Direkt zum Hauptbereich

Bunter Krimi in Hollywood: Filmkritik zu "Last Looks"

Früher war Charlie Waldo (Charlie Hunnam) ein angesehener Polizist beim LAPD, der dann jedoch in Ungnade fiel und sich als Privatdetektiv verdüngte. Mittlerweile lebt Waldo möglichst minimalistisch, hat sich in den Wald zurückgezogen und fristet ein Dasein für sich alleine... bis seine Ex-Freundin Lorena Nascimento (Morena Baccarin) bei ihm auftaucht. Diese möchte ihn für einen besonders schwierigen Fall beauftragen, bei welchen Waldo nach Möglichkeit die Unschuld des exzentrischen Fernsehstars Alastair Pinch (Mel Gibson) beweisen soll, der des Mordes an seiner Frau beschuldigt wird. Eher durch äußere Einflüsse lässt sich Waldo schließlich zur Übernahme des Falles breitschlagen und kommt dabei nicht nur mit dem Glanz der Filmstudios in Kontakt, sondern auch gleich mit mehreren potenziellen Verdächtigen, die nicht auf den Namen Pinch hören...

Mit "Last Looks" ist im Jahr 2021 ein recht feiner, aber kaum beachteter Krimi erschienen, der sich glücklicherweise nie so wirklich ernstnimmt und mit vielen spleenigen Charakteren aufwartet. Trotz des eher bunten Settings, in welchem sich ebenso bunte Gesellen tummeln, die sich beim Chargieren gegenseitig zu übertreffen versuchen, wirkt all dies sogar einigermaßen stimmig. Sogar der große Mel Gibson, der sich hier mit einem prächtigen Schnauzer quasi selbst zu persiflieren beginnt, indem er als völlig überzeichnete Superstar-Karikatur auftritt, die ihren Untergebenen auch gerne mal eins auf die Schnauze haut, kann das Geschehen irgendwie erden: Er ist durchgeknallt, er chargiert, aber er gibt sich nicht der Lächerlichkeit preis, denn dafür ist sein Charakter dann doch zu durchdacht geschrieben. Gleiches gilt für einen mal wieder großartigen Charlie Hunnam, der als genervter Detektiv sowohl kratzigen Humor als auch eine charmante Intelligenz durchscheinen lässt. Dabei kommt auch er nicht als perfekter Supermann daher, sondern wird regelmäßig niedergeschlagen, hintergangen und lässt sich sogar gegen seinen Willen verführen.
Der Krimi-Plot, der anfangs noch einigermaßen wendungsreich präsentiert und leichtfüßig inszeniert wird, tritt alsbald jedoch in den Hintergrund, was ein wenig schade ist. Generell verliert "Last Looks" in seiner zweiten Hälfte spürbar den Fokus und entwickelt seine letztlich eher unsicher herummäandernde Geschichte über allerlei Strippenzieher weiter. Das führt dann sogar dazu, dass die prunkvolle Figur des Alastair Pinch nur noch wie eine Nebenfigur in seinem eigenen Fall auftritt, während Charlie Waldo irgendwie versucht, einen Sinn in alldem zu sehen - und das gelingt ihm für eine recht zähe Weile leider nicht. Die schmucke Inszenierung von Regisseur Tim Kirkby täuscht darüber aber immer wieder recht locker hinweg und kann dann sogar die eher maue Auflösung retten: Denn wenn schon nicht die tatsächlichen Fakten sonderlich aufregend erscheinen, so ist es die herrlich altmodische und clevere Art und Weise, wie Kirkby diese enthüllt, die doch noch Freude macht.
Ansonsten leistet sich der Film, ganz getreu einem Krimi, so manch eine Abzweigung, die als falsche Fährte dienen soll und dabei das Publikum auch gerne mal an der Nase herumführt. Rückblickend wären sie nicht alle notwendig gewesen und auch einige zusätzliche Figuren plustern "Last Looks" noch einmal unnötig auf. So zum Beispiel der Auftritt von "Lost"-Star Dominic Monaghan, den ich zwar immer gerne sehe, dessen Figur jedoch wie plötzlich hineingeworfen wirkt und dann noch nicht mal Entscheidendes für den Plot beizutragen hat. So wirkt der Film dann doch etwas verquer und tänzelt bisweilen, auch wenn er seinen grundlegenden Charme nie einbüßt, etwas unentschlossen zwischen einem Krimi und einer (verrückteren) Komödie hin und her. Somit nicht gänzlich ohne Hänger, aber mit einer eigenwilligen Atmosphäre, komponiert in hübschen Bildern der Goldstadt Hollywood, die hier natürlich auch nicht ohne einige Seitenhiebe davonkommt... die gerade angesichts der aktuellen MeToo-Debatte zum Beispiel aber auch gern noch etwas böser hätten ausfallen dürfen.

Fazit. Charmanter Krimi mit einer stilvoll agierenden Besetzung, wobei sich der Ton des Films zum Glück nie zu ernst nimmt. Die interessante Handlung verliert in der zweiten Hälfte jedoch so arg den Fokus, dass die Dramaturgie durchaus leidet und einige Längen nicht ausbleiben.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid