Direkt zum Hauptbereich

Creed - Rocky's Legacy

Brauchte es vierzig Jahre nach dem Original wirklich noch einen weiteren "Rocky"-Film? Der allgemeine Tonus deutete eher auf ein klares Nein hin, besonders da die Geschichte mit dem sehr soliden "Rocky Balboa" soweit eigentlich wirklich abgeschlossen war. Aber "Creed" ist nun mehr nicht nur eine weitere Fortsetzung, sondern auch eine Art Neustart, eine Staffelübergabe. Und ganz nebenbei vielleicht sogar der beste Teil der Reihe.

CREED


Als Adonis Johnson (Michael B. Jordan) erfährt, dass sein vor seiner Geburt verstorbener Vater der Profiboxer Apollo Creed war, beschließt der junge Mann, der zuvor nur von Erziehungsheimen hin zu Jugendarresten gewandert ist, ebenfalls mit dem Profiboxsport zu beginnen. Er sucht Rocky Balboa (Sylvester Stallone), Konkurrenten und gleichzeitig einen guten Freund seines Vaters, auf, damit dieser ihn trainiert. Der in die Jahre gekommene, ehemalige Champion weigert sich zunächst, lässt sich dann aber breitschlagen... um Adonis im Training und auf dem Weg hin zu einem möglichen Titel dann richtig zu fordern.

Diesmal steigt Rocky also wirklich nicht mehr in den Ring. Das wäre wohl bei einem doch deutlich in die Jahre gekommenen Stallone ein wenig lächerlich geworden, weswegen es gut ist, dass dieser sich nun als Nebendarsteller hinzugesellt und Filmtitel sowie Hauptrolle einem der interessantesten Newcomer der letzten Jahre überlässt: Michael B. Jordan als Adonis Creed ist hier tatsächlich die Idealbesetzung, was seinen wenige Monate zuvor angelaufenen Mega-Flop "Fantastic Four" zum Glück schnell wieder vergessen lässt. Seine Performance hat Kraft und Präsenz, die Wut, die in ihm schlummert, bringt Jordan unglaublich gut zur Geltung und versagt dabei auch nicht in den ruhigeren Momenten. Sylvester Stallone, der für seine Leistung glatt mit einem Golden Globe ausgezeichnet und auch noch für einen Oscar nominiert wurde, zeigt ebenfalls nochmal, zu was er in seinen alten Tagen noch imstande ist: Er hat augenscheinlich viel Freude daran, noch einmal in seine legendärste Rolle zu schlüpfen, ihr neue Seiten abzugewinnen und diese Figur weiterzuentwickeln. Innerhalb der romantischen Komponente überzeugt auch Tessa Thompson, die in der einfühlsam erzählten und dabei angenehm unkitschigen Liebesgeschichte mit Adonis für viel Gefühl und stillere Momente sorgt. 
Ansonsten ist "Creed", trotz neuer Hauptfigur, noch immer eine klare "Rocky"-Story: Es geht um den Kampfgeist, um den Glauben an sich selbst, um die Herausforderung, darum, nicht den anderen, sondern sich selbst etwas zu beweisen. Hier beschreitet der mittlerweile siebte Teil der Reihe sicherlich keine neuen Pfade, ist dabei ab und an sogar etwas konventionell und vorhersehbar geraten, dennoch funktioniert dieses Konstrukt weiterhin. 
Gerade die Trainingsszenen und natürlich die Boxkämpfe hatten in dem Franchise wohl noch nie so eine Wucht wie hier, das Finale ist wahnsinnig spannend und wir zucken bei jedem Schlag zusammen. Regisseur Ryan Coogler ist es dabei gelungen, den Boxsport so darzustellen wie er ist: Schmerzhaft, hart, gefährlich. Er verschönert nichts und gerade deswegen hat sein Film eine solche Kraft und kann dabei sogar dafür sorgen, dass trotz 130 Minuten keine Längen auftreten. 
Allerdings kann er dabei nicht alle Konflikte so sorgfältig behandeln, wie es notwendig gewesen wäre, so löst sich eine vorangegangene Auseinandersetzung zwischen Johnson und seiner Freundin Bianca etwas zu flott in Wohlgefallen auf und auch die Geschichte um Johnsons leibliche Mutter hätte etwas mehr Stringenz gut getan. Das sind aber nur Peanuts, denn ansonsten ist der Film womöglich sogar der beste Teil der Reihe, da er trotz Mut zu neuen Ideen noch immer dem alten Flair treubleibt, netten Fanservice betreibt und dennoch eine eigenständige Geschichte erzählt. Das ist alles nicht neu, aber sehr unterhaltsam und wird Fans der Reihe wohl auch deswegen locker überzeugen. 
Fazit: Kraftvoller, neuer Auftakt der klassischen Reihe mit einem starken Hauptdarsteller-Duo und fantastisch inszenierten Kämpfen. Womöglich der beste Teil der Reihe.

Note: 2-




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid