Direkt zum Hauptbereich

Feminismus im Krieg... mit Monstern: Filmkritik zu "Shadow in the Cloud"

Mitten im tobenden Zweiten Weltkrieg heuert Maude Garrett (Chloe Grace Moretz) auf einem US-Bomber an. Unter den extrem skeptischen Blicken der dort aufgestellten Soldaten gibt sie an, auf einer Geheimmission unterwegs zu sein, der von ihren Vorgesetzten ganz oben durchgesetzt werde. Dafür solle sie den Inhalt einer Kiste transportieren, die sie bei sich trägt die keinesfalls geöffnet werden solle. Unter den aggressiv und übergriffig auftretenden Männern an Bord kann sich Maude trotz des Befehls kein Gehör verschaffen. So will ihr auch niemand Glauben schenken, als sie eine merkwürdige Kreatur auf einem der Flügel des Bombers entdeckt. Um eine mögliche Gefahr abzuwenden, muss sich Maude als einzige Frau in einer Männerdomäne durchsetzen... sonst könnte die gesamte Besatzung diesen Flug nicht überleben.

Es ist manchmal schon erstaunlich, welch verschiedene Themen und Genres sich in einem Film verbinden lassen. Mir kam zumindest noch nie der Gedanke, dass eine Mischung aus Feminismus-Thriller, Familiendrama, Kriegsactioner und Monster-Horror etwas sei, was der Filmwelt noch fehlt... geschweige denn habe ich jemals geglaubt, dass eine solche Mixtur qualitativ irgendwie gelingen könnte. Es lässt sich jedoch sagen, dass Regisseurin Roseanne Liang (die auch das Drehbuch umschrieb, nachdem der zuständige Autor Max Landis von dem Projekt abgezogen wurde - ausgerechnet aufgrund von Vorwürfen des Sexismus und der sexuellen Nötigung, was bei dem Thema dieses Skripts schon ironisch anmutet) allen Zweiflern ordentlich die Leviten liest, denn dieser Mischmasch geht zumindest über weite Strecken voll auf. Besonders stark ist dabei nicht nur, wie es Liang gelingt, einen extrem beengten, einzelnen Raum zu einem atmosphärischen und erdrückenden Setting zu machen, wie man es so intensiv schon lange nicht mehr gesehen hat. Zudem schafft sie es, den Wert des Feminismus mit simplen, aber wahnsinnig effektiven Methoden absolut dringlich und lebensrettend zu gestalten... und das sogar, ohne dass dies platt oder forciert wirken würde.
Tatsächlich sieht Maude auf ihrem Platz im Flugzeug nämlich mehr als der Rest der ausschließlich männlichen Crew - da sie eine Frau ist, will man ihr ihre Sichtungen, von denen letztlich aber der glückliche Ausgang des Fluges abhängen soll, nicht glauben. Das ist schon eine sehr clevere Methode, um das aktuelle Thema einzufädeln und zu einem absoluten Dreh- und Angelpunkt zu machen. Die triste und letztlich wahnsinnig sexistische Atmosphäre an Bord tut ihr Übriges, um dem Grundkonflikt richtig Würze und bisweilen auch eine echte Bedrohung zu verleihen. Und dann kommen noch weitere, vollkommen verquere, in dieser Hinsicht aber grandios inszenierte Genres dazu: Eine Art Kreatur befindet sich auf dem Flugzeug. Die feindlichen Japaner sind in der Nähe und greifen an. Und ein Geheimnis um Maude enthüllt sich, wobei auch noch geklärt werden muss, was eigentlich ihre geheime Mission ist und was zur Hölle sie in der mysteriösen Box versteckt, die sie nur sehr ungerne überhaupt aus der Hand gibt.
Mit kleinen, sehr feinen Details wird dieses Konstrukt wunderbar weitergedacht, immer wieder verschärft und aufs nächste Level gehoben. Von einem klaustrophobischen Thriller, der aus einem einzigen, wunderbar inszenierten Blickwinkel erzählt wird, schließlich zum Kriegsfilm und zu einem absolut vertrashten Monster-Movie. Das ist dann letztendlich, im krassen Kontrast zur ersten Hälfte, so dermaßen over the top, dass es jede Menge Freude macht. Im Action-Bombast der zweiten Hälfte, die mit ebenso unmöglichen wie faszinierenden Einzelmomenten aufwartet, geht die stille und schneidende Atmosphäre aber natürlich vollkommen verloren. Das wird innerhalb der kruden Mixtur sicherlich gewollt sein, ist dann aber auch irgendwann zu viel des Guten. Die meisten Charaktere werden praktisch vergessen und bezüglich des Monster-Plots kann man sich, da man dieser Handlung im Grunde keinerlei Background mehr gibt, auch nicht mehr aus dem Trash-Vehikel befreien. Das ist dann vielleicht etwas zu kontrastreich und kann deswegen durchaus verwirren. Ein interessantes Experiment ist es dennoch - und sei es auch für manche nur dazu da, um einer großartigen Chloe Grace Moretz beim über weite Strecken alleinigen Tragen eines solch kreativen Films zuzusehen. Das ist dann schon wieder großes Kino... wenn auch völlig überdreht.

Fazit: Chloe Grace Moretz glänzt mit einer brillanten Performance in einer wilden Mixtur aus Emanzipations-Thriller, Kriegs-Action und trashigen Monsterfilm. Die Puzzleteile passen natürlich nicht zusammen, sind aber alle für sich mindestens unterhaltsam, wenn nicht gar hochgradig spannend. Gegen Ende geht dem Film im überzogenen Dauerfeuer aber deutlich die Puste aus.

Note: 3+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...