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Zeitgemäß - und das ist gut so! : Filmkritik zu "Peter Pan & Wendy"

Wendy Darling (Ever Anderson) wird als ältestes von drei Kindern nachgehalten, kein sonderlich gutes Vorbild für ihre jüngeren Brüder John (Joshua Pickering) und Michael (Jacobi Jupe) abzugeben - Wendy hadert jedoch sehr mit ihrer Position, die ein erwachseneres Verhalten voraussetzt. Da trifft es sich gut, dass eines Abends urplötzlich die kleine Fee Tinker Bell (Yara Shahidi) und der sagenumwobene Peter Pan (Alexander Molony) im Kinderzimmer der Darlings auftauchen und die drei Geschwister mit zu sich ins Nimmerland nehmen - eine abenteuerliche Welt, in der Kinder leben können, ohne jemals erwachsen werden zu können. Dort liefert sich Peter seit jeher Kämpfe mit dem fiesen Captain Hook (Jude Law) und seiner Meute aus Piraten... obwohl beide eine gemeinsame Vergangenheit teilen.

Es war prinzipiell abzusehen und ist dennoch sehr glücklich: Die Neuverfilmung des Disney-Klassikers "Peter Pan" zieht die bekannte Geschichte an genau den richtigen Stellen in unser heutiges Verständnis. Das führt dazu, dass Disney nicht erneut eine seiner klassischen Geschichten stumpf kopiert (wie zuletzt zum Beispiel beim völlig unnötigen "König der Löwen"-Remake), sondern sie auch sinnvoll erweitert. Das Original ist nämlich zum einen furchtbar rassistisch geraten, was für die Neuverfilmung selbstverständlich abgeändert wurde - so findet sich eine gänzlich neue, toughe Tiger Lily in der Besetzung, die mit den miesen Stereotypen des Zeichentrick-Originals zum Glück gar nichts mehr gemein hat. Außerdem hatte das Original letztendlich nur wenig mehr als eine simple Formel für die Aneinanderreihung von vielen Abenteuersequenzen zu bieten, was zu keinem dramaturgischen Bogen führte. Diesen besitzt "Peter Pan & Wendy" nun und verzichtet auf einige effekthascherische Momente wie den Ausflug zum Meerjungfrauen-See, um stattdessen in Sachen Story und Charakterentwicklung mehr Stoff zu bieten.
Das zeigt sich vor allem in der Geschichte des im Original reichlich schrägen und ebenso eindimensionalen Widersachers Hook - der bekommt hier eine eigene Background-Geschichte, die seine tief verwurzelte Feindschaft mit Peter Pan sinnvoll unterfüttert... und Jude Law agiert dementsprechend nicht so schrill wie vermutet, sondern kann seinem eigenen Hook einen Stempel aufdrücken, der sicherlich erinnerungswürdig ist. Auch Peter Pan selbst bekommt mehr Tiefe und wird nicht so sehr als ein perfekter Kinderheld aufgebaut - stattdessen agiert Pan an einigen Stellen so gemein, dass man sich ernsthaft fragen muss, wer denn nun der wirkliche Bösewicht in dieser Geschichte ist, was durchaus einen interessanten Ansatz mit sich bringt. Leider ist Newcomer Alexander Molony dieser (durchaus anspruchsvollen) Aufgabe kaum gewachsen und bringt in der männlichen Titelrolle nur wenig echten Charme mit, um dem gewitzten und hinterlistigen Jungen wirklich die Ausstrahlung zu verleihen, die hier nötig gewesen wäre. Auch "Black Widow"-Star Ever Anderson wirkt als eine neue Version der Wendy, die wesentlich tougher herüberkommt, noch etwas überfordert. Vergleicht man ihre bisweilen etwas hölzerne Performance, die über weite Strecken aus großem Augenaufreißen besteht, mit der Darstellung Yara Shahidis als Tinker Bell, liegen da noch Welten zwischen beiden... und das obwohl Shahidi sogar ohne Worte auskommen muss und stattdessen sehr viel Ausdruck nur in ihr Gesicht zu legen hat.
Generell ist diese Neuausrichtung jedoch ziemlich fein gelungen, auch wenn zu spüren ist, dass sich die Macher hin und wieder gegenseitig ausbremsen, um den Stoff kinderfreundlicher zu gestalten - einige düstere Szenen erhalten so keine echte Konsequenz. Rein visuell kann man dem Werk aber nur wenig vorhalten: Die CGI-Überlastung kennen wir von Disneys Werken schon und dass dabei nicht alle Computertricks überzeugend ausfallen, war zu erwarten. Generell sieht der Film aber sehr schick aus und hat auch ein paar feine Actionszenen zu bieten. Das Finale an Bord von Hooks Schiff bietet dabei sogar gleich mehrere, echte Augenöffner und schwungvolle Choreographien, die immer mehr an Dynamik gewinnen. Hin und wieder spürt man jedoch, dass ein etwas durchwachsener Schnitt so manch eine fehlende Computeranimation tilgen soll... da entweicht einigen Szenen dann doch der Schwung. Das sind jedoch nur marginale Kritikpunkte in einer ansonsten ziemlich passenden Adaption eines bisweilen schlecht gealterten Klassikers, der alles bietet, was man von einem Film dieser Art erwarten darf: Herzliche Figuren, kinderfreundliche (und visuell ansprechende) Action, Humor und einen Jude Law in Bestform. Somit dürfte dieser Film dann auch recht deutlich zu den gelungeneren Disney-Remakes der letzten Jahre zählen und lässt auch wesentlich aufwendigere Werke wie "Mulan" oder "Die Schöne und das Biest" hinter sich.

Fazit: Eine sinnvolle Neuausrichtung, die diverser, zeitgemäßer und somit auch herzlicher daherkommt. Der Plot wird grundlegend erweitert, ohne dabei das Original zu verwässern, was man direkt am Schwung der Inszenierung bemerkt. Das Casting der beiden Hauptfiguren ist jedoch eher durchwachsen und die enorme Nutzung von CGI-Effekten sicherlich nicht jedermanns Sache.

Note: 3+



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