Direkt zum Hauptbereich

Die Chemie stimmt einfach: Filmkritik zu "Cha Cha Real Smooth"

Andrew (Cooper Raiff) hat nach seinem College-Abschluss keine richtigen Pläne: Mit zweiundzwanzig Jahren fehlt es ihm an einem echten Ziel. Als er seinen kleinen Bruder David (Evan Assante) auf eine Bar-Mitzwa-Feier begleitet, freundet er sich dort mit Domino (Dakota Johnson), die Mutter von Davids autistischer Schulkameradin Lola (Vanessa Burghardt) an. Andrew und Domino fühlen sich rasch zueinander hingezogen und auch Lola kann schnell Vertrauen zu dem jungen Mann aufbauen - sogar so sehr, dass er als Babysitter für die Teenagerin herangezogen wird. Allerdings gibt es durchaus Hürden für Domino und Andrew zu überwinden, die sowohl in Andrews Jugend als auch in Dominos Vergangenheit und ihrem jetzigen Leben zu finden sind...

Ich hatte bis zur Sichtung dieses Films noch nie von Cooper Raiff gehört - es passiert selten, dass ich einen mir völlig unbekannten Schauspieler in nur einem Film sehe und sogleich fest davon überzeugt bin, diesen anschließend dringend im Auge behalten zu müssen. Raiff ist hier nicht nur als Hauptdarsteller ungemein glaubwürdig, obwohl er einen Charakter darbietet, dem man nicht durchgehend leicht folgen kann. Auch als Regisseur und Autor dieses Werks zeigt er, dass er ein wahres Talent ist: Es gelingt ihm dabei scheinbar mühelos, ausgezeichnete Charaktere zu schreiben, die durchweg nachvollziehbar agieren und dabei auch noch die ausgetretenen Genre-Pfade zu umgehen. Das resultiert in einem Film, der die typischen Konflikte meidet und sich stattdessen sehr real anfühlt... aber dennoch das Ziel verfolgt, das naive Träumen, welches uns so umschmeicheln, verletzen oder auch weiterbringen kann, nicht auszusparen, sondern sogar dringlich zu gestalten.
Das ist schon eine starke Mischung, die hier aber fast durchweg funktioniert. Die wunderbar geschriebenen Dialoge klingen so, als würden sie tatsächlich echte Menschen sagen - im Genre der Romantic-Comedy (auch wenn das hier deutlich mehr Drama als Komödie ist) ja fast schon ein Novum. Die Figuren wirken bis in die kleinen Nebenrollen hinein erstaunlich gut ausstaffiert. Obwohl die Beziehung zwischen Andrew und Domino vom ersten, charmanten Kennenlernen bis zum emotionalen Schlussakt im Vordergrund steht, durchleben die anderen Figuren ihre ganz eigenen Geschichten, die aber auch Teil der Hauptstory werden. Das wirkt flüssig, ist ungemein rund und hat dabei einen ganz eigenen Charme, der sehr tief bewegt. Nur ab und an ist das ein wenig zu viel des Guten: Innerhalb der 110 Minuten hätte man dem Film hin und wieder ein wenig mehr Fahrt gewünscht und gerade das letzte Drittel wirkt dabei durchaus ein wenig entschleunigt. Magische Filmmomente findet man aber auch dort noch.
Das Highlight, neben einigen leichtfüßig inszenierten Partyszenen, die Andrew in seinem Job als Anheizer schmeißen darf, ist die herausragende Chemie zwischen Cooper Raiff und "Fifty Shades of Grey"-Star Dakota Johnson. Wüsste man es nicht besser, müsste man beiden hier echte Intimitäten am Set nachsagen - beide agieren gemeinsam so dermaßen glaubwürdig, so anziehend und echt, dass man sich an ihnen kaum sattsehen kann. Dass Johnson eine großartige Schauspielerin ist, wussten wir vorher, doch hier dreht sie noch mal ganz neu auf... obwohl sie sich scheinbar sehr zurückhält und ungemein nuanciert agiert. Allein die bewegenden Dialoge oder auch die Szenen, in denen beide kaum miteinander sprechen, ziehen einen förmlich in "Cha Cha Real Smooth" hinein. Und das ihre gemeinsamen Szenen dabei nicht seltsam aufgeladen werden, sondern von echten Gefühlen, Wahrheiten und Schmerz beherrscht werden, macht diese Momente so stark. Das ist dann schon ein Film, der durchaus unter den Genre-Kollegen hervorsticht, auch wenn man der Inszenierung hin und wieder etwas mehr Schwung gewünscht hätte.

Fazit: Wunderbar romantisches Drama mit zwei herausragenden Hauptdarsteller*innen, deren ungemein glaubwürdige Chemie miteinander den ganzen Film zu tragen scheint. Trotz kleinerer Längen ein bewegendes, aufbauendes und sehr ehrliches Vergnügen.

Note: 2-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...