Direkt zum Hauptbereich

The American

Dass sich George Clooney mittlerweile größtenteils vom rein unterhaltsamen Blockbuster-Kino abgewandt hat und anstattdessen mit jeder seiner Rollen stets auf den nächsten Oscar zu schielen scheint, haben wir ja bereits ausführlich in der Kritik zu dem Poli-Thriller "Michael Clayton" besprochen, den ich aufgrund seiner zahmen und altbackenen Geschichte ziemlich zerrissen habe. Angesichts dessen waren meine Erwartungen an den europäischen Thriller "The American" nicht besonders hoch, zu einfach erschien der Wille, Clooney hier wieder für die Academy in Szene zu setzen. Doch, obwohl der Film nicht alles richtig macht, wurde ich dennoch teilweise wirklich positiv überrascht...

THE AMERICAN


Nach einem Auftrag, der mit mehreren Toten endet, soll Auftragskiller Jack (George Clooney) im abgelegenen Castelvecchio in Italien untertauchen, sich dort ruhig verhalten und auf weitere Anweisungen warten. Schon bald folgt ein neuer Auftrag von seinem Vorgesetzten Pavel (Johan Leysen), den Jack annimmt. Während er daran arbeitet, einen neuen Mord zu begehen, lebt er sich jedoch auch in der neuen Heimat ein und findet sogar Menschen, mit denen er engere Beziehungen eingeht. Dennoch lässt ihn der Gedanke ans Töten nicht los und Jack muss feststellen, dass er auch in Italien niemandem trauen sollte...

Das Filmplakat könnte schon täuschen und wer sich angesichts des Bildes, auf welchem George Clooney mit gezogener Waffe in Action zu sehen ist und sich nicht durch Trailer oder andere News über den Film informiert, der könnte letztendlich ganz schön in die Röhre schauen. Denn natürlich ist "The American" klar dem Genre-Thriller zuzuordnen, noch mehr atmet er allerdings den Geist eines Dramas. Eines sehr ruhigen, minimalistischen und langsamen Dramas. In wortkargen, aber absolut faszinierenden, wunderschönen Bildern, welche das quasi von der Zeit überholt scheinende Italien einfangen, erzählt Regisseur Anton Corbijn dabei eine Geschichte, die im Grunde einen riesigen Bart hat. Auftragskiller zieht sich in gemütlichen Vorort zurück, lernt dort nette Leute kennen, möchte aus dem Geschäft aussteigen, verliebt sich in eine Frau... das kennen wir alles schon zu Genüge und auch in "The American" werden wir sicherlich nicht mehr von Originalität überrascht, denn sämtliche Details und Subplots sind schon ziemlich altbekannt. Dass die großen Gefühle für eine Prostituierte aufkeimen, die trotz ihres freizügigen Berufs das Herz am rechten Fleck hat, ist ein ganz alter Hut und auch dass ein gutmütiger Pfarrer Jack als Sünder erkennt und ihn wieder auf den rechten Weg führen möchte, dürfte höchstens für ein uninteressiertes Achselzucken sorgen. Verwunderlich ist nur, dass all diese kleinen Geschichten und auch der große Rahmen drumherum dennoch ziemlich gut funktionieren. Trotz seiner Langsamkeit und recht wenigen, aussagekräftigen Dialogen hat der Film so gut wie gar keine Längen und kann seine untergründige Spannung und auch die kräftigen Emotionen über die komplette Laufzeit beibehalten. Action gibt es nur in zwei kurzen Szenen zu bewundern, ansonsten konzentriert sich "The American" voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller und wie seine Rolle die Beziehungen zu anderen Menschen eingeht, ob er ihnen vertrauen, sich ihnen hingeben kann oder doch besser wieder ein Leben in Einsamkeit fristet. Dass erzählt der Film, trotz Mangel an Originalität und auch Eigenständigkeit, einigermaßen frisch und spannend und kann das Interesse so wachhalten. Zudem ist "The American" brillant gespielt. Dass George Clooney ein Meister des Minimalismus ist, dürfte jedem Filmfan schon lange klar sein... und auch hier beweist er wieder seine ganze Palette an Talent. Jeder kleine Blick, jede kleine Gestik sitzt wie auf den Punkt, jeder Satz stößt wie angegossen hervor, ein Meister seines Fachs. Die größtenteils eher unbekannteren Nebendarsteller (zumindest im direkten Vergleich mit Clooney) halten dabei erstaunlicherweise auch mit und lassen sich, obwohl ihre Rollen teils unangenehm klischee-lastig ausfallen, gar nichts anmerken. Ganz besonders stark ist hier Violante Placido in der Rolle der Prostituierten Clara, die einige beachtliche Szenen großer Emotionalität vorbringen kann und sogar einem Clooney noch das Herz schwer macht. Fazit: In Sachen Story und auch Charakterentwicklung bleibt "The American" stecken und lässt jede Spur von Originalität vermissen, erzählt rein gar nichts Neues, verpackt nur Altbekanntes neu. Dafür ist der Film aber großartig bebildert und gespielt und vermag durch seine langsam-eindringliche Erzählweise immer wieder zu packen.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...