Was momentan in der deutschen YouTube-Szene so abgeht, das ist schon spektakulär. Ganz gleich, ob man YTitty, Dagi Bee und Konsorten nun mag oder nicht, die zumeist jungen Menschen sind im Internet extrem erfolgreich und unterhalten mit ihren grundverschiedenen Videos etliche Jugendliche. Dass die Stars aus dem Netz auch früher oder später die Kinoleinwände erobern würden, war nur eine Frage der Zeit und mit "Kartoffelsalat" war es im Sommer 2015 dann auch soweit. Erwartungsgemäß liefert Hauptdarsteller und Produzent FreshTorge dabei sicherlich alles andere als einen guten Film ab, die befürchtete Bruchlandung ist es dann aber überraschenderweise gar nicht mal geworden.
KARTOFFELSALAT
Leo Weiß (Torge Oelrich alias "FreshTorge") wird von seinen Mitschülern gemobbt und wechselt daher auf eine andere Schule. Doch auch dort läuft es kaum besser: Einzig die beiden Looser Torben (Florian Appelius) und Torsten (Phil Laude von "YTitty") freunden sich mit ihm an, während die Schul-Queen Perle (Bianca Heinicke alias "BibisBeautyPalace"), in die sich Leo schnell verguckt, ihn ignoriert und belächelt. Als jedoch auf einmal ein Virus in der Schule ausbricht und Lehrer und Schüler in Zombies verwandelt, bekommt Leo die Chance, den Tag zu retten und endlich zum beachteten Helden zu werden...
Meine Erwartungen waren extrem gering. Nach den unglaublich miesen Kritiken, den schlechten Trailern und der Tatsache, dass sich größtenteils eben die YouTuber zu dem Film hinreißen lassen, die ich aus guten Gründen eben nicht gucke (die Ausnahmen des Casts der Netz-Stars sind für mich hier Davis Schulz, YTitty und IBlali), erwartete ich beinahe schon ein filmisches Desaster. Vielleicht lag es an eben diesen niedrigen Erwartungen, dass "Kartoffelsalat" nun lange nicht so schlecht ist wie erwartet, auch wenn man mit den Dingen, die hier eklatant falsch gemacht werden, lange Listen füllen könnte: Ein Großteil der Gags ist unglaublich flach und scheint aus dem letzten Jahrhundert zu stammen, darüber lacht heute niemand mehr. Zudem wird auch klar, dass YouTuber eben keine Schauspieler sind und so legen die meisten von ihnen hier "Leistungen" aufs Parkett, die schlicht und einfach unter aller Sau sind. Auch die Produktion an sich, über das Sound- und Setdesign, die Kamera, die Maske und den Schnitt ist alles andere als einer Kinoproduktion würdig. Da fragt man sich schon, warum Torge und Co. dies als Kinospielfilm verkaufen, wo einem rein produktionstechnisch dann eben doch nur ein langes, aufwendiges YouTube-Video präsentiert wird. Dass man hiermit Geld verdienen will, obwohl YouTuber sich eben dadurch auszeichnen sollten, ihren Fans kostenfrei im Netz zu begegnen, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Sieht man dann auch noch die vollkommen banale, sinnfreie Geschichte, kombiniert mit schrecklicher Charakterzeichnung dürfte man meinen, diesen Film einfach zu ignorieren. Aber nein, so einfach ist das dann eben doch nicht, denn "Kartoffelsalat" hat sogar seine positiven Seiten und diese schlagen sich in der Summe einigermaßen gut. So ist der billige Trash-Charme in Kombination mit der lockeren Unbeschwertheit der YouTuber dann doch irgendwie witzig und einige der dümmlichen Gags landen sogar unerwartete Treffer, vielleicht gerade deswegen, weil sie so mies sind. Meistens sind es die kleinen Witzchen aus dem Hintergrund, die nicht ganz so eindeutig zielen, die dann die größeren Lacher hervorrufen und davon gibt es gar nicht mal so wenige. Auch zeigt sich klar, dass einige der Darsteller ihr Handwerk durchaus verstehen. Während FreshTorge und Dagi Bee in den Hauptrollen gnadenlos und anstrengend überziehen, zeigen einige der Netz-Stars aber ungewohnte Qualitäten, die zwar nicht schauspielerischer, aber komödiantischer Natur sind und zur großen Überraschung sind das Phil von YTitty sowie der von mir eher unbeachtete Simon Desue, die hier einige gute Szenen haben. Von den richtigen "Schauspielern" hinterlässt hingegen nur Roland Nitschke in kleinen Auftritten einen bleibenden Eindruck, der Rest (inklusive Otto mit den altbekannten Blödeleien) wird gnadenlos verschenkt. Auch die restlichen YouTube-Stars (unter anderem Melina Sophie, Cengiz von ApeCrime, Die Lochis, Die Außenseiter, Joyce Ilg, Shirin David und viele weitere) haben größtenteils nur sehr, sehr kleine Auftritte und können sich dementsprechend kaum von einer guten Seite zeigen. Fazit: Schlecht produziert, miese Story, schwache Figuren. Aber hat wer was anderes erwartet? Wer sich auf den Trash-Charme der YouTube-Stars einlässt, wird einigermaßen unterhalten und kann sogar ein paar Gags und nettes Comedy-Timing von einigen der Netzstars abgreifen. Wer aber nicht zur Zielgruppe gehört, der dürfte sich hier nur langweilen.
Note: 4+
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