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Gesellschaftskritisches Stückwerk: Filmkritik zu "Triangle of Sadness"

Die Beziehung von Yaya (Charlbi Dean) und Carl (Harris Dickinson) hat schon bessere Tage erlebt: Er arbeitet als Model, findet jedoch den Anschluss nicht mehr - sie verdient hingegen als erfolgreiche Influencerin wesentlich mehr Geld, was bei Grundsatzfragen wie dem Bezahlen der Rechnung des Abendessens zu hitzigen Diskussionen führt. Als beide auf einer Luxusyacht anheuern, wollen sie ihren Streit begraben, müssen jedoch mit einer wahren Welle von Geschehnissen von außen zurechtkommen: Der besoffene Kapitän (Woody Harrelson) verschiebt das Captains-Dinner auf den Tag eines Sturms auf hoher See; der recht trinkfeste Millionär Dimitry (Zlatko Buric) versetzt die reichen Passagiere in Panik und dann wird das Essen aufgrund eines Schwimmausflugs der Crew auch noch schlecht...

Der in diesem Frühjahr dreifach oscarnominierte "Triangle of Sadness" hat nach außen hin vor allem durch eine lange Sequenz für Furore gesorgt, während welcher sich etliche Figuren an Bord der Yacht übergeben müssen... und das in sämtlicher Extremität. Das dürfte für viel Aufsehen gesorgt haben, hat mit dem Plot des Films aber im Grunde wenig zu tun, sondern ist eher ein ziemlich grenzwertiger Höhepunkt im Mittelteil, welcher den versnobten, reichen Passagieren auch mal physisch einige Schellen austeilt. Ansonsten versteht sich der Film natürlich als Gesellschaftskritik, die vor allem den Reichen und Schönen ordentlich den Spiegel vorhalten soll. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut - weniger, da es nun wirklich nicht mehr neu oder sonderlich schwierig ist, sich über Influencer*innen und russische Millionäre, die viel Geld und ansonsten im Grunde nichts haben, lustig zu machen. Beginnt der Film noch recht extravagant mit einigen cleveren Dialogen rund um Geschlechterbilder und Finanzen, rutscht er später immer wieder ins Alberne ab.
So ist der zweite Akt an Bord des Luxusdampfers zwar rein optisch ein echtes Feuerwerk - Regisseur Ruben Östland hat seine Inszenierung hervorragend im Griff. Dennoch tappt man dramaturgisch in so manch eine Falle und überlädt den Film zu diesem Zeitpunkt mit einer schieren Armada aus Haupt- und Nebenfiguren, von denen viele eingeführt und schließlich für lange Zeit oder gar auch für immer wieder vollkommen vergessen werden. Einem wirklichen roten Faden scheint "Triangle of Sadness" dabei nicht zu folgen und liefert eher unterhaltsames Stückwerk - manchmal etwas platt, aber immer wieder höchst amüsant, was besonders vom spielfreudigen Cast getragen wird. Wenn sich die beiden "2012"-Stars Woody Harrelson und Zlatko Buric in betrunkenem Zustand weise Zitate von weisen Männern und Frauen an den Kopf werfen, diese aber nur von ihren Smartphones ablesen, ist das ebenso witzig wie die penibel auf ihre Passagiere achtenden Crewmitglieder, die sich im Grunde aber nur auf den üppigen Gehaltsscheck am Ende der Reise freuen. Obwohl die angeheuerte Gesellschaftskritik deutlich weniger süffisant und intelligent ist als vorgegeben, so kann man sich über die Charaktere und die Schauspieler*innen tatsächlich amüsieren.
Im dritten Akt schludert der Film dann aber vollkommen aus und klappt an das etwas inkonsistente Yacht-Kapitel noch eine weitere Geschichte an, die zwar ein paar recht feine Momente hat, in der Umstrukturierung der Gesellschaftsbilder aber so platt und vorhersehbar ist, dass sich ein echter Feinsinn nicht mehr einstellen mag. Hier treten dann tatsächlich auch ein paar gewaltige Längen auf, der Film verliert den Boden unter den Füßen und ätzt nur noch auf durchsichtigste Weise gegen seine Charaktere: Die Reichen sind doof und ohne Geld und Technik praktisch lebensunfähig, die Armen sind dafür aber richtig stark. Das mag als Aussage durchaus Anklang finden, ist in dieser überzeichneten und bisweilen gar albernen und arg ausgewalzten Ausführung aber schlichtweg banal. Unter dieser Oberfläche findet sich dann, bis zum enttäuschend-offenen Ende, nicht mehr viel. Die Charaktere sind mehr Schein als Sein, was sicherlich auch so gewollt ist, aber ebenfalls ziemlich bemüht wirkt. Fraglos ist die Regie großartig, der Cast macht seine Sache durchweg wundervoll und die Bilder sind wirklich clever komponiert. Darüber hinaus erzählt uns der Film aber nichts Neues... und erzählt diese altbekannten Dinge auch nicht einmal sonderlich gut. So richtig in Erinnerung bleibt da nur ein schrulliger Haufen an Figuren und jede Menge Erbrochenes - etwas wenig für 145 Minuten.

Fazit: "Triangle of Sadness" liefert viel Stückwerk - oft sehr amüsant, dann wieder grenzüberschreitend schräg und immer wieder mit feinen Dialogen. Im Gegensatz dazu steht jedoch auch eine platte, ziemlich simple Gesellschaftskritik und ein zerfaserter, dritter Akt, der aus dem Film keine runde Sache mehr macht, trotz aller inszenatorischer und schauspielerischer Brillanz.

Note: 3-



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