Nach dem plötzlichen Unfalltod ihrer Lebensgefährtin Patty (Kristina Valada-Viars) lebt Kate Garretson (Julianne Moore) völlig allein und vereinsamt auf einer Pferdefarm, die sie irgendwie am Leben zu erhalten versucht. Besuche sind rar: Ab und zu schneit ihre sich ansonsten völlig von ihr distanzierte Tochter Claire (Sydney Sweeney) herein und bettelt um Geld, um ihre Drogensucht zu finanzieren. Da Claire das einzige ist, was Kate noch zu haben glaubt, kommt sie diesen Bitten immer wieder nach, obwohl sie selbst kaum noch Geld besitzt. Eines Tages steht Claire jedoch mit einem echten Problem vor der Tür ihrer Mutter: Sie und ihr Freund Ryan (Edmund Donovan) stehen bei dem gefährlichen Drogendealer Jackie Lawson (Domhnall Gleeson) mit einem erheblichen Betrag in der Kreide und dieser bedroht nun nicht nur das junge Paar, sondern auch Kate...
Das ist hier vordergründig mal wieder eine richtig feine und passende Bühne für die Oscarpreisträgerin Julianne Moore. Wo ich mit einigen ihrer letzten Performances zuletzt etwas fremdelte, beweist Moore hier nun endlich wieder, dass sie einerseits nicht die Herausforderung, krass-ambivalente Frauenfiguren, die zwischen Verzweiflung und echtem Durchhaltevermögen schwanken, zu spielen, kneift; und dass sie andererseits auch herausragend daran ist, gerade solche komplexe Charaktere mehr als glaubwürdig darzustellen, sodass diese nicht zu einem Klischee verkommen. Darin war Moore immer gut, hier bekommt sie aber durch die feine Schauspiel-Führung von Regisseur Michael Pearce auch genau den richtigen Boden, um ohne jegliche Star-Allüren glänzen zu können. Auch "Reality"-Star Sydney Sweeney weiß als völlig den Boden verlierende, durchdrehende Junkie-Tochter voll und ganz zu überzeugen. Beide werden zudem noch von starken Nebendarstellern wie den beiden "Harry Potter"-Stars Domhnall Gleeson und Fiona Shaw, nach Leibeskräften unterstützt. Gerade Shaw ist in der Rolle von Kates bester (und letzter) Freundin ein echter Scene Stealer.
Der größte Raum gehört dennoch Moore, neben ihr sind alle anderen nur (wenn auch sehr, sehr stimmige) Zuspieler. Und so lange "Echo Valley" ein teils intimes, teils richtiggehend grausames Familiendrama abzubilden versucht, gelingt das auch sehr gut. Der intensive Konflikt zwischen einer Mutter, die trotz aller Scherereien alles für ihre Tochter zu tun bereit ist, und eben jener Tochter, die genau weiß, wie sie deswegen ihre Mutter manipulieren kann, hat richtig Dampf. In einer schier furchterregenden Schlüsselszene, während welcher Claire bei ihrer Mutter plötzlich auf Granit beißt und dementsprechend völlig durchdreht, wird dieser Konflikt mehr als deutlich und reißt einem aufgrund der bösartigen Dialogzeilen und des knallharten Spiels Sweeney's den Boden unter den Füßen weg. Die kleinen, leisen Momente, in denen Kate mit Geldsorgen ebenso zu kämpfen hat wie mit dem Willen, ihrer Tochter endlich das nötige Geld zu verweigern, berühren ebenso wie die Szenen, in denen sie sich ihrer besten Freundin anvertrauen kann, die ihr noch einen letzten Halt gibt.
Leider möchte "Echo Valley" später aber auch noch ein Thriller sein - dieses Genre wird durch den plötzlich auftauchenden Charakter von Domhnall Gleeson angeschoben... und in diesen Momenten fällt der Film dann auch etwas auseinander. Zwar gelingen Regisseur Pearce einige nette Spannungsspitzen und auch die ein oder andere überraschende Wendung. Neben einigen offensichtlichen Plotholes kann dieser Thriller-Strang aber kaum gleichberechtigt neben dem wesentlich packenderen und emotionaleren Familiendrama bestehen - beide Genres scheinen irgendwie nebeneinander her zu laufen und sich kaum gegenseitig zu tangieren. Da der Film hier zu oft auf diverse Klischees setzt, mag keine echte Spannung aufkommen und das Werk tapst während seiner bisweilen etwas langen 105 Minuten auch mal auf der Stelle. Dass es in der zweiten Hälfte zudem kaum noch um die verlorene Tochter, sondern viel mehr um den Psycho-Kampf gegen einen klischeehaft gezeichneten Bösewicht geht, lässt "Echo Valley" viel von seinem anfänglichen Reiz einbüßen.
Fazit: "Echo Valley" funktioniert als intensives Familiendrama vor allem aufgrund der starken Performances von Moore und Sweeney. Im Thriller-Genre entpuppt er sich jedoch als eher halbgare und reichlich klischeehafte Abhandlung, die diverse Plotholes nicht durch eine griffige Inszenierung entschädigen kann.
Note: 3-
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