Mit 35 Jahren ist der Hobby-Podcaster Ezra (Jonah Hill) immer noch Single, was die Mitglieder in der jüdischen Gemeinde skeptisch macht. Doch dann trifft er zufällig die aufgeweckte Kostümdesignerin Amira (Lauren London) - und nach ein paar Dates ist die Beziehung klar. Einige Monate später möchte Ezra seiner Freundin gerne einen Antrag machen, was jedoch das Kennenlernen mit den Eltern beider Parteien voraussetzt. Nicht nur stellt sich Ezras übereifrige Mutter Shelley (Julia Louis-Dreyfus) als völlig konfuse Frau heraus, die sich ungewollt in jedes Rassismus-Fettnäpfchen setzt... auch Amiras Vater, der zum Islam übergetretene Bürgerrechtler Akbar (Eddie Murphy), stellt sich vollkommen quer. Der will nämlich keinen weißen Typen als den Mann seiner geliebten Tochter sehen und lässt daher keine Gelegenheit aus, Ezra zu blamieren.
Netflix möchte mit dieser Komödie vor allem divers auftreten - eine Art "Meine Braut, ihr Vater und Ich", aber gesellschaftsrelevant, wobei Rassismus eine große Rolle spielen soll. So weit, so ehrenhaft - und da ist es auch nicht weiter wild, dass mit diesem Thema regelrecht überaggressiv umgegangen wird, ist solch ein Ton in unserer heutigen Zeit ja durchaus nützlich und nötig, um es endlich mal in die Köpfe der Leute einzuhämmern, die immer noch keine Ahnung haben (wollen). Es mag für den ein oder anderen daher ein wenig anstrengend sein, dass sich viele Konflikte aus den typischen Dialogen der Form "Du darfst das nicht sagen, weil du weiß/schwarz bist, denn das sagen nur Schwarze/Weiße zu anderen Schwarzen/Weißen, weswegen du jetzt rassistisch rüberkommst" ergeben - es ist aber eben auch deutlich realitätsnaher und daher wichtiger, als man zuvor dachte. Und obwohl das auf dem Papier zumindest nach einem ehrenhaften Projekt klingt, welches ein altbekanntes Komödienschema auf ein neues, relevanteres Level hebt, ist der letztendliche Film ein kleines Ärgernis... und das oftmals aufgrund der Art und Weise, wie mit diesen Themen jongliert wird.
Die kulturellen Eigenschaften und Ansichten der Familien des Paares werden dabei eigentlich recht gut herübergebracht - ein abendliches Dinner-Gespräch, welches in der Diskussion ausartet, ob nun schwarze oder jüdische Sklaven in der Historie schlechter dran waren, ist sogar ziemlich clever geschrieben. Am Ende wird aber doch nur wieder jemand angezündet und solcherlei provokante Diskussionen verlaufen im Sande. Man hat den Eindruck, dass Netflix sich weniger dafür interessiert, wirkliche Geschichten mit diesen Themen zu erzählen, sondern dass es wichtiger ist, sie irgendwie zu erwähnen. Dementsprechend fallen die Geschichten aus der LGBTQ-Szene niemals als poltrelevant auf, sondern werden wie auf einer Checkliste zitiert, um das Thema eben auch noch drin zu haben. In die Tiefe geht das selten. Bei einem Charakter wie der völlig konfusen Shelley, die von allem eine Ahnung zu haben glaubt, aber gar nicht merkt, wie verletzend ihr gefährliches Halbwissen eigentlich ist, mag solch ein Offenheits-Gefasel noch schneidig herüberkommen. Wenn aber alle anderen Figuren auch stets über dieses und jenes reden, ohne dass dabei etwas Gewichtiges herumkommt, kommt man sich veralbert vor. Netflix, wenn ihr euch diesen Themen annehmen wollt, dann nutzt sie bitte auch für reichhaltige Geschichten und nicht für das Abhaken von wichtigen Checkpoints, die man heute abklappern sollte. Und sollte man dabei das durchaus hübsche Ziel verfolgen, verschiedene Zielgruppen durch ihr Auftauchen anzusprechen, dann sollte dies doch deutlich dynamischer und nicht so offensichtlich pflichtschuldig erfolgen wie hier.
Kommt erschwerend hinzu, dass "You People" auch als reine Komödie extrem lahm daherkommt. Nicht nur, dass die meisten Gags nicht sitzen und dabei eher den Cringe-Faktor bedienen als die Lachmuskeln anzusprechen - die Inszenierung von Regisseur Kenya Barris sieht zudem aus wie eine x-beliebige Comedy-Show ohne jede Energie. In knallenden, realitätsfernen Farben werden dabei ewig lange Dialoge ohne echte Highlights geführt... und das auch noch mit einer Schauspielführung, für die man sich schämen sollte. Man kann Jonah Hill, Lauren London und Co. prinzipiell wenig vorwerfen, da sie sichtlich von der Regie im Stich gelassen wurden - man sieht förmlich, dass sie ohne weitere Anweisungen in ein Set gestellt wurden, um dort miteinander zu reden. Da ist keine Bewegung, keine Leidenschaft, nur das Abstottern von mal mehr, mal weniger guten Texten. Es sind daher einzig die bereits erwähnte Julia Louis-Dreyfus als tapsige und in jedes Fettnäpfchen latschende Mutter sowie Eddie Murphy als wirklich angsteinflößender Vater der Braut, die einige Szenen retten. Sie können aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Film als ganz große Moralkeule aufplustert und die ganze Zeit plärrt und wütet... um dann doch nicht mehr als oberflächliches und ziemlich einseitiges Denken anzugehen. Das ist tatsächlich ziemlich schade und kann einen sogar etwas runterziehen, wenn man sich aufgrund der mauen Inszenierung und des völligen Fehlens einer inneren Dynamik nicht ohnehin schon zu arg langweilt.
Fazit: "You People" möchte richtig viel erzählen und geht dabei eigentlich einen ehrenhaften Weg. Das unstete Abklappern von allen möglichen Gesellschaftsthemen funktioniert aber nicht, wenn man sich mit diesen Themen nicht auch richtig auseinandersetzt, sondern sie nur pflichtstutzig zitiert. Eine extrem müde Inszenierung und die von Netflix gewohnte Herumsteh-Schauspielerei tun ihr Übriges, damit einem hier trotz solch wichtiger Themen wirklich nichts glaubwürdig oder ehrlich vorkommt.
Note: 4-
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