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Eine feministische RomCom aus Deutschland: Filmkritik zu "Liebesdings"

Eigentlich lebt Marvin Bosch (Elyas M'Barek) das Leben jeden Traums: Er ist Deutschlands womöglich größter Filmstar, seine weiblichen Fans liegen ihm zu Füßen und um Geld muss er sich ohnehin keine Sorgen machen. Ihm selbst geht dieses Leben voller gesellschaftlichem Druck, voller penetranter Reporter und ständiger, oberflächlicher Menschen jedoch gehörig auf die Nerven - so sehr, dass er sogar auf der Premiere seines neuesten Films nicht auftaucht und sich stattdessen in ein nahe am Ruin stehendes Theater verläuft. Dort lernt er die Feministin Frieda (Lucie Heinze) kennen, die mit einem Megastar wie Marvin eigentlich nichts zu tun haben möchte. Doch eines führt zum anderen... und Marvins Karriere hängt plötzlich ebenso wie Friedas Beruf am seidenen Faden. Um ihre Hälse aus den Schlingen zu bekommen, müssten sie sich eigentlich gegenseitig helfen... oder zumindest damit anfangen, sich einmal gegenseitig wirklich zuzuhören.

Eigentlich kriegt man dabei direkt Panikattacken - nicht, weil eine romantische Komödie mit feministischem Touch aus deutschen Landen nicht etwas Schönes wäre, sondern weil man eigentlich nicht daran glaubt, dass ein solcher Film im Mainstream wirklich gelingen könnte. Vielleicht bin ich immer noch viel zu traumatisiert von all den sexistischen Til-Schweiger-Klamotten, für die immer noch Millionen von Fans ein Kinoticket lösen und somit aufzeigen, dass wir uns in der Gesellschaft und im Verständnis für die Menschen um uns herum doch nicht so richtig weiterentwickelt haben. Aber man muss konstatieren, dass für "Liebesdings" schließlich Anika Decker verantwortlich ist, die sich ja seit Jahren in einem ordentlichen Zwist mit dem mittlerweile ordentlich miese Schlagzeilen verursachenden Schweiger befindet und somit sicherlich in eine ganz andere Richtung rennen würde als der "Klassentreffen 1.0"-Regisseur. Und tatsächlich hat Decker den feministischen Ton des Films ziemlich gut im Griff, was zu einigen schicken Dialogen und tatsächlich zu starken Frauenfiguren führt, die nicht ausschließlich über den Klee gelobt werden, aber endlich mal etwas zu sagen haben, was von Belang ist... wie in nur wenigen anderen RomComs aus deutschen Landen.
Dass Decker dabei mehrfach übers Ziel hinausschießt, ist aber schade. In ihren Mühen, den ganzen Film dringend so zu gestalten, dass sich jede Feministin angesprochen fühlt, greift man doch mehrmals sehr tief in den Klischeetopf. Ob nun eine Parade tanzender Tampons auf einer Theaterbühne oder das wiederholte Aufsagen von Tätigkeiten, die ein heterosexueller Cis-Mann besser nicht tun sollte, wirklich spaßig oder auch intellektuell tragbar sind, darf bezweifelt werden - an diesen Stellen hämmert uns Decker ihre (durchaus positive) Agenda so mit Nachdruck und allerlei bemühten Gags rein, dass man sich doch etwas verschaukelt vorkommt. Und da das hier immer noch eine deutsche Mainstream-Produktion ist, müssen auch noch arg vertrottelte Nebenfiguren rein und natürlich der übliche Kotz-Gag, bei welcher das Erbrochene anschließend noch sekundenlang in Nahaufnahme abgefilmt wird. Auf solche Momente hätte man gerne verzichten können, um statt diesem pubertären Humor doch noch ein paar Minuten mehr Zeit für einige arg schablonenhafte Figuren aufzuopfern, die hier auf den Nebenschauplätzen offensichtlich nur zur Quote herbeigeholt wurden, ohne dabei die Handlung wirklich voranzubringen. Schade, hier wurden viele, wichtige Chancen liegengelassen.
Bei all diesen Fehlschlägen ist es umso verwunderlicher, dass es Decker trotzdem gelungen ist, eine vollkommen standardisierte RomCom zwischen Mann und Frau zu erzählen, bei der der Kitschfaktor gemeinhin bis ganz oben ausschlägt... und trotzdem immer wieder angenehme Untertöne einfließen zu lassen. Hin und wieder wirken diese zwar zu gewollt - so zum Beispiel bei der Hintergrundgeschichte des Künstlers Rocco, die hier hochdramatisch nacherzählt wird, obwohl der Charakter davor und danach im Grunde keinerlei Rolle mehr spielt. An anderen Stellen klappt das jedoch gut, sodass gerade die zentrale Romanze zwischen Marco und Frieda aufgrund der toughen und selbstbestimmten Einstellung letzterer weniger schematisch und sehr aktuell daherkommt. Dabei werden immer wieder auch Themen angesprochen, die im deutschen Film (immer noch) arg totgeschwiegen werden und somit durchaus Relevanz bekommen. Raum für ironische Brüche und allerlei nette, überzeichnete Klischees ist ebenso noch da - so gefallen besonders Alexandra Maria Lara als knallhart-ekelhafte Reporterin sowie "Traumschiff Surprise"-Star Rick Kavanian als schmieriger Nebenbuhler. Diese Mischung aus alten und neuen Manirismen steht dem Film über weite Strecken, auch wenn daneben einige unschöne Fehltritte umso deutlicher auffallen.

Fazit: Immer wieder trifft Anika Decker mit Themen, die so viel zu selten im deutschen Mainstream angesprochen werden, den richtigen Ton... und immer wieder auch nicht. Klarer und wichtiger Feminismus beißt sich mit stumpfen Kotz-Gags, weswegen dieser Film trotz viel Herz doch nur im Durchschnitt landet.

Fazit: 3-



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