Zu Beginn des neuen Jahrtausends und auch schon ein bisschen davor war Johnny Depp eine der ganz großen Schauspielhoffnungen in Hollywood. Er verweigerte sich stets dem Mainstream und wenn er dann doch mal in wesentlich "einfacheren" Produktionen mitspielte, drückte er selbst diesen seinen eigenen Stempel auf und war damit auch noch verflixt erfolgreich. Depp war eine Wundertüte, bei der man vor dem Filmbesuch niemals wusste, was denn da jetzt wohl drin sein würde. Das ist heute nicht mehr so und auch wenn ich Depp noch immer als einen meiner absoluten Lieblingsschauspieler betrachte, so wird kaum jemand widersprechen, wenn ich beteuere, dass seine Rollenauswahl nicht mehr so spannend ist wie damals. Zeit also, um zurückzublicken und deswegen habe ich mir heute zum zweiten Mal den Drogen-Thriller "Blow" angesehen...
BLOW
George Jung (Johnny Depp) ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, dafür jedoch bei seinem Vater Fred (Ray Liotta), der seinen Sohn über alles liebt. In den 70ern macht sich George als junger Mann nach Kalifornien auf und rutscht schon recht bald in die Drogenszene rein, wobei er gemeinsam mit der Stewardess Barbara Buckley (Franka Potente) Drogen über die Grenze schmuggelt und viel Geld verdient. das Geschäft boomt - schon bald kommt George in Kontakt mit weiteren Händlern und wird zum Schwerverbrecher. Dies bringt auch Gefahren mit sich und mit der Zeit muss George lernen, dass nicht jeder in seinem Metier ihm wohlgesonnen ist und dass er sich schon bald auf der Flucht vor dem Gesetz befindet...
"Blow" gilt in Fankreisen als Klassiker seines Genres - nicht nur, weil Johnny Depp hier eine bravouröse Leistung aufs Parkett legte, die gemeinsam mit seinen Auftritten in dem Gothic-Horror "From Hell" und dem zwei Jahre später erschienenen Mega-Blockbuster "Fluch der Karibik" den Beginn der absoluten Glanzzeit dieses Ausnahmeschauspielers darstellte. Auch darüber hinaus erzählt der Film eine absolut wahre und gerade deswegen tragische und packende Geschichte, die darüber hinaus noch ungemein stark inszeniert wurde. Regisseur Ted Demme, der nur ein Jahr nach der Veröffentlichung des Films überraschend verstarb, hat ein Auge für passende Bilder und schnelle Schnitte, für elektrisierende Soundtracks und eine atmosphärische Grundstimmung.
Er braucht keine hyperaktiven Supercuts wie in einem herkömmlichen Drogen-Drama, ihm reichen schon die exotischen Kulissen und etliche Details, um dem Film seine Seele zu geben. Dabei erzählt er nichts Neues - wer schon mehrere Filme des Genres gesehen hat, der wird schon bald wissen, wie der Hase läuft und mehrere Parallelen feststellen. Das und dass der Film über einige dramatische und menschliche Details in seinen vollgepackten zwei Stunden doch etwas zu flott hinwegrauscht, kann man als klaren Kritikpunkt anfügen und muss "Blow" dementsprechend dort auch angreifen: Manchmal bleiben ganze Charaktere blass und auf der Strecke, weil das Skript einfach nicht genug Zeit für sie hat. Aber dann gibt es wieder diese Momente, die all das gut machen.
Der Alltag als Geschäftsmann, inklusive dubiosen Treffen in Hinterhöfen, gefährlichen Schmuggelabenteuern und manchmal auch tödlichen Schusswechseln, ist nicht so intensiv und spannend gezeichnet wie in vergleichbaren Filmen, aber das ist halb so schlimm, da dies auch nicht der Kern der Aussage ist, die "Blow" tätigen will. Im Herzen erzählt er nämlich eine klassische Geschichte über einen eigentlich gar nicht so üblen Kerl, der auf die falsche Spur gerät, zur Legende aufsteigt... und danach natürlich nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach auf die Schnauze fällt. Solche Geschichten sind irgendwie immer faszinierend und wenn der Hauptcharakter dann trotz seiner Straftaten (und manchmal auch seiner Dummheit) dennoch ein solch sympathisches Kerlchen ist, dessen Motivation man besonders in der zweiten Hälfte durchgehend nachvollziehen kann, dann wird es eben noch besser.
Wenn dieser Kerl dann von einem Johnny Depp in absoluter Topform gespielt und dieser von namhaften Kollegen wie "Mord im Orient-Express"-Star Penelope Cruz oder dem deutschen und zuvor bereits aus der "Bourne"-Reihe bekannten Export Franka Potente unterstützt wird, ist die Unterhaltung wirklich groß. Nur einer stiehlt Depp fast die Schau: Ray Liotta spielt in einer für ihn untypischen Rolle den liebenswerten und ungemein weisen Familienvater und tut dies mit so viel Herz und Charme, dass man gebannt an seinen Lippen klebt. Dabei haben sowohl Liotta und Depp das Glück, dass die Szenen im Elternhaus zu den dramatischsten und spannendsten des ganzen Films gehören - sie stellen das emotionale Zentrum, welches gegen Ende zwar verrückt, aber dennoch ganz großes Gefühlskino ohne ausladenden Kitsch bleibt.
Fazit: Packendes Drama nach einer wahren Geschichte, mit Ray Liotta und Johnny Depp in absoluter Topform, intensiv inszeniert, stark gespielt. Über manche Details rauscht der Film zu schnell hinweg, dafür ist er jedoch auf dramatischer Hinsicht ein nuanciertes, toll ausgestattetes Werk mit Schwächen und Herz.
Note: 2-
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