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Uhrwerk Orange

Stanley Kubrick ist wohl der meist diskutierte Regisseur der Filmgeschichte. Kein anderer spaltet mit seinen oftmals sperrigen und schwer zugänglichen Filmen so sehr das Publikum. Die einen feiern seine Arbeit als intellektuell grandioses Kino abseits jeglicher Konventionen, für andere sind es fade, geschwätzige, schwere Filme, die alles haben, nur keine Freude. Ich mochte dabei gerade Kubricks allerletzten Film, "Eyes Wide Shut", der von seinen Fans mit wenig Liebe angenommen wurde und kann mit seinen Klassikern wie "Shining" und "2001" wenig bis nichts anfangen. Sein harter Thriller "Uhrwerk Orange" aus dem Jahr 1971 nimmt dabei genau zwischen diesen beiden Stühlen Platz.

UHRWERK ORANGE


Alexander DeLarge (Malcolm McDowell) zieht mit seinen drei Freunden, mit denen er die kriminelle Jugendbande "Droogs" bildet, durch die Straßen und richtet allerlei Schaden an: Sie brechen gemeinsam in Wohnungen ein, verprügeln die Mitbewohner und vergewaltigen eine Frau. Eines Tages erschlägt Alex eine andere Frau in ihrer Wohnung und wird daraufhin von einem Gericht zu vierzehn Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis bekommt er dann eine neue Chance in Form einer neuen Therapie, welche das kriminelle Gen auskurieren soll. Alex unterzieht sich der Therapie... und erlebt die Hölle.

"Uhrwerk Orange" wurde bereits bei seinem Filmstart sehr zwiespältig aufgenommen, in einigen Ländern wurde er sogar über viele Jahre unter Verschluss gehalten, die katholische Kirche ordnete an, sich von dem Werk fernzuhalten und er wurde sogar von vielen Seiten als gewaltverherrlichend und gar faschistisch beschrieben. Nun, fünfundvierzig Jahre später, hinterlässt "Uhrwerk Orange" noch immer einen recht seltsamen Eindruck. Klar ist, dass Kubrick damals seiner Zeit schon wieder voraus war, denn noch heute sind die morbiden Gewaltszenen, die gar spielerisch und eher nebenbei abgehandelt werden, sehr schwer zu ertragen. Man kann Kubrick nicht absprechen, dass er ein grandioses Auge für die Inszenierung besaß: Seine Bilder sind kraftvoll, die musikalische Untermalung schlichtweg meisterhaft, die Führung der Schauspieler fantastisch. Besonders der heute eher nur noch für trashigen Müll bekannte Malcolm McDowell glänzt in der Hauptrolle des durchgeknallten, fehlgeleiteten Alex McDowell mit einer Präsenz, die Gänsehaut verursacht. Und im Vergleich zu seinen anderen Werken weiß hier immerhin die Geschichte an sich zu überzeugen, die im Grunde durchgehend interessant und spannend erzählt wird... natürlich immer wieder unterstützt von Kubricks typischen Seltsamheiten, die hier aber nicht so störend und willkürlich auffallen wie beispielsweise in "2001 - Odyssee zum Weltraum". Dennoch bleibt ein relativ fader Beigeschmack, denn es ist erneut unklar, was genau uns Kubrick mit diesem Werk mitteilen möchte und noch nie war dies wohl so verheerend. Denn man kann den Film sicherlich als extrem gewaltbefürwortendes, manipulierendes Stück Dreck betrachten und in gewisser Weise ist er dies auch. Er lässt kaum zu, dass die Charaktere, die hier ihre grausamen Schandtaten verüben, sonderlich dafür bezahlen müssen und selbst die Rache, die früher oder später auf Alex hereinprallt und ebenfalls gewalttätig daherkommt, wird nicht hinterfragt. Eine wirkliche Quittung bekommt hier kaum jemand. Das kann aufrüttelnd und provokativ gemeint sein, doch Kubrick hinterfragt diese Thematiken zu selten, was den Film unsauber und schlicht "auf der falschen Seite" wirken lässt. Kein Wunder, dass sich viele Menschen bis heute über dieses Werk aufregen, denn es hat genügend Spielraum, um genau dies zuzulassen. Zudem zieht sich seine Erzählung erneut ab dem Mittelteil in die Länge und der Film möchte irgendwann gar nicht mehr zum Ende kommen, Kubrick hätte sich wie gewohnt kürzer fassen können, gönnt aber einzelnen Einstellungen so viel Zeit, dass es hier oftmals ein wenig zu geschwätzig, zu philosophisch zugeht. Wo die Story also nicht überzeugen möchte und auch die Ausarbeitung der Charaktere fragwürdig erscheint, hat Kubrick den Film technisch voll und ganz im Griff... hier zeigt sich, dass er einer der talentiertesten Handwerker der Kinogeschichte war. Fazit: Zwiespältige "Unterhaltung", ganz nach dem Muster des Stanley Kubrick, des Meister des Strangen. Durch zu wenig Hinterfragen bleiben die Gewaltexzesse ungeschont, was einen faden Beigeschmack hinterlässt und Unwohlsein hervorruft. Dafür ist der Film aber technisch und inszenatorisch eine absolute Wonne!

Note: 4+





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