Die finanziell reichlich schwach aufgestellte, dafür aber erfolgreiche Anwältin Rita Moro Castro (Zoe Saldana) wird nach einem gelungenen Fall von dem berüchtigten Drogenbaron Manitas Del Monte (Karla Sofia Gascon) entführt. Dieser stellt ihr einen Auftrag in Aussicht: Rita wird fürstlich bezahlt, wenn sie für Manitas irgendwo auf der Welt einen Chirurgen auftreibt, welcher ihm endlich seinen lange ersehnten Wunsch erfüllen und zur Frau umoperieren kann. Ohne eine wirkliche Wahl zu haben, begibt sich Rita auf die Suche und kann den Wunsch ihres Klienten schließlich erfüllen - aus Manita wird Emilia. Vier Jahre später treffen sich Rita und Emilia wieder und beginnen eine gemeinsame Arbeit, die das Leben vieler Menschen nachhaltig verändern soll...
Es war ein großer Traum, der in kürzester Zeit mindestens beschädigt, wenn nicht gar zerstört wurde. Zu Beginn des Jahres schrieb "Emilia Perez" gleich mehrfach Filmgeschichte: Mit dreizehn Nominierungen für den Oscar ist es der bisher am meisten nominierte, ausländische Film, wobei die bisherigen Rekordhalter "Tiger & Dragon" und "Roma" abgelöst wurden. Zudem wurde mit Karla Sofia Gascon zum ersten Mal eine Transfrau als beste Hauptdarstellerin nominiert. Quasi über Nacht hatte sich der Film jedoch viele Chancen verbaut, als mehrere Jahre alte Tweets der Hauptdarstellerin ans Licht kamen, in denen sie islamfeindliche und rassistische Aussagen tätigte. Trotz einer raschen Entschuldigung Gascon's war der Schaden angerichtet und "Emilia Perez", zuvor als großer Favorit in die Oscar-Veranstaltung marschierend, wurden nun kaum noch Chancen auf Gewinne zugerechnet. Immerhin zwei Trophäen konnte der Film noch einheimsen und einer davon ist redlich verdient: "Amsterdam"-Star Zoe Saldana bekam endlich ihre erste Trophäe und dürfte als toughe Anwältin, die hier mit vollster Inbrunst alles gibt, was sie hat, noch lange in Erinnerung bleiben. Vielleicht nicht zwingend eine Ausnahme-Performance, aber eine mit so viel Energie und Verve, dass Saldana hier wahrlich abgefeiert werden darf.
Allen Kontroversen zum Trotz muss man jedoch auch zugestehen, dass auch Karla Sofia Gascon in der eigentlichen Hauptrolle eine unglaublich gute Leistung abliefert. Wo es bei Saldana eine überbordende Energie ist, sind es bei Gascon vielfach die leisen Momente, die ungemein zünden. Und auch "Only Murders in the Building"-Star Selena Gomez verdient sich definitiv eine Extrabenotung, die hier als Manitas' Ehefrau ein paar ganz starke Szenen hat. Alle drei Schauspielerinnen teilen jedoch das selbe Schicksal: Sie müssen nach einem Drehbuch spielen, welches ihnen gleich mehrfach Stöcke zwischen die Beine schmeißt. Der generelle Plot, von den zentralen Themen abgesehen, ist ein fürchterliches Flickwerk, welches sich in Sachen Tonalität, vor allem aber bezüglich einer stimmigen Dramaturgie nie ganz entscheiden kann, was es nun eigentlich sein möchte. Besonders im letzten Drittel häufen sich dabei Wendungen, die echtes Kopschütteln verursachen und zuvor springt "Emilia Perez" wie selbst unter Drogen durch kunterbunte Genres. Keine Frage, immer wieder gelingt es dem Film auch die seltsamsten Konflikte noch auf den Boden zurückzuholen, sie irgendwie greifbar zu machen. Gerade der Plot rund um Manitas' Ehefrau ist jedoch bisweilen vollkommen blödsinnig dahergeschrieben. Das Thema Geschlechtsumwandlung und Trans-Personen wird zudem äußerst oberflächlich abgegriffen und ist hier im Grunde nur Mittel zum Zweck, um die darauf folgende, reichlich konfuse Geschichte anzustoßen.
Und dann ist "Emilia Perez" natürlich noch ein Musical, woran sich die Geister ohnehin schon scheiden dürften. Nicht nur irgendein Musical zudem, sondern eines, welches ebenso durch die Genres hüpft wie der eigentliche Plot und dabei regelrecht wild daherkommt. Das ist immer wieder kreativ und einige der Songs sind tatsächlich ziemlich catchy. Immer wieder wird hier aber auch die Grenze zur banalen Abstrusität überschritten, wenn Ärzte und Patienten plötzlich reichlich schief ihre eigenen Geschlechtsteile besingen oder ein Chirurg darüber sinniert, was denn nun Mann oder Frau ausmacht. Hier verfehlt der Film nicht nur eine sinnige Aufarbeitung seines Themas, sondern wird regelrecht albern... oftmals auch unfreiwillig. Angesichts der Tatsache, dass nur ein Drittel der Songs wirklich gut sind und der ohnehin reichlich zähe und abstruse Plot von diesen gerne ausgebremst wird, hätte es dem Film wohl gut getan, sich neben seinen wilden Ideen nicht auch noch als Musical zu verkaufen. Das ist aber natürlich in erster Linie auch Geschmackssache - mir jedoch gingen die Gesangsnummern in der zweiten Hälfte wiederholt auf die Nerven, da sie weniger Aussagen versprühten als nur noch als maues Gimmick herzuhalten.
Fazit: Das Drehbuch ist ein regelrechtes Durcheinander, phrasen-dreschend, immer wieder überzeichnend, tänzelnd zwischen einem mutigen Drama und vollkommenem Thriller-Nonsens. Die grandiosen Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen federn diverse, seltsame Regie-Entscheidungen und bisweilen arg schwammige Musical-Momente famos ab.
Note: 3-
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