Otto Anderson (Tom Hanks) ist ein echter Griesgram, der die Nachbarschaft ordentlich in Atem hält. Ganz egal ob Paketboten, Baumarktverkäufer oder das neu hinzugezogene Pärchen Marisol (Mariana Trevino) und Tommy (Manuel Garcia-Rulfo) - sie alle dürfen sich tagtäglich vom dauerhaft schlecht gelaunten Otto so einiges anhören... und wenn es sich nur um Kleinigkeiten handelt. Ottos Zustand kommt jedoch nicht von irgendwoher und tatsächlich kämpft er mit schweren Suizidgedanken. Sein Leben beginnt sich jedoch zu ändern, als neue Menschen in sein Leben vordringen, die ihn aufgrund seiner Unfreundlichkeit nicht gleich wegstoßen, sondern näher nachhaken und sogar auf ihn angewiesen sind. Otto beginnt, doch noch einen Sinn in seinem Leben zu erkennen...
Bei diesem Film handelt es sich um das US-Remake des schwedischen Filmhits "Ein Mann namens Ove". Da ich das Original bislang nicht gesehen habe, kann ich keinen Vergleich anstellen, habe jedoch mehrfach gelesen, dass die Fans ganz klar die schwedische Variante bevorzugen. Und es fällt tatsächlich nicht so schwer zu glauben, dass dieser besser gewesen ist, denn "Wenn Träume fliegen lernen"-Regisseur Marc Forster ist hier ganz offensichtlich auf die simple Rührseligkeit aus. Gerade die erste Stunde zieht sich unter der klischeehaften Vorhersehbarkeit der Geschichte bisweilen wie Kaugummi, da wir stets ganz genau wissen, was als nächstes passiert... oder eben nicht passiert. Und die Geschichte eines griesgrämigen Mannes, der von den Menschen in seiner Umgebung bekehrt wird und letztendlich sogar zu einem Alltagshelden aufsteigt, ist nun auch nicht unbedingt neu. Forster findet nur selten eigene Akzente, um diesen alten Hut frisch aufzulegen und ergötzt sich stattdessen im Kitsch - da wird richtig hart auf die Tränendrüse gedrückt, damit auch ein jeder voll und ganz versteht, dass die Hauptfigur hier wirklich dramatisch angelegt ist.
Ich mauere bei solch überzogenen Versuchen sehr schnell und so erging es mir auch bei "Ein Mann namens Otto" nicht anders. Sicherlich hat der Film vor allem während der letzten halben Stunde seine rührenden Momente und macht aus der Sache letztendlich noch einen sehr runden Abschluss. Zuvor habe ich mich angesichts der klischeehaften Nebenfiguren und der recht zähen Rückblenden, die einen Mann erzählen sollen, den wir aber vorher schon verstanden und akzeptiert haben (sofern wir denn auch nur einen Hauch von Empathie in uns tragen), jedoch oft gelangweilt. Forsters Inszenierung bleibt behäbig und wird oftmals nur durch den mal wieder wundervollen Soundtrack von Thomas Newman getragen. Der Humor bleibt bisweilen harmlos und hat für eine Komödie zu wenig echte Treffer zu bieten, während die Dramaaspekte des Films doch viel zu formelhaft ausgespielt werden. Das kann die ohnehin sehr vorhersehbare Geschichte leider nicht mehr wirklich aufwerten, auch wenn es zwischendurch immer wieder Momente gibt, die durchaus zu Herzen gehen und die auch einen feinen Blick auf unsere heutige Gesellschaft aufzeigen... auch wenn hier ebenfalls nicht mit wirklicher Subtilität gearbeitet wird.
Gespannt durfte man jedoch auf die Performance von Tom Hanks sein, der sich in Hollywood ja eigentlich als perfekter Darsteller für gutmütige Charaktere positioniert hat. Ihn nun als ewig mürrischen Griesgram zu sehen, den vor einigen Jahren so auch ein Clint Eastwood noch hervorragend hätte darstellen können, ist mal etwas anderes... und Hanks macht seine Sache mit Bravour. Der trockene Humor seines Charakters weiß immer wieder zum Schmunzeln anzuregen und tatsächlich sitzt bei Hanks jede Geste und jeder Blick so genau, dass sein Spiel sogar noch spannender ausfällt als die im Kern recht simpel gezeichnete Hauptfigur. Da muss der Rest des Casts natürlich hintenan stellen und da die meisten von ihnen ohnehin mit sehr einfach gestrickten Figurenmustern jonglieren, gibt es da auch nur recht wenig abzuholen. So gut wie alle von ihnen fallen unter das Muster eines sympathischen, weltoffenen Menschen, die dann im herben Kontrast zum miesepetrigen Otto stehen - ambivalenter wird es dabei leider nicht. Auch das ist dann eben nach Schema F inszeniert und weiß deswegen nicht wirklich zu begeistern. Aber gut, wahrscheinlich ist das schwedische Original (welches ich mir irgendwann sicherlich mal ansehen werde) tatsächlich einfach die bessere Wahl.
Fazit: Tom Hanks weiß als knurriger Griesgram zu gefallen, muss jedoch in einem sehr formelhaften und behäbig inszenierten Drama agieren, welches viel zu sehr darum bemüht ist, Gefühle beim Publikum zu wecken. Da gehen Leichtigkeit und wahre Emotionen zu oft verloren.
Note: 4+
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