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Die perfekte Schwester

Als die erfolgreiche Business-Frau Chloe Taylor (Jessica Biel) von einer Feier mit Geschäfts-Kolleg*innen nach Hause kommt, findet sie ihren Ehemann Adam Macintosh (Corey Stoll) in einer Blutlache vor - niedergestochen mit mehreren Messerstichen. Kurz darauf beginnen die beiden Polizeibeamten Nancy Guidry (Kim Dickens) und Matt Bowen (Bobby Naderi) mit der Untersuchung des Mordfalls, wobei sie nicht nur Chloe selbst, sondern auch ihren Stiefsohn Ethan (Maxwell Acee Donovan) ins Kreuzverhör nehmen. Nach einem erhärteten Verdacht taucht plötzlich auch Chloes Schwester Nicky (Elizabeth Banks), die zugleich Adams Ex-Frau und Ethans leibliche Mutter ist, auf, da diese ihren Sohn als Erziehungsberechtigte unterstützen soll. Während die Polizei weitergräbt, versucht auch Chloe dem wahren Mörder ihres Mannes auf die Schliche zu kommen, während sie und auch Nicky mit Dämonen ihrer Vergangenheit ringen.

Jessica Biel ist zurück! Gefühlt war der Hollywood-Superstar über Jahre von den heimischen Bildschirmen und Kinoleinwänden verschwunden. Mit einem richtigen Paukenschlag meldet sie sich nun nicht zurück, da Prime Video (wie üblich) erstaunlich wenig Werbung für ihre neue Eigenproduktion machte und diese eher plötzlich auf dem Streamingdienst aufschlagen ließ. Die achtteilige Mini-Serie über zwei sich gegenseitig verachtende Schwestern, die den Mord an einem Mann verkraften müssen, in den sie beide verliebt sind, ist dennoch durchaus sehenswert. Auf der einen Seite liefert die Serie klassische Crime-Kost, die allerlei altbekannte Szenarien aufwirft, diese aber recht frisch zu vermischen versteht. Natürlich steht über allem die Frage, wer Adam denn ermordet hat... und schon in der ersten Folge werden einem dabei gleich mehrere, potenzielle Verdächtige präsentiert. Es macht bis zur letzten Episode durchaus Spaß mitzurätseln und all die kleinen Hinweise zu analysieren sowie richtigen und falschen Fährten zu folgen, um am Ende herauszufinden, wer der oder die Täter/in ist. Und so viel sei gesagt: Die Auflösung ist nicht krude, weswegen spitzfindige Zuschauer*innen schon früher rausbekommen könnten, wer wirklich dahintersteckt. Ich zumindest war nicht wirklich überrascht und hatte mir eine Auflösung wie diese schon vorher erahnt, was aber nichts Schlechtes sein muss.
Denn obwohl die Serie im weiteren Verlauf mit willkommenen Zufällen und einigen Wendungen zu viel zurechtkommen muss, um das gesamte Handlungskonstrukt komplexer und auch etwas überzogener darzustellen als es eigentlich ist, liegt die ganz große Spannung nicht zwingend im Auflösen des Mordfalls. Weitaus mehr im Fokus steht die emotional kriselnde Beziehung zwischen den zwei Schwestern, die alleine schon aufgrund des durchaus speziellen Familienverhältnisses für einiges an Brennstoff sorgt. Jessica Biel zeigt dabei, dass sie ihren Beruf nicht verlernt hat, ganz im Gegenteil sogar. Vielleicht ist ihre Chloe Taylor eine der besten Rollen, die sie je spielen durfte, abseits von all dem großen Mainstream-Blockbuster-Krach, in welchem sie rund um die 2000er Jahre ständig zu sehen war. Besonders im Zusammenspiel mit der wesentlich wilderen, in dieser Form aber auch angenehm ambivalent aufspielenden Elizabeth Banks entstehen dabei viele, energetische Momente. Gerade die Vergangenheit der beiden Hauptfiguren spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. Leider tappt die Serie hier in einige inszenatorische Fallen. So ist das Aufblättern der düsteren Traumata der Protagonistinnen an und für sich eine richtige und wichtige Idee - auch weil dadurch zwei starke Frauenfiguren präsentiert werden können. Dass man eben jenes aber schon wieder in Form von Träumen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen durchkaut, wirkt ein bisschen faul und abgehangen.
Generell hängt "Die perfekte Schwester" im Mittelteil recht deutlich durch, wenn weder der zentrale Kriminalfall noch die kriselnde Beziehung der Hauptfiguren untereinander so richtig vom Fleck kommen wollen. Später entschädigt die Serie aber mit einigen kraftvollen Justiz-Szenen vor Gericht sowie einigen packenden Enthüllungen für vorhergehende Längen. Auch wenn das Finale als solches keine ganz große Wucht mehr entfaltet, weil man diverse Verstrickungen und Wendungen schon zuvor zu lange hat kommen sehen, ist das immer noch spannende Unterhaltung. Neben Biel und Banks gefällt dabei auch die Besetzung illustrer Nebenfiguren. Gerade das sich immer wieder zankende Cop-Duo weiß durch kleinere Auflockerungen ebenso zu gefallen wie durch überraschend düstere, bisweilen richtig ätzende Charakterzüge - nach "Gone Girl" glänzt Kim Dickens dabei zum wiederholten Male als eiskalte Ermittlerin, die sich nicht zu schade ist, auch mal dort zu bohren, wo es richtig wehtut. Großartig auch "Mr. Robot"-Star Gloria Reuben als gewiefte Strafverteidigerin sowie Matthew Modine als undurchsichtiger Kopf einer großen Firma. Nicht alle diese Figuren entbehren bekannten Klischees, doch sie bleiben durchweg interessant genug, um über acht Folgen zu fesseln. Und obwohl die Serie dramaturgisch letztendlich nicht so richtig zupackt, ist es doch genau das, was wir von einer guten Crime-Show sehen wollen.

Fazit: Trotz einiger Längen und etwas altbackener Inszenierungs-Entscheidungen ist "Die perfekte Schwester" spannende Krimi- und Drama-Unterhaltung, was weniger an der vorhersehbaren Geschichte als viel mehr an dem großartig aufspielenden, namhaften Cast liegt.

Note: 3



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