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Infiltration - Die erste Staffel

Fast die ganze Welt scheint bald in einen Ausnahmezustand überzugehen, als sich rund um den Erdball merkwürdige und bisweilen hochgefährliche Katastrophen häufen. Immer wieder flächendeckende Stromausfälle, seltsame Gegenstände regnen vom Himmel und die Infrastrukturen verschiedener Länder werden empfindlich getroffen. Eine bestimmte, terroristische Vereinigung oder ein Land möchte sich jedoch nicht zu den Anschlägen bekennen, weswegen verschiedene wissenschaftliche Gruppen herauszufinden versuchen, was es damit auf sich hat. Inmitten dieses Chaos versucht die ehemalige Medizinstudentin Aneesha (Golshifteh Farahani) ihre Ehe mit dem sie betrügenden Ahmed (Firas Nassar) aufrechtzuerhalten. In Japan wird die Astronomin Mitsuki (Shioli Kutsuna) Zeugin eines großen Ereignisses für die japanische Raumfahrt und in den USA muss sich der kurz vor der Pension stehende Polizist Tyson (Sam Neill) mit gefährlichen Clans herumschlagen. All diese Menschen werden jedoch bald Zeuge einer Entdeckung, die all diese Probleme im direkten Vergleich klein und unbedeutend aussehen lässt...

Die erste Staffel der für Apple's Streamingdienst produzierten Serie Infiltration macht von Anfang eine ganze Menge richtig. Natürlich weiß so ziemlich jeder, der sich auf die Show einlassen will, im Grunde schon angesichts der früh angeteaserten Hinweise und natürlich der Werbekampagnen, um was für eine Bedrohung es hier eigentlich gehen wird. Trotzdem nehmen sich die Macher während der ersten Folgen angenehm viel Zeit, um eben diese Bedrohung langsam anlaufen zu lassen. Während den ersten Katastrophen lernen wir dabei vor allem die verschiedenen Charaktere kennen und werden Zeuge von rund um den Erdball stattfindenden Plots. Dabei liegt das Augenmerk meist noch auf charakterlicher Entwicklung - mit viel Liebe zum Detail, ohne Hetzerei, aber auch ohne Längen, werden die Figuren vorgestellt, damit wir später wirklich einen Grund haben, mit diesen mitzufiebern. Klischeehafte Konflikte werden dabei fast durchgehend vermieden, stattdessen wirken die Figuren auch vor dem Hintergrund einer eher fantastisch angehauchten Katastrophe angenehm nahbar und glaubwürdig. Zudem finden die Macher eine dichte Atmosphäre, um diese Ausnahmesituationen angemessen darzustellen und den Zuschauer richtiggehend mitzunehmen. So wissen wir selbst im Grunde nie mehr als die Figuren selbst, die auch nur stetig ein Puzzleteil nach dem anderen zugeworfen bekommen. Dadurch entfalten sich die verschiedenen Mysterien, von denen es gleich mehrere gibt, die jedoch alle miteinander zusammenhängen, langsam, aber wirkungsvoll.
Das erinnert natürlich nicht nur rein zufällig an Steven Spielberg's wahnsinnig starken Krieg der Welten, der eben dieses Stilmittel ebenfalls bereits sehr intensiv einsetzte. Zudem erinnert die Serie in ihrem Verlauf mehrfach beeindruckenden Filmen wie Arrival oder Christopher Nolan's Interstellar, ohne diese Meisterwerke jedoch zu kopieren. Stattdessen macht Infiltration weitestgehend sein eigenes, sehr originelles Ding und behält seine menschlichen Figuren auch im großen Chaos stets im Mittelpunkt. Da ist es umso erfreulicher, dass der gesamte Cast seine Sache hervorragend macht und zudem weitestgehend aus eher unbekannten Gesichtern besteht - da ist es gleich noch einfacher, diese als normale Menschen anzusehen und ihnen so durch die Handlung zu folgen. Ausnahmen wie Sam Neill oder Pirates of the Caribbean-Star Golshifteh Farahani bestätigen die Regel, wobei gerade diese beiden ja auch prädestiniert dafür sind, sympathische Normalos angemessen zu verkörpern. Die verschiedenen Plots, die hier weitestgehend voneinander unabhängig verlaufen, schenken sich zudem kaum etwas in Sachen Qualität und sind in ihrer Dynamik und den starken Charaktermomenten sowie einigen herben Überraschungen fast alle gleich gut. Durch den schönen Fluss aus menschlichen Szenen und Mystery-Elementen entsteht zudem ein feiner Fluss ohne wirkliche Längen - wenn man will, könnte man allenfalls den Szenen rund um einen in der Wüste verlorenen Soldaten welche nachsagen, wobei aber auch dieser Plot durch seinen ganz eigenen Sog lebt.
Im späteren Verlauf der Staffel verschiebt sich der Blickwinkel eines langsam erzählten Mystery-Abenteuers deutlicher in die actionlastige Richtung. Angesichts des Genres ist es nur nachvollziehbar, dass die Macher später auch noch einige Szenen bieten wollten, in denen es durchaus ziemlich rummst und kracht. Durch die Häufung dieser Szenen und da diese aufgrund des Budgets nicht immer wirklich überzeugend gefilmt wurden (von den bisweilen ziemlich matschigen CGI-Effekten ganz zu schweigen), fallen diese Momente zumindest im späteren Verlauf im Gegensatz zum mystisch angehauchten und angenehm langsam erzählten Beginn deutlich ab. Hier wird es dann an einigen Stellen doch zu Blockbuster-artig, wobei dann auch einige typische Klischees bedient werden, die man so wirklich nicht mehr sehen mag (wie die Kinder, die die gesamte Gruppe durch ihr emotionales Verhalten immer wieder in Gefahr bringen). Lange glaubt man zudem, dass die zuvor so fein aufgebauten Mysterien etwas zu prunkvoll und simpel aufgelöst werden und gar im Action-Anteil versumpfen müssen. Dass dem aber nicht so ist, zeigt die letzte Folge, denn im Staffelfinale widmet man sich wieder deutlicher dem mystischen Anteil und den einzelnen Figuren und klingt so ziemlich passend aus, sodass man sich auf die nächste Staffel (auch dank eines ziemlich gut getakteten Cliffhangers) definitiv freut.

Fazit: Besonders die ersten Folgen sind in Sachen Mystery-Atmosphäre und Inszenierung ein echtes Brett. Die originelle und atmosphärisch dicht erzählte Geschichte lebt von ihren Figuren und dem Verweben einzelner, stets für sich sehr interessanter Plots. Sobald der Action-Quotient in den späteren Folgen zunimmt, leidet diese interessante Mischung jedoch bisweilen, auch wenn sich selbst in diesen Episoden noch allerlei starke und spannende Momente finden lassen.

Note: 2-



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