Das Leben von Andrew Cooper (Jon Hamm) befindet sich in einer Talfahrt. Erst hat ihn seine Frau Mel (Amanda Peet) nach einer Affäre mit seinem Kumpel Nick (Mark Tallman) verlassen, dann verliert er auch noch seinen Job bei einem angesehenen Anwaltsunternehmen. Mit finanziellen Problemen und allerlei emotionalem Stress ausgestattet sucht Cooper nun nach einer Lösung für all diese Schwierigkeiten. Diese ergibt sich zunächst, als er damit beginnt, einzelne, wertvolle Gegenstände seiner reichen Nachbarn zu entwenden und diese bei einem Pfandleiher zu verschachern. Dieses neue "Hobby" stellt sich jedoch als gefährlich heraus und erfüllt ihn nicht immer in den Maßen, die er sich zuvor vorgestellt hat. Viel spannender ist dabei die Tatsache, dass er durch seine Diebeszüge einige interessante Dinge über die Menschen in seiner Nachbarschaft und seinem Freundeskreis herausfindet...
Meine Erfahrungen mit Serien von dem Streamingdienst Apple TV+ waren bisher nicht von Erfolg gekrönt. Obwohl sie allesamt von Kritikern hochgelobt wurden, waren sowohl die jeweils ersten zwei Staffeln von "Silo" und "Severance" als auch die kürzlich komplettierte erste Season von "The Studio" eine Enttäuschung für mich. Mit der ersten Staffel von "Your Friends & Neighbors" habe ich nun aber zumindest für mich einen echten Volltreffer gelandet... und das obwohl sich dessen Geschichte im Vergleich zur streaming-eigenen Konkurrenz deutlich weniger aufregend liest. Aber gerade das ist hier das I-Tüpfelchen: Die Unaufgeregtheit, mit der der Hauptcharakter hier trotz aller Probleme zu Werke geht, ist einfach wahnsinnig charmant. Man darf hier keinesfalls ein sich ständig um sich drehendes Thriller-Werk wie "Breaking Bad" erwarten, sondern sollte sich eher darauf einstellen, dass die Komödien- und Dramaaspekte der Geschichte wesentlich mehr Aufmerksamkeit erfahren als der eher nebenher laufende und erst später wirklich brisant werdende Krimi-Teil. Und dank großartig geschriebener Figuren und eines unglaublichen Casts geht dieses Wagnis dann auch spürbar auf.
Ein Cast, der natürlich von Jon Hamm angeführt wird und bei ihm gibt es dann sowieso keine Zweifel an einer erhabenen Performance. Der "The Town"-Star glänzt hier wie immer und gibt einen ambivalenten, bisweilen ziemlich egomanischen, deswegen aber auch so nachvollziehbaren Charakter ab, an dem man sich kaum sattsehen kann. Mindestens ebenso viel Fingerspitzengefühl wird jedoch auch bei den zahlreichen Nebenfiguren bewiesen: "Identität"-Star Amanda Peet war vielleicht noch nie so gut wie hier, Olivia Munn ist als enttäuschte Ehefrau eine absolute Bank und sogar riskante Plots rund um die Sprösslinge des Hauptcharakters oder seiner ziemlich großkotzigen Freunde werden hier mit allerlei frischen, manchmal aber auch einfach nur glaubwürdigen Ideen angereichert. Nichts wirkt hier undurchdacht und angesichts so menschlicher Figuren kann das Gesehene für manch einen Zuseher auch mal langweilig werden. Ein paar kleinere Längen sorgen jedoch nicht dafür, dass man das Gefühl für die Figuren verliert, die hier zudem mit Dialogzeilen jonglieren dürfen, bei denen man mit der Zunge schnalzen möchte.
Und obwohl das stilistisch alles auf Hochglanz poliert ist, wirkt nichts davon gestelzt. Die Serie nimmt sich viel Zeit für ihre Figuren, verzichtet auf klare Bösewichte oder effekthascherische Wendungen. Da bekommen einige Figuren dann plötzlich überraschend wenig Screentime ab, während wiederum andere deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren - alles sinnig, wie man später herausfinden wird. Gerade die Beziehungen der Charaktere untereinander haben stets einen gewissen Reiz, gerade weil sie hier nicht alle Minuten lang umgeworfen und neu ausdiskutiert werden. Es ist schön, auch mal in kleine, feine Momente hineinzuschauen und die Charaktere so wirklich leben zu sehen. Das alles wird dann mit einem bisweilen ätzenden, aber stets treffsicheren Humor gewürzt, der beinahe eine Gesellschafts-Satire ergibt. Mit dem Clou, hier die Superreichen aufs Korn zu nehmen, ruht man sich hier aber nicht aus, sondern sucht auch hinter den Fassaden von Oberflächlichkeiten, teuren Autos und kitschigen Partys nach einer Menge Schmutz, Einsamkeit und Sehnsucht. Das ist ebenso leichtfüßig wie dramatisch, so witzig wie traurig, so clever wie treffsicher. Und somit definitiv eine der besten Serien der letzten anderthalb Jahre, bei welcher ich eine (zum Glück bereits in Planung befindliche) Folgestaffel kaum mehr abwarten kann.
Fazit: Mit tollen Charakteren, die von einem spielfreudigen Cast dargestellt werden, sowie flottem Humor, viel Feingefühl für menschliche Konflikte und allerlei überraschenden Wendungen ist diese Serie ein echtes Highlight auf Apple's Streamingdienst - gerade, weil hier neben spannenden Enthüllungen auch viel Zeit für die Entwicklung der ambivalenten Figuren aufgewendet wird.
Note: 2
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