Direkt zum Hauptbereich

Keine Zweifel erlaubt: Filmkritik zu "Den Himmel gibts echt"

Für die Familie von Todd Burpo (Greg Kinnear) sind harte Zeiten angebrochen - Rechnungen stapeln sich und Todd ist trotz mehrerer Jobs und Aushilfsarbeiten kaum dazu fähig, diese zu bezahlen. Der nächste Tiefschlag lauert, als sein vierjähriger Sohn Colton (Connor Corum) einen Blinddarmdurchbruch erleidet und beinahe auf dem Operationstisch stirbt. Nach der überstandenen OP beginnt Colton zu erzählen, dass er den Himmel gesehen und den leibhaftigen Jesus Christus getroffen habe. Todd zweifelt an der Geschichte, doch mit der Zeit erzählt Colton auch von verstorbenen Verwandten der Familie... und berichtet von Details, die er so nicht wissen kann. Aufgrund dieser Erzählungen beschäftigt sich der Prediger Todd mehr mit dem Leben nach dem Tod, um herauszufinden, ob das, was sein Sohn gesehen hat, wirklich die Wahrheit sein kann.

Ja, tatsächlich ist dieser Todd Burpo, obwohl er selbst als Prediger für seine Gemeinschaft tätig ist und dabei den Glauben an Gott bekräftigt, anfangs noch sehr skeptisch. Und das ist schön, da ein Film wie dieser eine gesunde Mischung von beiden Seiten hätte bieten können: Ein wenig Ambivalenz für die Skeptiker (wie mich), aber auch genug Hoffnung für die Gläubigen unter uns, die an einer solchen (übrigens "wahren") Geschichte nagen können. Die Filmemacher haben sich dann aber recht früh für einen ganz klaren Pfad entschieden und dabei jegliche Skepsis förmlich untersagt. Denn schon Coltons erste Erzählungen werden mit himmelschreiend kitschigen Bildern von singenden Engeln und einem (wenn auch nicht frontal gezeigten) Sohn Gottes unterlegt, die im Grunde keinerlei Zweifel daran lassen sollen, dass die Erlebnisse des nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungenen Jungen so definitiv passiert sein müssen.
Und damit wird dann auch ein recht spannendes Konfliktpotenzial direkt ad acta gelegt. Denn während wir Todd bei seinen (nachvollziehbaren) Zweifeln folgen, die auch noch durch Reaktionen aus dem sozialen Umfeld seines Sohnes geschürt werden, haben wir als Publikum zuvor die "Wahrheit" bereits gesehen und haben daher einen deutlichen Wissensvorsprung. Es wird klar, dass der Film uns die Existenz des Himmels als bare Münze verkaufen will, weswegen von Anfang an keinerlei Zweifel erlaubt sind. Da wirken dann auch die Schritte hin zu den Figuren, die tatsächlich einen anderen Glauben teilen, nur noch pflichtschuldig, da sich der Film als solches auf eine ganz andere Message einigt. Gott gibts, den Himmel auch und wir stehen alle unter ihm. Das mag bei dem mehrheitlich christlichen und streng gläubigen Publikum in den USA sicher auf viel Gegenliebe gestoßen sein, doch in dieser Hinsicht wirkt der Film eben auch sehr verkopft... und bemüht darin, seinem Publikum bloß das zu geben, was es hören will, um nicht noch irgendwelchen Zorn zu schüren.
Immerhin hat der Film aber Greg Kinnear, der in der Performance eines mit sich und seinem Glauben hadernden Familienvaters durchweg überzeugt. Man könnte das hier schon fast als seine One-Man-Show bezeichnen, der nicht nur das ganze Werk zusammenhält, sondern es schlichtweg beherrscht... und das obwohl ihm noch einige namhafte Co-Stars zur Seite gestellt wurden. Dieser Supporting-Cast, der so illustre Namen wie Margo Martindale oder "Wir kaufen einen Zoo"-Star Thomas Haden Church bereithält, hat dann aber weitestgehend wenig zu tun und muss fast durchgehend einem nuanciert aufspielenden und gerade deswegen so glaubwürdigen Kinnear das Feld überlassen. Er ist es dann auch, der den bis zur Qual hochgezogenen Kitschfaktor, bei dem auf manipulative Art auf die Tränendrüse gedrückt wird, noch ein wenig drosselt. Der "Little Miss Sunshine"-Star hat offensichtlich die Fähigkeit, selbst die klarsten Dialoge noch durch eine feine Performance auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Das wertet "Den Himmel gibts echt", der gerade in der zweiten Hälfte fortwährend auf überholte Kirchen-Klischees setzt, dann wirklich noch ein wenig auf. 

Fazit: Typisches Drama, welches eher als Werbespot für die Kirche anmutet und nur noch von einer sehr sympathischen Performance von Hauptdarsteller Greg Kinnear geerdet wird. Der Rest ist purer Kitsch, der leider viel zu wenig Raum für die nötige Skepsis zulässt, die den Protagonisten erst beflügelt.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid