Direkt zum Hauptbereich

Ratatouille

In einer Zeit, bevor sich Pixar größtenteils mehr auf Fortsetzungen seiner beliebten, bereits etablierten Marken verließ (siehe "Cars 2" oder den in wenigen Wochen bei uns startenden "Findet Dorie", dem ich ebenfalls noch mit Skepsis entgegensehe), stand das Studio wie kaum ein anderes für geniale Kreativität und präsentierte uns fabulöse Geschichten, die andere Filmemacher aufgrund ihrer Skurillität oder schwierigen Vermarktung wohl kaum angerührt hätten. So durften wir verliebte Roboter, Monstern mit schrecklicher Angst vor Kindern oder eben eine kochende Ratte sehen. Und letztere Story ist dabei vielleicht sogar die beste, die Pixar je in die Kinos gebracht hat...

RATATOUILLE


Remy ist eine französische Ratte, die jedoch für exquisites Essen schwärmt, ganz im Gegensatz zu seiner sich von Müll ernährenden Familie. Als er eines Tages in dem Drei-Sterne-Restaurant Gusteau's landet und dabei zusieht, wie der Küchenjunge Linguini eine Suppe verdirbt, greift er ein, rettet das Gericht und verhilft dem nun neuangestellten Koch zu erstem Ruhm. Remy versucht nun, Linguini in die Kunst des Kochens einzuweisen, damit er in dem Restaurant bestehen kann. Doch der garstige Küchenchef Skinner riecht bereits eine Lüge und ist stets kurz davor, ihr Geheimnis zu enthüllen...

Die Kritiker sind sich bis heute einig, dass "Ratatouille" klar zu den besten Filmen gehört, die Pixar je gemacht hat. Und im Gegensatz zu "Wall-E" oder "Oben", die ich gut, aber nicht überragend fand, kann ich ihnen bezüglich "Ratatouille" voll und ganz zustimmen, denn der Film fasziniert mich auch neun Jahre nach seinem ersten Erscheinen noch wie am ersten Tag. Die Animationen erweisen sich auch heute noch als grandios und entfalten auf BluRay Begeisterungsstürme. Wie akribisch feinste Details wie die Haare der Ratte Remy oder auch die Einzelheiten der unzähligen Gerichte, die in der Küche von Gusteau's zubereitet werden, animiert sind, das ist kaum beschreibbar. 
Und auch wenn man hier natürlich weitaus weniger Spektakel liefert als in anderen, abenteuerlicheren Pixar-Filmen, so entwirft auch "Ratatouille" einige Bilder von beeindruckender Schönheit, die man sich am liebsten so als Gemälde an die Wand hängen mochte. Unterstützt von einem fabelhaften Soundtrack von Michael Giacchino erwacht hier ein Paris zum Leben, welches echte Kameras so kaum einfangen könnten. In rasanten Kamerafahrten folgen wir beispielsweise Ratte Remy hinter Wänden hinweg durch Häuser und Wohnungen, Kanäle und Küchen... eine rasante Sequenz, die ich so zuvor noch nie gesehen hatte. 
Doch auch storytechnisch beschritten Pixar und Regisseur Brad Bird, der zuvor bereits "Die Unglaublichen" inszenierte, ganz neue Wege und faszinierten mich durch ihre schier unbändige Ideenvielfalt. Eine Ratte als Koch würde für manche als alleinige Idee wohl schon reichen, doch hier ruhte man sich nicht auf seinen Lorbeeren aus und entwickelt drumherum eine fantastische Geschichte voller Slapstick-Witz, Herz und gar nicht mal so dummer Kritik bezüglich Fremdenfeindlichkeit, denn natürlich muss auch die ansonsten von Menschen verstoßene Ratte Remy erst einmal akzeptiert werden... was nicht jedem leichtfällt. Mit unglaublich vielen Details und recht viel Ruhe in der Erzählweise, weswegen gerade die erste Hälfte noch langsamer ausfällt als in jedem anderen Pixar-Film, nähern wir uns so einem fast perfekten Film, der auch durch seine Charaktere glänzt, auch wenn hier natürlich einige Klischees zum Einsatz kommen. Anhand des Kritikers Anton Ego, der hier gemeinsam mit Skinner als einziger als so etwas ähnliches wie ein Antagonist herhalten kann, sieht man aber auch hier, dass komplexere Thematiken offengelegt werden und Ego's Schlussmonolog ist dabei nicht nur erheiternd, sondern auch angenehm weise, ohne zu sehr den moralischen Zeigefinger in die Luft zu strecken. 
Kritik an "Ratatouille" zu finden ist schwer. Man könnte bemängeln, dass der Subplot rund um Remys Rattenfamilie ein wenig schwach auf der Brust ist und auch recht beiläufig aufgelöst wird, was schon ein wenig stört, doch das Große und Ganze kann dies nicht abschwächen. 
Fazit: Rasanter, unglaublich kreativer und optisch betörender Pixar-Film mit Liebe zum Detail, tollen Figuren und einer cleveren Geschichte. Eines der vielen Highlights des Studios!

Note: 1-





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid