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Inglourious Basterds

Dass Quentin Tarantino Kult ist, steht außer Frage, auch wenn nicht jeder mit seinen teils recht groben und verworrenen Filmen etwas anfangen kann. Auf die Frage, welches denn nun sein bestes Werk sei, dürften viele Fans mit dem Klassiker "Pulp Fiction" antworten. Ich jedoch stehe nach wie vor mit vollster Inbrunst hinter "Inglourious Basterds" aus dem Jahr 2009. Dies kann daran liegen, dass es der erste Tarantino-Film war, den ich im Kino sehen durfte, es könnte an der fabelhaften Besetzung liegen oder auch an der Thematik, welche noch immer in der Filmwelt aktuell ist. Fest steht für mich jedoch, dass die Geschichte rund um die Basterds und ein Kino in Paris noch immer Tarantinos Glanzstück ist...

INGLOURIOUS BASTERDS


Vor vier Jahren entkam die jüdische Französin Shosanna Dreyfus (Melanie Laurent) dem SS-Standartenführer Hans Landa (Christoph Waltz), während ihre Familie getötet wurde. Heute hat sich Shosanna unter falschem Namen in Paris zurückgezogen, wo sie ein Kino leitet. Dort macht sie Bekanntschaft mit dem frischen Filmstar und Soldaten Fredrick Zoller (Daniel Brühl), welcher sich sofort in Shosanna verguckt und deswegen die Filmpremiere "Stolz der Nation", in welcher er die Hauptrolle spielt, gemeinsam mit den höchsten der Höchsten der deutschen Regierung in Shosannas Kino abhalten. Diese schmiedet dabei den Plan, den Kinosaal mit Nazis zu füllen und das Gebäude dann niederzubrennen, um den Krieg zu beenden. Einen ähnlichen Plan verfolgt die brutale Bande "Basterds", angeführt von Lt. Aldo Rain (Brad Pitt), welche sich als Nazis verkleiden, um den Deutschen dann einen Hinterhalt zu stellen. Sie wollen sich mit Sprengstoff zur Premiere schleichen, gedeckt von der übergelaufenen, deutschen Schauspielerin Bridget von Hammersmarck (Diane Kruger)...

Zu erst einmal sollte man Tarantino ein gewaltiges Lob für seinen Mut zollen, jegliche Rolle nach seiner Nationalität zu besetzen, was für das internationale Publikum weniger große Namen zur Folge hatte, die sich als kassenträchtig erwiesen hätten. Dafür durfte die deutsche Schauspielriege zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind: Tarantino besetzte dabei unter anderem Daniel Brühl, Til Schweiger, Gedeon Burckhard und Diane Kruger, welche uns allesamt keine Schande machten und klar mit den internationalen Top-Stars wie Brad Pitt, Eli Roth und Michael Fassbender konkurrieren können. Drei jedoch stechen ganz gewaltig heraus: Zum einen natürlich der mit dem Oscar prämierte Christoph Waltz, der mit einer grandios-unterkühlten Performance, Witz, Boshaftigkeit und Intriganz die Rolle seines Lebens spielt und ganz großes Schauspieler-Kino liefert. Dann wäre da noch Melanie Laurent, die entgegen der Erwartungen durch Trailer und Poster die Hauptrolle innehat und als einzige französische Darstellerin mit einer wirklich tragenden Rolle einiges zu stemmen hat. Dem ist sie mit einer wunderbar ehrlichen und emotional aufwühlenden Performance aber mehr als gewachsen. Und dann ist da noch der in den meisten Kritiken untergegangene August Diehl, der in einem der fünf Kapitel als Sturmbannführer eine solch meisterhafte Leistung abliefert, dass er sogar den direkt neben sich sitzenden Michael Fassbender (der einen wunderbar deutsch-irischen Akzent zum Besten gibt) an die Wand spielt. Zählt man zu dieser bunten Besetzung dann auch noch Mike Myers, Lea Seydoux, Sylvester Groth, Martin Wuttke, Christian Berkel und den 2015 verstorbenen Rod Taylor hinzu ergibt sich der wohl eindrucksvollste und schauspielerisch grandioseste Cast, den Tarantino je versammelt hat. Angesichts einer solchen Ansammlung an schauspielerischen Schwergewichten hätte der Rest des Films glatt scheitern können und es wäre dennoch ein guter Streifen dabei herausgekommen. Doch auch sonst glänzt Tarantino hier wieder mit Perfektion: Die Dialoge waren wohl noch nie so scharf und so treffsicher, das Zusammenspiel von Bild und Musik ist mal wieder so herrlich eigen, so gegen den Strich, dass sich das Filmherz freut. Die Geschichte an sich ist eine reine Provokation. Wie Tarantino schon selbst aussagte, sei "Inglourious Basterds" besonders eine fiktive Rachefantasie, in welcher die Nazis noch einmal ordentlich eins vor die Rübe bekommen sollen. Diesbezüglich schreibt der Regisseur mit seinem Film einfach mal die Weltgeschichte neu und sorgt für erstaunte Gesichter... etwas, was sich mit so viel Mut und so viel Konsequenz sicherlich nur ein Mann seines Kalibers erlauben kann, ohne dass sämtliche Historiker emport an die Decke gehen (was einige ja dennoch getan haben). Trotz einer Länge von beinahe 160 Minuten und einer Tarantino-bekannten Dialoglastigkeit (der Film besteht beinahe nur aus Worten, der Trailer gibt dabei ein völlig falsches Bild) wird "Ingliurious Basterds" zu keiner Sekunde langweilig. Anstattdessen legt er auch abseits der sehr seltenen, flotten Actionszenen einen Mantel aus atemloser Spannung über die Dialoge, welche man so auch noch nicht gesehen hat. Jedes falsche Wort, jede falsche Geste kann den Tod bedeuten und das vermag Quentin unfassbar intensiv einzufangen. Herausstechend ist dabei eine Szene in einer kleinen Kneipe, in welcher sämtliche Protagonisten an einem Tisch sitzen, während der von August Diehl gespielte Dieter Hellstrom versucht, die Männer zu enttarnen... hochspannend, grandios gespielt, so intensiv war Kino schon lange nicht mehr. Fazit: "Inglourious Basterds" ist Tarantinos Meisterwerk. Gespickt mit Zitaten, Witz und düsteren Fantasien entsteht ein dialoglastiger, hochspannender und fantastisch inszenierter Kriegs-Thriller der anderen Art, mit einer der wohl besten Besetzungen der Filmgeschichte. Ein Werk, welches sicher nicht jeder lieben wird, was aber gerade deswegen für alle, die es auch mal ein wenig "abgefuckter" mögen, absolut empfehlenswert ist.

Note: 1-




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