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Spannendes Drama mit zu viel Schmalz: Filmkritik zu "Der Gesang der Flusskrebse"

In den dichten Sumpfgebieten von North Carolina wird im Jahr 1969 der bekannte Quarterback Chase Andrews (Harris Dickinson) tot aufgefunden - die Polizei glaubt dabei nicht an einen Unfall, sondern stuft dessen Tod als Mordfall ein. Als Verdächtige gilt die im Dorf nur als das "Marsch-Mädchen" bekannte Kya Clark (Daisy Edgar-Jones), die ab dem Kindesalter alleine in den Sümpfen aufwuchs und vor seinem Tod mit Chase ein Verhältnis gehabt haben soll. Der eigentlich bereits in den Ruhestand getretene Rechtsanwalt Tom Milton (David Strathairn) übernimmt Kyas Verteidigung vor Gericht und versucht, ihre Unschuld zu beweisen. Während der Verhandlung kommen immer mehr Details über Kyas Leben ans Licht... und sie muss sich dabei ihrer aufwühlenden Vergangenheit stellen.

Die Romanvorlage war vor allem in den USA populär, der ganz, ganz große Erfolg war die Verfilmung aus dem Jahr 2022 nun jedoch nicht - zumindest nicht, wenn man bei Buchverfilmungen gleich in Sphären eines "Harry Potter" oder "Twilight" liest. Letztere Reihe ist dabei ein gutes Stichwort, welches für diesen Film eigentlich nicht passen sollte, es aber leider dennoch tut. Denn in dem Bemühen, mit Kya eine starke Frauenfigur für die Hauptrolle zu schaffen, hat man sich wohl ein wenig zu sehr von Isabella Swan inspirieren lassen. Das heißt, dass hier zwar eine im Kern interessante und starke Frau zu sehen ist, die rein von der Handlung her aber fast durchgehend von den Männern um sie herum abhängig ist und von ihnen definiert wird. Das wirkt leider nicht mehr sehr zeitgemäß, auch wenn Kya im weiteren Verlauf durchaus noch ganz eigene Gewinne einfahren kann. Ansonsten sind ihre Stimmungen aber stets von den Männern in ihrem Umfeld geprägt: Ihr sie schlagender Vater, ihre erste Liebe, ihre Affäre... und sogar ihr Anwalt.
Zumindest in Sachen des Rechtsvertreters wäre uns aber etwas entgangen, wenn dieser nun auch im Film nicht männlich gewesen wäre, denn "Bourne"-Star David Strathairn verleiht diesem gutmütigen Juristen durchaus einiges an Schauspiel-Kraft. Darüber hinaus ist von Star-Power wenig zu sehen, was ja aber nichts Schlechtes sein muss. Im Gegenteil, gerade Hauptdarstellerin Daisy Edgar-Jones verleiht ihrer Kya Clark deutlich mehr Gravitas als die zu Beginn noch durchscheinende Rehäugigkeit und wirkt zu gleichen Teilen verletzlich wie stark. Die beiden jungen Männer, die um ihre Gunst kämpfen, wirken im direkten Vergleich deutlich blasser, was auch den Romantikpart des Films arg beschädigt, dem hier leider doch etwas zu viel Raum gegeben wird. Mit schmachtenden Blicken vor einem Sonnenuntergang und Hemden, die immer und immer wieder ausgezogen werden, haben wir zwar ein paar schön-kitschige Bilder, doch können diese arg schmalzigen Romance-Sequenzen niemals echtes Feuer oder gar Leidenschaft heraufbeschwören.
Deutlich spannender ist da schon der fokussierte Kriminalfall, der quasi von hintenauf aufgerollt wird - zu großen Teilen besteht "Der Gesang der Flusskrebse" aus Rückblenden, wobei immer wieder in die Gegenwart und somit in den Gerichtssaal zurückgewechselt wird. Daraus entsteht eine recht feine Dynamik, die den Film trotz des deutlich fehlenden Schwungs im Mittelteil zumindest nie in Richtung Langeweile abdriften lassen. Das wäre aber auch sowieso kaum möglich, da das Werk inszenatorisch sehr sicher ist und sich in den wilden Sümpfen einige sehr schöne Naturaufnahmen finden lassen, in denen man sogar richtig schwelgen kann. Rein handwerklich gibt es hier also wirklich nichts auszusetzen, wohingegen die Mischung aus Thriller, Drama und arg blutleerer Romanze aber nicht immer stimmt. Etwas weniger Eifersuchts-Drama und Herzensbrechereien und etwas mehr zeitgemäßer, gerne auch finsterer Feminismus hätten diesem Film gerade zu heutigen Zeiten gutgetan. Das ist dann zwar kein Genickbruch, fällt aber zusätzlich zum etwas mauen Tempo schon auf. Immerhin gibt es aber genug auf der Haben-Seite, um diese eher schnöden Aspekte noch auszugleichen.

Fazit: Die halbgar inszenierten, aber mit unnötig viel Raum ausgestatteten Romance-Sequenzen triefen vor Kitsch und lassen den Plot im Mittelteil fast versanden. Darüber hinaus erzählt die Romanverfilmung aber eine spannende Geschichte, die sowohl bewegt als auch zu fesseln versteht.

Note: 3 



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