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Liam Neeson darf endlich (wieder) alt sein: Filmkritik zu "The Marksman - Der Scharfschütze"

Der pensionierte US-Marine Jim Hanson (Liam Neeson) lebt allein mit seinem Hund Jackson auf einer kleinen Farm nahe der Grenze zwischen Arizona und Mexiko. Auf einer Patrouillenfahrt an dem Grenzzaun begegnet er der jungen Mutter Rosa (Teresa Ruiz) und ihrem Sohn Miguel (Jacob Perez), die gerade vor gewalttätigen Häschern eines Kartells ins US-Gebiet flüchten. Hanson nimmt sich den beiden an und liefert sich ein kurzes Feuergefecht mit den anrückenden Kriminellen. Daraufhin müssen die drei fliehen, scheinen jedoch keinen echten Zufluchtsort zu haben, da sogar die örtliche Polizei teilweise mit den mexikanischen Kartellen zu interagieren scheint. Während Hanson und Jacob sicheres Gebiet suchen, hängen ihnen die Kartell-Verbrecher förmlich an den Fersen... denn deren Anführer Maurico (Juan Pablo Raba) möchte unbedingt Rache für einen der Männer nehmen, die Hanson bei dem Gefecht erschossen hat.

In den zahllosen Actionfilmen, die Liam Neeson im Herbst seiner Hollywood-Karriere förmlich rauf und runter dreht, wurde eine Tatsache oftmals vergessen: Neeson ist mittlerweile über siebzig Jahre alt und körperlich sichtlich nicht mehr in der Lage, den unkaputtbaren Actionhelden zu mimen. Das hat in einigen Werken gar zu unfreiwilliger Komik geführt, wenn Neeson langsam durch die Gegend stolperte und seine jüngeren Gegenspieler ebenfalls ihr Tempo drosselten, um dem Altstar noch eine Chance zur Gegenwehr zu bieten. Anders macht es nun der Actioner "The Marksman", denn der erlaubt es dem "Hard Powder"-Star tatsächlich, seinem Alter angemessen zu agieren. Sein Jim Hanson ist ebenfalls ein alternder Mann, der zwar dank seiner Marine-Vergangenheit gewisse Fähigkeiten am Scharfschützengewehr besitzt, in einer direkten körperlichen Konfrontation aber schnell unterlegen wäre. Der Film schneidet nicht wild um die physischen Attribute seines Hauptdarstellers herum, sondern macht sich diese innerhalb einer langsameren Inszenierung zu eigen... was deutlich glaubwürdiger wirkt als viele der letzten Ausflüge Neesons ins Action-Genre.
Dazu passt es dann auch, dass aufgrund der unnachgiebigen Verfolger, die Hanson und Miguel an den Hacken haften, zwar ein durchgehender Spannungspegel spürbar ist, aber dennoch weniger auf typische Actionszenen gesetzt wird. Die Spannung entsteht eher durch die dauerhafte Bedrohung der Bösewichter, die jegliche kleine Spur aufnehmen und deren Atem die beiden Protagonisten deswegen stets im Nacken spüren können. Innerhalb dieser gefährlichen Situation nimmt sich "The Marksman" genug Zeit, um die erst zweckdienliche und schließlich auch emotionale Bindung zwischen dem alten Mann und dem gefährdeten Jungen zu erzählen. Obwohl den Figuren insgesamt nur wenig echte Tiefe eingeräumt wird, wirkt diese aufgrund der stimmigen Chemie zwischen Neeson und Nachwuchsstar Jacob Perez sehr glaubwürdig und kann dabei auch einige Momente erzeugen, die in den Dialogen und Interaktionen rührend wirken. Im direkten Kontrast werden die gefährlichen Gegenspieler aber kaum beleuchtet und bleiben schablonenhafte Abziehbilder, die nur durch ihre ständigen Bluttaten eine gewisse Bedrohung entfalten.
Doch trotz der enorm unterentwickelten Gegenspieler wird das Publikum gepackt... und das obwohl die Geschichte des weißen Mannes, der ein (in diesem Falle) mexikanisches Kind rettet, nun wirklich einen langen Bart hat und eigentlich auch nicht mehr ganz zeitgemäß anmutet. "The Marksman" erzählt unter diesen Gesichtspunkten dann auch wirklich nichts Neues, verpackt diese altbekannte Geschichte aber mit genügend charmanten und spannenden Momenten, um keine große Langeweile aufkommen zu lassen. Nur im Mittelteil hätte man dem Werk ein wenig mehr Schwung gewünscht, auch wenn diese Phase recht schnell wieder vorbei geht. Ansonsten interessiert sich der Film wenig für irgendwelche kritischen Untertöne - selbst das leidige Thema Waffenbesitz wird hier ohne jegliche Reflektion dargeboten und die Polizei, die bisweilen mit den bösen Kartellen unter einer Decke steckt, wird darüber hinaus genauso wenig weiter thematisiert wie Hansons schwierige Beziehung mit seiner als Polizistin arbeitenden Tochter. Ein genauerer Fokus auf diesen Themen hätte "The Marksman" aber auch seine strikte Geradlinigkeit gekostet, die in diesem Fall recht ansprechend wirkt... auch wenn ansonsten wirklich wenig dabei ist, was Aufsehen erregen könnte.

Fazit: Liam Neeson wirkt als seinem Alter entsprechender Ex-Marine endlich auch physisch glaubwürdig und kann in den gemeinsamen Szenen mit seinem jungen Co-Star durchaus Charme präsentieren. Die altbekannte Geschichte kommt dabei voller Klischees daher, ist aber immerhin recht spannend inszeniert. Kein großer Wurf, der lange im Gedächtnis bleibt, aber durchaus ein kurzweiliger Thriller für einen verregneten Frühlingsabend.

Note: 3



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