilmung ebenso simple wie treffsichere Geschichte: Die Geschichte über die jüngste Frau der Welt, die jemals ebenjene umrundet hat, ist im Grunde eine supersichere Nummer für einen ebenso bilgewaltigen und aufbauenden Feel-Good-Film. Und genau das liefert der Streamingriese Netflix dann in dieser Hinsicht auch ab: "True Spirit" ist durchaus beflügelnd, bisweilen spannend und bewegend - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für wirklich große Konflikte ist dabei kein Raum, weswegen kritische Untertöne höchstens kurz angeschnitten werden, um dann sogleich wieder den großen Seeabenteuern zu weichen. So zum Beispiel die (hin und wieder nachvollziehbare) Kritik am Elternpaar, die durchaus manch ein Risiko in Kauf nehmen, um den Traum ihrer Tochter zu verwirklichen. Stärker agiert Regisseurin Sarah Spillane, wenn es um einen ganz anderen, düsteren Aspekt einer solchen Geschichte geht - die zehrende Einsamkeit auf See sowie Tage voller ernüchternder Windstille, die Jessica an den Rand des psychisch Ertragbaren bringen, sind mit inszenatorischer Finesse und viel Kraft aufgebaut und wissen so wirklich zu gefallen.
Das ist zwar nicht wirklich tiefgründig, für einen Film wie diesen aber absolut passend - die unschönen Momente werden nicht völlig ausgespart, doch bleibt der Fokus auf den schöneren Abenteuern, den Mutzusprechungen, Liebesbotschaften und auch einigen grandiosen Aufnahmen der offenen See. Das soll ja schließlich aufbauend sein und einen nicht runterziehen. Um die Spannungskurve bisweilen noch härter anzuziehen, haben die Macher auch einige Momente hinzugedichtet oder verschärft - auch das ist nichts Neues bei der Verfilmung wahrer Geschichten und angesichts des Settings bietet sich solcherlei natürlich durchaus an. An der bekannten, aber hier immerhin sehr hübsch dargelegten Message ändert das nichts: Seinen Träumen nachzueifern ist immer eine gute Sache und sich dabei von diversen Steinen im Weg nicht aufhalten oder einschüchtern zu lassen, ist wichtig. Auch die Idee, nicht nur der Hauptfigur auf hoher See zu folgen, sondern parallel immer wieder auf ihre Familie am Festland zu schneiden, um deren Reaktionen und Ängste einzufangen, ist durchaus positiv. Leider macht man aus diesem bangen Warten nicht allzu viel, da die einzelnen Familienmitglieder ziemlich uncharakterisiert bleiben.
Einer sticht jedoch aus dem Neben-Cast heraus: "The Fountain"-Star Cliff Curtis kann als grummeliger Mentor mit einem Herz aus Gold ein paar richtig schöne, oftmals sehr leise Charaktermomente herausholen und auch mit trockenem Humor glänzen. Die Familienmitglieder kommen da etwas weniger gut weg - gerade Anna Paquin mag in der Rolle der besorgten Mütter aufgrund einer zu überspitzten und deswegen oft unglaubwürdigen Performance nicht wirklich überzeugen. Dafür macht die junge Teagan Croft ihre Sache aber richtig gut. Einen Film nicht zwingend alleine, aber über weite Strecken ohne direkte Spielpartner zu tragen, ist ohnehin schon eine Leistung, die man definitiv nicht unterschätzen sollte. Croft kann dabei sowohl die zügellose, manchmal etwas sorglose Freude der jungen Jessica Watson ebenso hervorragend übertragen wie die Momente der Trauer, der Einsamkeit, des Frusts und der puren Angst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir von diesem Talent in den nächsten Jahren noch so manches hören werden - zu wünschen wäre es ihr in jedem Fall. Und wer sich für schauspielerische Leistungen nicht interessiert, bekommt sogar noch ein paar richtig schöne Bilder der offenen See mit sehr gelungenen Computereffekten geboten. Da wird der heimische Fernseher dank wirklich schöner Cinematogrophie spielend zum Heimkino.

Fazit: Die Geschichte und ihre Konflikte mögen etwas simpel gestrickt sein, doch die Kraft, die darin liegt, kann "True Spirit" in malerischen und auch bewegenden Momenten durchweg übertragen... dank wunderschöner Bilder und einer starken Performance von Hauptdarstellerin Teagan Croft.

Note: 3+



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