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(Schlechte) Effekte machen noch keinen guten Film: Filmkritik zu "The Core - Der innere Kern"

Die Erde wird von merkwürdigen, oft verheerenden Vorfällen heimgesucht: Dutzende Menschen brechen unabhängig voneinander tot auf den Straßen zusammen, Vogelschwärme begehen Suizid und ein Space Shuttle kommt trotz perfekter Navigation vom Kurs ab. Der Geophysiker Dr. Joshua Keyes (Aaron Eckhart) hat dazu eine glasklare Theorie: Der Erdkern hat aufgehört sich zu drehen, was das Magnetfeld des Planeten zur Auflösung bringt. Dadurch würde innerhalb weniger Monate die gesamte Elekronik sowie in rund einem Jahr die ganze Erdkugel verglühen. Um diese Apokalypse zu verhindern, entsendet die Regierung ein gigantisches Schiff, welches bis zum Erdkern vordringen und diesen mittels nuklearer Sprengköpfe wiederbeleben soll. An Bord des Schiffes tummeln sich neben Keyes unter anderem auch noch die Astronautin Rebecca Childs (Hilary Swank) und der exzentrische Wissenschaftler Dr. Conrad Zimsky (Stanley Tucci), die sich gemeinsam auf diese gefährliche Mission begeben...

Eigentlich unterlasse ich es, Filme aufgrund von alten Spezialeffekten abzuwerten - gerade visuelle Effekte altern nun mal (mal schneller, mal langsamer), was aber natürlich nichts über die Qualität des Filmes aussagt. So hat der Zahn der Zeit zum Beispiel sogar an einigen Shots aus der meisterhaften "Der Herr der Ringe"-Trilogie genagt, was diese Filme aber keineswegs abwertet. Etwas anders sieht es jedoch aus, wenn der Großteil eines ganzen Films sich fast vollständig auf die Wirksamkeit seiner Computertricks verlassen muss... und diese dann schon zum Zeitraum der Veröffentlichung absolut nicht mehr zeitgemäß waren. Vergleicht man die wahrlich miesen Computertricks von "The Core" mit ungefähr gleich alten Katastrophenfilmen wie "The Day After Tomorrow" oder dem deutlich älteren und tonal gar ähnlich gelagerten "Armageddon", ist die Kurve deutlich zu sehen. Sicherlich stand den Machern des Katastrophen-Actioners von 2003 auch nicht das gleiche Budget zur Verfügung, doch sollte man bei einer Geschichte, bei der es um die Reise in den Erdkern geht, eben auch nicht an den falschen Ecken sparen. Und so sieht die gesamte zweite Hälfte so aus, als hätte sich die Postproduktion erst im zweiten von fünf Schritten befunden - Erinnerungen an vierzig Jahre ältere Filme (die mit Effekten bewusst noch sparsam umgingen) oder grauenvolle Trash-Filme werden bei dieser Optik wach, die durch wirklich gar nichts schönzureden ist.
Da fällt es dann schon gar nicht mehr so arg auf, dass die Inszenierung von "Verlockende Falle"-Regisseur Jon Amiel auch reichlich bieder daherkommt - wohl noch nie wirkte das Zerstören diverser Wahrzeichen in einem Hollywood-Blockbuster so uninspiriert wie hier. Und über die Geschichte müssen wir uns prinzipiell auch nicht unterhalten: Die ist natürlich Blödsinn, was man einem starken Katastrophen-Blockbuster wie "2012" aber natürlich auch vorhalten kann. Es kommt daher weniger darauf an, wie sinnig die ganze Nummer ist, sondern eher, ob sie spektakulär und spannend daherkommt. Die erste Hälfte, in der recht atmosphärisch mit dem drohenden Ende unseres Planeten gespielt wird und die Protagonisten dabei in Unsicherheit gehüllt werden, kommt dabei noch ziemlich gelungen daher. Und auch die Reise in den Erdkern selbst bietet einige hübsche Ideen: Da es sich bei diesem Ort eben um einen von der Wissenschaft kaum begutachteten Platz des Planeten handelt, konnten die Macher eine gewisse Narrenfreiheit bezüglich der Settings, die sie dort aufmachen, genießen, ohne dass man ihnen gleich die Worte "wissenschaftlicher Nonsens" um die Ohren hauen musste. Und das, was sie hier abliefern, ist zwar visuell ziemlicher Matsch, aber immerhin doch kreativ genug, um nicht gleich das Interesse zu verlieren.
Ähnlich strukturell wie die Handlung verlaufen auch die Charaktere - so setzt sich allein die sechsköpfige Mannschaft, die an Bord des Schiffes, welches zum Erdkern reist, aus den ganz und gar üblichen Typen zusammen, die man in so einem Film erwartet. Da balzen die Klischee-Wissenschaftler mit den Klischee-Piloten, es gibt Neid und eine Romanze und heldenhafte Opferungen und so weiter und sofort - keine Überraschungen also auf dieser Seite. Überraschend ist da schon eher, dass man doch eine Handvoll begabter Mimen ins Boot holen konnte, die ihre Sache dann auch gar nicht übel machen - nicht umsonst zählen sie ja zu den ganz großen Talenten der Traumfabrik. So verleihen Aaron Eckhart und die für "Million Dollar Baby" oscarnominierte Hilary Swank den so aalglatten Hauptpersonen durchaus einen eigenen Charme, während der ohnehin immer mindestens brillante Stanley Tucci auch für einige Spitzen gut ist. Und wem das nicht reicht, der kriegt unter den Nebenrollen mit Delroy Lindo, "White House Down"-Star Richard Jenkins oder dem kantigen Bruce Greenwood auch noch genügend Gesichter, die für solch einen Film eigentlich viel zu gut sind, ihn aber durch ihre Spielfreude auch angenehm aufwerten.

Fazit: Dass Handlung und Charaktere unsinnig bis oberflächlich sind, mag man einem Katastrophenfilm dieser Form verzeihen - dass aber ausgerechnet an den heute wahrlich hässlichen, beinahe lächerlichen Effekten so gespart wurde, zerstört die Freude dieser eigentlich recht launigen und bisweilen spannenden Reise leider zu oft, obwohl sich durchaus ein paar kreative Ideen und atmosphärische Szenen finden lassen.

Note: 4+



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