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Sharper

Der junge Tom (Justice Smith) arbeitet in einem Bücherladen, der ihm selbst gehört, als er die Kundin Sandra (Brianna Middleton) kennenlernt. Sein Flirt scheint erst ins Nichts zu führen, doch schließlich stimmt Sandra einem Date zu... und es entwickelt sich eine Beziehung daraus. Tom und Sandra scheinen gemeinsam auf Wolke Sieben zu schweben, als eines Nachts Sandras Bruder an ihre Tür hämmert und nach Geld verlangt. Sandra eröffnet Tom, dass ihr Bruder Schulden in Höhe von 350.000 Dollar hat, möchte diese aufgrund der hohen Geldsumme aber nicht bezahlen. Tom bietet ihr daraufhin an, das Geld von seinem reichen Vater zu nehmen und damit die Schulden zu begleichen. Daraufhin bricht eine ganze Kette von Ereignissen los, die nicht nur Sandra und Tom betreffen, sondern auch Menschen, mit denen sie in ihrer Vergangenheit zu tun hatten oder immer noch haben...

Diese Inhaltsangabe beschreibt absichtlich nur einen kleinen Teil dieses Films, der im Grunde noch gar nicht klar macht, worum es in dem Apple-Original "Sharper" eigentlich geht. Und auch wenn der Titel schon andeutet, in welche Richtung es geht, möchte ich die zentrale Wendung (auf die anschließend noch viele weitere folgen), welche den Film eindeutig in einem Genre verankert, nicht vorwegnehmen. Zu Beginn unterhält der Film noch als durchaus zu Herzen gehende, wenn auch unspektakuläre Romanze, die vor allem von den sehr natürlichen Performances der Newcomerin Brianna Middleton und des "Margos Spuren"-Stars Justice Smith lebt. Sobald diese eine, erste Wendung, welche dem Publikum durchaus bemerkenswert den Boden unter den Füßen wegzieht, eingehalten hat, wird der Tonfall gewechselt und wir finden uns nach einigen zielsicheren Aha-Momenten in einem förmlich anderen Film wieder. Und mit dieser Machart, das Publikum zu überraschen und in passenden Kapiteln stets eine Figur in den Vordergrund der Erzählung zu stellen, die wir zuvor kennengelernt haben und die nun einen ganz anderen Blickwinel erhält, weiß "Sharper" durchaus zu packen.
Natürlich hat diese Erzählstruktur, die ich aus Gründen der Bewahrung der Überraschungen absichtlich vage halte, seine Tücken. Denn ab an einer gewissen Stelle ahnt man einfach, wann sowohl das Publikum als auch die Charaktere schon wieder ausgetrickst werden sollen, wann doch schon wieder eine dieser Wendungen naht, die man im weiteren Verlauf besser vorhersehen kann. Das kostet "Sharper" nicht seine innere Spannung - auch, weil die Charaktere durchweg gut geschrieben sind. Es ist eine Freude, nach dem atmosphärisch dichten, ersten Kapitel herauszufinden, wie in dieses Konstrukt denn noch die prominent auf den Postern platzierten Figuren von Oscarpreisträgerin Julianne Moore, Marvel-Star Sebastian Stan und "Dexter"-Bösewicht John Lithgow hineinpassen sollen, die darüber hinaus dann bisweilen sogar noch die Hauptrollen spielen. Das Drehbuch ist dabei clever genug, damit man nie genau weiß, wohin der Hase als nächstes läuft. Erst in den letzten zwanzig Minuten verliert es den Boden unter den Füßen, wenn plötzlich Haken im Minutentakt geschlagen werden und die innere Glaubwürdigkeit dieses zuvor sehr gut konstruierten Skripts Schaden zu nehmen droht - da wird es dann doch noch etwas zu abgefahren, etwas zu willkürlich und forciert.
Rundum zu gefallen weiß dafür der Look des Films. Die nächtlichen Bilder von New York sind sehr stimmungsvoll eingefangen und die Regie von Benjamin Caron ist schnörkellos. Obwohl das Tempo des Films allgemein eher niedrig ist und man die Laufzeit von rund zwei Stunden bisweilen etwas spürt, sorgt die stilvolle Inszenierung dafür, dass einem nicht langweilig wird. Auch die Dialoge sind schön auf den Punkt geschrieben, wenn auch nie messerscharf, aber stets spannend. Im Cast überzeugen wie bereits erwähnt Justice Smith und Brianna Middleton, doch auch der Rest kann sich sehen lassen. Julianne Moore ist natürlich gut wie immer und neben ihr weiß auch John Lithgow als alter Milliardär zu überzeugen, der hier auch eine feine Ambivalenz zugestanden bekommt, welche man seiner Rolle auf den ersten Blick kaum zugetraut hätte. Etwas blass bleibt nur Sebastian Stan, der aber mit dem Part des stets sehr ruhig, beinahe apathisch agierenden Max aber auch eine Rolle erhalten hat, die sich kaum in die Karten schauen lässt und daher oftmals nur passiv zu agieren scheint... was natürlich auch wieder nur ein Trugschluss ist.

Fazit: "Sharper" ist clever, stilvoll inszeniert, gut gespielt und zieht dem Publikum mit einigen gut getimten Wendungen stetig den Boden unter den Füßen weg. Eine baldige, gewisse Vorhersehbarkeit angesichts des Erzählstils ist schier unvermeidlich, sobald man diesen dann durchschaut hat. Bis auf das etwas arg plakative Finale bleibt der Film aber durchweg spannend, auch aufgrund der hypnotisch-ruhigen Regie.

Note: 3+



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